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„Irgendwas ist komisch“Tausende schwangere Russinnen reisen zur Geburt aus – Behörden alarmiert

Lesezeit 3 Minuten
Ein Flugzeug einer russischen Airline (Symbolbild)

Ein Flugzeug einer russischen Airline (Symbolbild). Tausende Russinnen reisten im vergangenen Jahr aus, um ihr Kind in Südamerika zur Welt zu bringen. Der Trend hält offenbar an.

Tausende schwangere Frauen reisen nach Argentinien. Sie kommen wohl nicht nur, um Urlaub zu machen. Die Ermittler haben eine Vermutung.

Ermittler in Argentinien ist ein erster Schlag gegen eine Bande gelungen, die offenbar hochschwangere Frauen aus Russland nach Südamerika bringt und ihnen dort nach der Geburt geholfen haben soll, die argentinische Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Nach der Einreise von Tausenden schwangeren Russinnen nach Argentinien waren die Behörden misstrauisch geworden und hatten Ermittlungen eingeleitet. Geprüft werde, ob ein kriminelles Netzwerk hinter dem Geburtstourismus in das südamerikanische Land stecke, berichtete die Zeitung „La Nación“ am Samstag (11. Februar 2023) unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Ausreise aus Russland: Schwangere Russinnen reisen nach Argentinien – Geburtstourismus?

Begonnen haben soll alles durch Ermittlungsarbeiten bei der „Federal Crime Reporting Division“ (PFA). Ein Bericht über „irreguläre Manöver bei der Einreise russischer Staatsbürger, die kurz vor der Geburt stehen, und der Gewährung von Migrationsverfahren“, brachte anschließend den Stein ins Rollen.

Bei Hausdurchsuchungen im eleganten Stadtteil Puerto Madero in Buenos Aires wurden dem Bericht nach Computer, Mobiltelefone, Einreisedokumente und Bargeld sichergestellt. „Es gibt Ermittlungen, wer hinter diesen Banden steckt, die Männer und Frauen hierherbringen. Das ist ein Millionen-Geschäft“, sagte die Leiterin der argentinischen Einwanderungsbehörde, Florencia Carignano.

Ermittler in Argentinien identifiziert Netzwerk, das Russen ins Land bringt

Den Ermittlern sei es nun gelungen, Beteiligte der mutmaßlich kriminellen Organisation zu identifizieren. „Das Netzwerk profitierte von kaufkräftigen russischen Familien, die für die Einreise nach Argentinien zwischen 20.000 und 35.000 Dollar zahlten“, zitiert die argentinische Zeitung einen internen Bericht.

Am Freitag waren laut „La Nación“ 83 Frauen aus Russland am Flughafen von Buenos Aires gelandet, 16 der Passagierinnen waren schwanger. Sechs Russinnen wurden zunächst festgehalten, weil es offenbar Unstimmigkeiten bei ihren Papieren gab. Später durften die Frauen allerdings einreisen. „Irgendwas ist komisch, wenn Schwangere in der 34. Woche kommen. Deshalb vermuten wir, dass sie nicht nur Urlaub machen wollen“, sagte Einwanderungsbehörden-Chefin Carignano. Zwar sei es Ausländerinnen nicht untersagt, für die Geburt ihres Kindes nach Argentinien zu kommen, erklärte sie. Allerdings bräuchten sie dafür ein spezielles Visum.

Tausende schwangere Russinnen reisten in Argentinien ein

Nach Angaben der Einwanderungsbehörde kamen im vergangenen Jahr mehr als 5800 schwangere Russinnen nach Argentinien. Hintergrund dürften die strengeren Einreiseregeln für russische Staatsbürger beispielsweise in die EU als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sein.

Die kriminelle Bande habe nach den Geburten Behördenverfahren wie die Einreichung der Geburtsurkunde und die Beantragung der argentinischen Staatsbürgerschaft für die Eltern in Rekordzeit erledigt, vermuten die Ermittler.

Kriminelle Bande soll Russinnen nach Geburt Pässe besorgen

Sie gehen laut dem „La Nación“-Bericht davon aus, dass sich die russischen Familien mit dem neuen argentinischem Pass mittelfristig in europäische Länder oder in die Vereinigten Staaten absetzen wollten. Mit dem russischen Pass könnten sie weder in die USA, noch in die meisten Länder Europas auswandern.

Dass viele Russen ihr Heimatland verlassen wollen, war bereits nach Kriegsausbruch und vor allem nach der Mobilmachung im September 2022 zu sehen. Damals explodierten in Russland die Google-Suchanfragen zu Themen wie „Wie man Russland während einer Mobilisierung verlässt“ oder „Wie kann ich Russland ohne Pass verlassen“.

Argentinien hat als Ausreiseland für schwangere Russinnen gleich mehrere Vorteile: In Argentinien geborene Kinder erhalten nicht nur automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft, auch als Eltern eines argentinischen Kindes können Paare aus Russland ebenfalls recht einfach die Staatsangehörigkeit beantragen. Ein argentinischer Pass gilt als attraktiv: Argentinische Staatsbürger können ohne Visum in mehr als 160 Länder reisen. (pst mit dpa)