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„Wenn Sie es lügen nennen wollen ...“Thorsten Frei wettert bei Lanz nach geplatztem Asylgipfel gegen die Ampel

Lesezeit 5 Minuten
CDU-Politiker Thorsten Frei erklärte im Gespräch mit Markus Lanz, warum er den Asylgipfel abbrechen musste: „Das, was die Ampel vorgeschlagen hat, wird nicht zu mehr Zurückweisungen führen.“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

CDU-Politiker Thorsten Frei erklärte im Gespräch mit Markus Lanz, warum er den Asylgipfel abbrechen musste: „Das, was die Ampel vorgeschlagen hat, wird nicht zu mehr Zurückweisungen führen.“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei „Markus Lanz“ machte Unions-Verhandlungsführer Thorsten Frei jedoch deutlich, warum seiner Partei am Ende keine andere Wahl blieb, als den Gesprächstisch zu verlassen.

Der geplatzte Migrationsgipfel stellt aktuell für viele politischen Beobachter die Frage in den Raum, inwieweit die Union ihr Angebot zur Zusammenarbeit mit der Ampel wirklich ernst gemeint hat. Weil die Opposition zuletzt „umfassende Zurückweisungen“ an der Grenze forderte, die Bundesregierung den migrationspolitischen Vorschlägen jedoch nicht in dem Umfang zustimmen konnte, brachen Unions-Politiker Anfang der Woche die Gespräche ab. „Das Rausgehen aus dieser Runde, das stand schon vorher fest“, polterte Kanzler Olaf Scholz (SPD) noch am selben Abend verärgert und legte bei einer Generaldebatte im Bundestag noch weiter nach, wo er von „Taschenspielertricks und Provinzbühnenschauspielerei“ sprach.

Jürgen Trittin stellte sich nach der Wut-Rede von Olaf Scholz hinter den Kanzler und sagte: „Ich glaube, die heutige Rede von ihm (...) hat zumindest kurzfristig die Reihen in der SPD geschlossen.“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Jürgen Trittin stellte sich nach der Wut-Rede von Olaf Scholz hinter den Kanzler und sagte: „Ich glaube, die heutige Rede von ihm (...) hat zumindest kurzfristig die Reihen in der SPD geschlossen.“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei „Markus Lanz“ (ZDF) erklärte Verhandlungsführer Thorsten Frei von der CDU nun sein Verhalten und offenbarte, ob dahinter ein lange gehegter Plan steckte. Zunächst machte Migrationsexpertin Victoria Rietig jedoch deutlich, dass sie die Enttäuschung der Union in gewisser Weise nachvollziehen könne, denn „ein Plan für die Ausweitung von Zurückweisungen“ sei am Ende trotz Versprechungen nicht gekommen.

„Das ist ein Stück weit Etikettenschwindel, was wir da gehört haben“, glaubt Rietig. Sie ergänzte: „Es wurde ein Modell für Zurückweisungen angekündigt und de facto wurde dann aber geliefert ein Modell des Status quo mit ein bisschen beschleunigten Prozessen und Haft darin. Das ist aber keine Zurückweisung!“

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Publizist Wolfram Weimer erklärte bei „Markus Lanz“, dass Olaf Scholz Angst um seine Kanzlerkandidatur habe: „Wer sagt ihm, dass er nicht mehr antreten soll?“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Publizist Wolfram Weimer erklärte bei „Markus Lanz“, dass Olaf Scholz Angst um seine Kanzlerkandidatur habe: „Wer sagt ihm, dass er nicht mehr antreten soll?“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Auch der erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Frei stellte emotional klar: „Unser Asylrecht, das sichert den Schutz vor Verfolgung. Aber es sichert nicht das Recht, dass man sich das Land, in dem man gerne leben möchte, aussuchen darf. Das geht einfach nicht!“ Der CDU-Mann ergänzte, dass es deshalb „eine grundlegende Kehrtwende in der Migrationspolitik“ geben müsse, bevor das Thema weiter „die politischen Ränder stärkt“: „Wir haben eine Situation in Deutschland, die wirklich maximal angespannt ist.“

Thorsten Frei bei „Markus Lanz“: „Das, was die Ampel vorgeschlagen hat, wird nicht zu mehr Zurückweisungen führen“

Migrationsforscherin Victoria Rietig sieht den Unionsplan, Zurückweisungen auch bei Asylsuchenden anzuwenden, mehr als kritisch - und stellte die Frage in den Raum: „Wie soll das praktisch gehen, wenn Nachbarländer nicht bereit sind, Leute zurückzunehmen?“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Migrationsforscherin Victoria Rietig sieht den Unionsplan, Zurückweisungen auch bei Asylsuchenden anzuwenden, mehr als kritisch - und stellte die Frage in den Raum: „Wie soll das praktisch gehen, wenn Nachbarländer nicht bereit sind, Leute zurückzunehmen?“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Markus Lanz wollte dennoch von Frei wissen, inwiefern die CDU/CSU es darauf angelegt habe, den Asylgipfel zum Platzen zu bringen. Thorsten Frei wiegelte prompt ab: „Aus unserer Sicht und auch aus der Sicht von Friedrich Merz ist es so, dass dieses Thema Migration, Asyl, Flucht (...) kein Thema ist, das uns in irgendeiner Weise politisch nutzt. Ganz im Gegenteil!“ In Bezug auf den Migrationsgipfel fügte er hinzu: „Dieses Format war dafür ausgerichtet, etwas Großes zu erreichen - einen gewaltigen Schritt nach vorne.“ Dies konnte jedoch laut Frei bei den Diskussionen nicht erzielt werden. „Etwa um 17 Uhr haben wir gemeinsam erkannt, dass wir keine Gemeinsamkeiten finden, die in diesem Format tatsächlich einen Schritt nach vorne bedeuten würden“, so der Politiker. Lanz wollte dennoch konkret wissen: „Warum sind Sie aufgestanden?“

Frei versuchte zunächst zu behaupten, dass die Union nicht für den Abbruch der Gespräche verantwortlich war und sagte: „Wir sind so aufgestanden wie alle anderen auch.“ Eine Aussage, die Lanz irritierte: „Haben Sie es jetzt abgebrochen oder nicht?“ Frei konterte daraufhin: „Was heißt abgebrochen? Wir haben zwei Stunden miteinander gesprochen, um dann festzustellen, dass das, was die Ampel angeboten hat, nicht das ist, was wir eine Woche zuvor besprochen haben. Und dann sind wir zum Ergebnis gekommen: Es macht keinen Sinn.“ Für den Politiker sei dies jedoch noch lange „kein Abbrechen“. Er ergänzte wütend: „Das, was die Ampel vorgeschlagen hat, wird nicht zu mehr Zurückweisungen führen.“ Die Union habe daher keine andere Wahl gehabt als aufzustehen, denn: „Wir können als Opposition doch nicht für ein Politikfeld Mitverantwortung übernehmen, (...) wenn es am Ende keine wirklich sichtbare Verbesserung gibt. Das wäre ja sozusagen der Preis gewesen, den wir gezahlt hätten.“

Thorsten Frei versichert bei „Markus Lanz“, dass die Union „immer gesprächsfähig“ bleibe

Nach dem geplatzten Asylgipfel zwischen Ampel und Union wurde bei Markus Lanz hitzig weiter diskutiert. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Nach dem geplatzten Asylgipfel zwischen Ampel und Union wurde bei Markus Lanz hitzig weiter diskutiert. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Markus Lanz machte Thorsten Frei jedoch darauf aufmerksam, dass die Ampel durchaus dazu bereit gewesen wäre, auf die Forderungen der CDU/CSU einzugehen und berief sich auf die Aussagen von FDP-Vize Johannes Vogel, der am Tag zuvor beim ihm in der Sendung war. „Lügen die alle?“, hakte der Moderator streng nach. Der CDU-Mann reagierte genervt: „Es ist nicht die Wahrheit! Wenn Sie es lügen nennen wollen, dann nennen Sie es lügen.“

Eine Aussage, die Publizist Wolfram Weimer so offenbar nicht akzeptieren konnte: „Nein, sie waren bereit zu einem kleinen Schritt. (...) Aber sie waren eben nicht bereit zu einem großen Schritt.“ Er warnte gleichzeitig, dass eine Lösung in der Migrationsfrage dringend notwendig sei, denn: „Wenn die politische Mitte die Migrationsfrage nicht löst, dann löst die Migrationsfrage die politische Mitte auf.“

Eine Aussage, die Thorsten Frei schließlich dazu brachte, zuzugeben, dass in der Asyldebatte noch „nichts abgeschlossen“ sei und die Union „immer gesprächsfähig“ bleibe. Ein Versprechen, das mit Blick auf die Wut-Rede von Olaf Scholz im Bundestag weit weg klingt. Über die verbale Auseinandersetzung zwischen Scholz und Oppositionsführer Merz sagte Wolfram Weimer fassungslos, dass der Kanzler „aggressiv“ gewirkt und „fast unkontrolliert losgepoltert“ habe - so, „als habe er die Nerven verloren“. Weimer wetterte weiter: „Er hat das Charisma einer Büroklammer. Heute war's ein Chinakracher.“ Laut des Publizisten habe Scholz eine „Dünnhäutigkeit“ gezeigt, da er wisse, „dass seine Regierung wankt und einbricht“. Grünen-Politiker Jürgen Trittin sah dies jedoch anders und stellte klar: „Olaf Scholz hat heute seine Fraktion wieder hinter sich gebracht.“ (tsch)