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Wegen Gewalt geschlossenBerliner Freibad-Personal will so nicht mehr weiterarbeiten

Lesezeit 5 Minuten
Eine Polizeibeamtin beobachtet am Prinzenbad in Kreuzberg die ankommenden Badegäste.

Eine Polizeibeamtin beobachtet die ankommenden Badegäste am Prinzenbad in Kreuzberg.

Schlägereien, Beleidigungen und Polizeieinsätze sind an der Tagesordnung.Was wird getan, um die Situation zu beruhigen?

Verzweifelt versucht ein Junge sich an irgendetwas festzuhalten, um nicht zu fallen. Seine Hand umklammert den Fuß eines anderen Jungen, seine Augen weit aufgerissen. Ein Schrei löst sich aus seiner Kehle, kurz bevor er mit einem lauten Platsch vom Beckenrand ins Wasser fällt. Eine ernsthafte Auseinandersetzung? Nein. Nur eine Rangelei unter Freunden, die sich gegenseitig ins Wasser schubsen. Die beiden Jungen toben am Beckenrand des Prinzenbades.

Doch in regelmäßigen Abständen kommt es in Berlins Freibädern zu ernsthaften Ausschreitungen: Vor einigen Tagen gab es genau hier eine ernsthafte Schlägerei, bei dem ein Mann schwer verletzt wurde. Polizeieinsätze und Security-Patrouillen? An der Tagesordnung.

Columbiabad Berlin: Ausgelaugtes Personal – Freibad geschlossen

Die Freibäder in Berlin geraten jedes Jahr wegen gewaltsamen Ausschreitungen in den Fokus. Auch in diesem Jahr gab es bereits ernsthafte Auseinandersetzungen wie die Massenschlägerei im Sommerbad Pankow Anfang Juni. In vielen Schwimmbädern bleiben Rutschen und Sprungtürme geschlossen, weil sie für Reibungspunkte sorgen – ganz zum Leidwesen derjenigen, die sich benehmen und gerne rutschen wollen. Auch im Prinzenbad steht an der Treppe ein Hütchen, das die Rutsche sperrt.

An diesem Tag sind einige Leute ins Prinzenbad gekommen, weil das Columbiabad geschlossen hat. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen wurde das Neuköllner Freibad am Wochenende zum wiederholten Mal geräumt und hat seitdem seine Türen aufgrund eines hohen Krankenstandes nicht mehr geöffnet. Bei der Einrichtung hieß es am Mittwoch, das Columbiabad bleibe vermutlich die gesamte Woche zu.

Bereits im Juni haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Brandbrief geschrieben, berichtete zuerst der Tagesspiegel. Darin hieß es, das Personal würde bewusst psychisch terrorisiert – eine extreme Belastung für alle Beteiligten. Die Mitarbeiter könnten sich oft nicht wehren. Die jugendlichen Randalierer würden als Mob auftreten, sie beleidigen und bespucken. Das Personal sei ausgebrannt und könne in diesen Zuständen nicht mehr weiterarbeiten.

Die Ferien in Berlin haben begonnen

Der Ansturm auf die Freibäder wächst, denn in Berlin sind seit Donnerstag Schulferien. Im Prinzenbad sind deshalb viele Familien mit Kindern. Auf der Wiese ruhen sich alle nach dem Baden aus. Je näher man den Schwimmbecken kommt, desto größer die Geräuschkulisse. Es wird gerannt, Kinder springen vom Beckenrand, tauchen mit ihren Schwimmbrillen durchs Wasser. Eigentlich idyllisch, keine Krawalle. Bis jetzt zumindest.

Bereits am Eingang stehen drei Sicherheitsleute und haben ein Auge auf alle, die ins Freibad reingehen. Und neben den Bademeistern, die alle Schwimmenden im Blick haben, patrouillieren immer wieder Sicherheitsleute durch das gesamte Schwimmbad. Alle sind durch Funkgeräte verbunden und können Ausschreitungen direkt weitergeben.

Vor dem Columbiabad gab es wegen der sich wiederholenden Vorfälle sogar eine mobile Polizeistation vor dem Freibad. Die zog nach der Schließung des Columbiabads diese Woche vor das Prinzenbad um. Solche mobilen Wachen können an gefährlichen Orten eingesetzt werden. Doch bei den Ausschreitungen am Wochenende im Columbiabad half das alles nichts.

Die Situation in Berlins Freibädern spitzte sich bereits im Jahr 2022 zu

Die Situationen in den Bädern ist nicht neu. Bereits im Jahr 2022 gab es unzählige Ausschreitungen in den Berliner Freibädern. Die Sicherheitsleute sind oft machtlos, weil sie in der Unterzahl sind. Im Juli 2022 gingen Badegäste mit Reizgas und Schlagwerkzeugen auf die Sicherheitskräfte los. Dabei wurden elf Menschen verletzt. Im Juni 2022 bedrängten 250 Badegäste die alarmierten Polizisten und die Sicherheitsleute. In diesem Jahr scheint sich die Lage nicht entspannt zu haben – im Gegenteil. Was wird getan, um die Situation Berliner Freibädern zu beruhigen?

Wie der Zustand im Berliner Prinzenbad ist, schauen sich am Donnerstagnachmittag auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) an. Sie wollen Veränderungen, um die Bäder sicherer zu machen. Künftig sollen sowohl am Prinzenbad als auch am Columbiabad die eigentlich mobilen Wachen dauerhaft eingerichtet werden.

Und auch die Kontrolle der Besucher und Besucherinnen soll verschärft werden. Demnach sollen künftig entweder personalisierte Tickets gebucht oder der Ausweis am Eingang kontrolliert werden. „Wir werden darauf achten, dass jeder, der ein Freibad kommt, im Vorfeld registriert ist“, sagte Bürgermeister Wegner. Mit der Ausweiskontrolle erhoffe man sich auch, Hausverbote besser durchsetzen zu können, um die Wiederholungstäter aus den Bädern auszuschließen.

Freibäder in Berlin sollen auch von außen gesichert werden

Kontrollen am Eingang gibt es bereits vermehrt. Dass diese in der Vergangenheit teilweise nicht viel gebracht haben, wissen Nicole und Gloria, die im Prinzenbad auf ihrer Decke liegen. „Im Columbiabad gab es Kontrollen bezüglich Waffen am Eingang, aber die bringen auch nichts, wenn die Leute dann 200 Meter weiter mit ihrem Messer einfach über den Zaun springen, um ins Freibad zu kommen“, sagt Gloria. Im Prinzenbad ist auch Wegner die einfache Möglichkeit aufgefallen, über den Zaun ins Freibad zu gelangen. Auch von außen sollen die Freibäder deshalb sicherer gemacht werden, sagt Wegner.

Die Schwimmbäder sollen eigentlich Freizeitoasen sein. Ein Ort zum Toben, Spielen und Entspannen. Eine Abkühlung in der Betonwüste Berlins. Der Freibadbesuch für Familien mit Kindern kann in Berlin jedoch zur echten Zerreißprobe werden. „Gerade auch in diesem Bezirk werden viele Familien in den nächsten sechs Wochen die Stadt nicht verlassen. Sie werden nicht in den Urlaub fahren können, weil viele schlicht kein Geld haben“, sagt Wegner. „Ich will, dass auch diese Kinder, diese Familien die Sommerferien genießen können, und zwar sicher genießen können.“

Dabei soll die Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen einen erheblichen Teil zu beitragen. Im Moment wirken die Berliner Freibäder wie ein rechtsfreier Raum, in dem nicht mal Sicherheitskräfte und Polizisten für Ordnung sorgen können.