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In ARD-GalaHoward Carpendale packt über jahrelangen Konflikt mit Udo Jürgens aus

Lesezeit 4 Minuten
Howard Carpendale zollte seinem 2014 verstorbenen Konkurrenten Udo Jürgens mit einer umgedichteten Version von „Ich war noch niemals in New York“ Tribut.

Howard Carpendale zollte seinem 2014 verstorbenen Konkurrenten Udo Jürgens mit einer umgedichteten Version von „Ich war noch niemals in New York“ Tribut.

Udo Jürgens und er seien keine Freunde gewesen, gab Howard Carpendale in der ARD-Tribut-Gala zu. Dann jedoch sorgte er für den emotionalsten Moment des Abends.

Eigentlich sollte sich an diesem Abend alles um Udo Jürgens drehen. Da in diesem Jahr neben seinem zehnten Todestag auch der 90. Geburtstag des Musikers gewesen wäre, widmeten ARD und ORF ihm kurz vor Weihnachten eine knapp zweieinhalbstündige Eurovisionsshow. Eröffnet wurde „Udo Jürgens Forever“ jedoch mit einem Seitenhieb gegen eine andere Showgröße.

Das Moderatorenteam Michelle Hunziker und Sasha führte durch die Sendung. (Bild: BR / Kevsan Gündüz)

Das Moderatorenteam Michelle Hunziker und Sasha führte durch die Sendung.

„Wir gucken, dass wir ganz pünktlich sein werden“, versprach Michelle Hunziker mit Blick auf die Dokumentation „Udo!“, deren Ausstrahlung direkt im Anschluss geplant war. Prompt frotzelte ihr Moderationskollege Sasha: „Na ja, mit Gottschalk hast du immer überzogen. Aber mit mir machen wir es auf den Punkt.“ Auch Hunziker selbst konnte sich eine kleine Stichelei gegen ihren ehemaligen „Wetten, dass...?“-Co-Moderator Thomas Gottschalk nicht verkneifen: „Ich bin auch happy, dass ich mit dir arbeiten darf – dann muss ich nicht um einen Lockenstab diskutieren die ganze Zeit.“

Oma-Gefühle bei Michelle Hunziker: „Dein Herz platzt voller Liebe“

Nein, diskutieren musste Hunziker nicht. Mit den Tränen kämpfte die Moderatorin auf der Bühne indes mehrmals – etwa, als John Jürgens das Publikum begrüßte: „Papa würde erst mal sagen: Vielen Dank, dass ihr heute alle in unser Wohnzimmer gekommen seid.“ Auch Udo Jürgens’ Tochter Jenny zeigte sich „hochgradig emotional“ und erklärte, es sei „ein großes Geschenk gewesen, Udos Tochter zu sein“. Streng gewesen sei ihr Vater nie, verrieten die Kinder des Musikers, „da hatte er gar keinen Bock drauf“.

Michelle Hunziker und Sasha stichelten gegen einen alten Kollegen der Moderatorin.

Michelle Hunziker und Sasha stichelten gegen einen alten Kollegen der Moderatorin.

Jasmin, die erwachsene Enkelin des Sängers, erinnerte sich an Udo Jürgens als warmherzigen Großvater: „Er war sehr liebevoll mit uns, aufmerksam, lustig“. An Ostern habe er „Ostereier versteckt und mit uns gesucht“. Schon musste Michelle Hunziker erneut tief durchatmen - denn: „Ich kenne das“, erklärte die 47-Jährige, „ich bin auch gerade Oma geworden. Dein Herz platzt voller Liebe. Das ist so schön mit den Enkelkindern.“

Emotionale Höhepunkte gab es zuhauf an diesem musikalischen Fernsehabend. Zahlreiche Interpreten gaben die Hits des Sängers und Komponisten zum Besten; mal berichtete Götz Alsmann von einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier mit Jürgens, mal rang Conchita Wurst nach einem virtuellen „Duett“ mit dem 2014 verstorbenen und nun auf die Leinwand projizierten Star um Fassung (“Mi reißt's immer no her, i bin ganz außer mir“).

Alice Schwarzer erinnert sich an Flirt mit Udo Jürgens: „Erst mal ins Meer gegangen“

Conchita Wurst rang nach ihrem Auftritt um Fassung.

Conchita Wurst rang nach ihrem Auftritt um Fassung.

Für allgemeine Belustigung sorgte eine Anekdote der Feminismus-Ikone Alice Schwarzer. 1969 sei sie als junge Reporterin nach Afrika gereist, erzählte die 82-Jährige. Bereits auf dem Hinweg habe ihr Kollege sie auf einen prominenten Mitreisenden aufmerksam gemacht: „Plötzlich sagt der Robert im Flugzeug zu mir: ‚Sag mal Alice, fällt dir nix auf? Der Udo Jürgens rennt hier schon zum vierten Mal durch den Gang und wirft dir feurige Blicke zu!‘“ Nach einem kurzen Gespräch mit dem Sänger hätten sich ihre Wege getrennt – bis Jürgens zwei Wochen später wie aus dem Nichts auf die Journalistin zugelaufen sei.

Udo Jürgens starb am 21. Dezember 2014. 2024 wäre er 90 Jahre alt geworden.

Udo Jürgens starb am 21. Dezember 2014. 2024 wäre er 90 Jahre alt geworden.

„Dann bin ich erst mal mit Udo ins Meer gegangen“, erinnerte sich Schwarzer. Als ein Raunen durchs Publikum ging, erklärte sie lachend: „Er war mir hinterher gereist aus der Wüste!“ Fotos der Begegnung zeigten, wie Jürgens der Aktivistin ein Küsschen auf die Wange drückte. Schwarzer: „Man lässt sich von einem Udo natürlich ganz gerne anflirten.“ Dennoch sei „der Tag nicht so zu Ende gegangen, wie er sich das vielleicht erhofft hatte“, stellte Schwarzer augenzwinkernd klar. „Ich war ja nicht zum Vergnügen da.“

Howard Carpendale: „Man muss nicht immer so tun, als ob wir uns alle lieb haben“

Auch Howard Carpendale plauderte aus dem Nähkästchen. In den 70er-Jahren seien er und Jürgens „eigentlich ganz gut miteinander“ gewesen, berichtete der südafrikanische Sänger. Dann jedoch habe sich das Verhältnis verschlechtert: „So ab Anfang der 80er-Jahre, als die Säle bei mir auch langsam voll wurden, da kam ein bisschen Spannung auf.“ In seinen Augen sei „ein bisschen Konkurrenz“ jedoch „gesund“, betonte Carpendale: „Man muss nicht immer so tun, als ob wir uns alle lieb haben.“

Bei einem Treffen kurz vor Jürgens’ Tod habe dieser sich jedoch versöhnlich gezeigt. „Seine Reaktion war sehr herzlich. Ich habe oft gedacht: Komisch, dass das drei Wochen kam, bevor er von uns ging“, erinnerte sich Carpendale und offenbarte, was er an den Werken seines verstorbenen Kollegen stets besonders geschätzt habe: „Was mir an diesem Abend so gefallen hat: Es ist so schön, wieder Texte zu hören, die erwachsen sind, die Menschen bewegen, die emotional sind.“

Der Kontrast zu aktuellen Songs sei immens, wetterte der 78-Jährige unter Applaus des Studiopublikums: „Ich glaube, Udo hat sich ein paar Mal im Grab gedreht, als er die Texte in den letzten zehn Jahren gehört hat. Es ist wirklich ein Trauerspiel.“

Mit einer umgedichteten Version von „Ich war noch niemals in New York“ zollte Carpendale dem Österreich schließlich selbst sichtlich ergriffen Tribut und richtete Worte an Jürgens, die den Abend treffend zusammenfassten: „All deine Lieder – sie bleiben hier.“ (tsch)