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Rätselhafte Katastrophe„Bayesian“-Kapitän wird von Ermittlern „gegrillt“ – Vorwürfe vom Werft-Chef

Lesezeit 3 Minuten
22.08.2024, Italien, Porticello: Der fünfte Leichensack wird im Hafen von Porticello von Rettungskräften an Land gebracht, die nach den sechs Touristen suchen, die vermisst werden, nachdem die Luxusyacht Bayesian am Montag in einem Sturm gesunken war, während sie etwa eine halbe Meile vor der sizilianischen Küste festgemacht hatte. Foto: Jonathan Brady/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Das fünfte Todesopfer wird am Donnerstag (22. August) von den Einsatzkräften in Porticello an Land gebracht.

Warum sank die „Bayesian“ so schnell? Kapitän Cutfield wird in Italien verhört. Unterdessen wurde die Leiche von Mike Lynch geborgen.

Am Donnerstagmorgen haben die Einsatzkräfte das fünfte Todesopfer des schweren Jachtunglücks vor der sizilianischen Küste geborgen. Der Leichnam der Person wurde in Porticello an Land gebracht. Am Tag zuvor waren bereits vier Leichen geborgen worden, die fünfte Person wurde dann am Tag darauf von den Spezialtauchern aus dem Wrack geholt. Laut „Sun“ handelt es sich dabei um den britischen Milliardär Mike Lynch. Der 59-Jährige war Eigner der Jacht „Bayesian“, die in der Nacht zu Montag in einem schweren Unwetter kenterte und dann rasch sank.

Am Mittwoch war zunächst gemeldet worden, dass die Leichen von Lynch und seiner Tochter bereits geborgen wurden, dies stellte sich jedoch später als falsch heraus. Es handelte sich demnach um Morgan Stanley-Chef Jonathan Bloomer und Anwalt Chris Morvilla sowie deren Ehefrauen. Ein Toter, der Schiffskoch, war bereits am Montag aus dem Wasser geholt worden. Damit ist der Verbleib der 18-jährigen Tochter von Lynch noch ungeklärt.

Unterdessen ist immer noch unklar, wie es zu der Tragödie kommen konnte. Das Unwetter mit Gewitter und starkem Sturm war von den Wetterdiensten angekündigt worden. Dennoch fiel es dann wohl heftiger aus, als einige Schiffsführer erwartet hatten. Dies legen Berichte beipielsweise des deutschen Kapitäns Karsten Börner nahe, der sich in der Nähe der „Bayesian“ befand und es mit seinem Schiff nicht mehr rechtzeitig in den Hafen schaffte.

„Bayesian“-Kapitän Cutfield wird verhört

Dennoch verstören Berichte italienischer Medien über angeblich offengelassene Luken und ein möglicherweise eingezogenes Schwert der Jacht. Eindringendes Wasser würde erklären, dass das Schiff so schnell kenterte und dann sank. Dies würde allerdings gegen sämtliche Sicherheitsprotokolle verstoßen. Die italienischen Behörden müssen nun ermitteln, was genau in der Zeit vor der Katastrophe geschah.

Wichtig werden die Aussagen der 15 Überlebenden sein – und vor allem die des Kapitäns James Cutfield. Dieser erlitt nur leichte Verletzungen. Der Neuseeländer wurde laut Medienberichten bereits intensiv verhört. Neuseeländische Medien berichten, er sei regelrecht „gegrillt“ worden. Die Staatsanwaltschaft von Termini Imerese versucht, die letzten Momente vor dem Unglück zu rekonstruieren.

Cutfields Bruder Mark sagte „New Zealand Herald“, sein Bruder sei ein „sehr guter Seemann“ und im Mittelmeerraum „sehr geschätzt“ gewesen. Der 51-Jährige war seit acht Jahren Kapitän auf Luxusjachten und hatte davor auch am Bau von Jachten mitgewirkt.

Es heißt, Cutfield habe den Ermittlern gesagt, er habe das Unwetter nicht kommen sehen. Wie dies für einen sehr erfahrenen Seemann möglich sein kann, bleibt zunächst einmal rätselhaft.

Jachtunglück: Werft-Chef spricht von vielen Fehlern an Bord

Das Schiff wurde von der renommierten Werft Perini Navi 2008 gebaut. Giovanni Costantino, Chef der Italian Sea Group, zu der auch Perini Navi gehört, vermutet eine lange Reihe von Fehlern an Bord. Denn der Sturm sei definitiv vorhersehbar gewesen. „Die Menschen hätten nicht in den Kabinen sein dürfen, das Schiff hätte nicht vor Anker liegen dürfen. Und warum wusste die Besatzung nichts von den bevorstehenden Turbulenzen?“, fragt Costantino im „Corriere della Sera“.

Dass die Passagiere und offenbar auch der Kapitän behaupteten, der Sturm sei aus heiterem Himmel losgebrochen, sei definitiv falsch. Allein die Tatsache, dass an diesem Abend keine Fischer vor Porticello unterwegs gewesen seien, hätte der Besatzung zu denken geben sollen, so ein ungläubiger Constantino.