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Abfall und AbwasserIn keiner großen NRW-Stadt ist Müll teurer als in Köln

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Köln hat die höchsten Abfallgebühren in NRW. (Symbolbild)

Düsseldorf – Der Bund der Steuerzahler in NRW fordert Großstädte wie Köln auf, künftig auch eine 14-tägige Leerung der Restmülltonnen anzubieten. Dies könne die Bürger von hohen Gebühren entlasten und ein Anreiz dafür sein, Müll zu vermeiden, sagte der Chef des Steuerzahlerbundes, Rik Steinheuer, bei der Vorstellung des Vergleichs der Abfall- und Abwassergebühren. Köln ist demnach mit 503,24 Euro unter den NRW-Großstädten die Kommune mit den höchsten Müllgebühren – nach Düsseldorf (436,80 Euro) und Essen (418,80 Euro).

Der Gebührenvergleich bezieht sich auf den Jahresmüllverbrauch einer vierköpfigen Familie (120-Liter Tonne , wöchentliche Leerung), die auch Biomüll und Altpapier produziert. Der Landesdurchschnitt bei den Abfallgebühren liegt bei 382 Euro im Jahr. Die 14-tägliche Abfuhr kostet im Schnitt 278 Euro, die vierwöchentliche 214 Euro. Diese Gebühren sind in diesem Jahr für Privathaushalte um zwei bis drei Prozent gestiegen. Dies sei eine „moderate Erhöhung“, sagte Steinheuer.

Die unterschiedlichen Müllgebühren in NRW sorgen bei den Bürgern seit Jahrzehnten für Verärgerung. Bei den Nebenkosten des Wohnens haben die Müllgebühren eine beträchtliche Bedeutung. Die Berechnungsgrundlagen der Kommunen sind aber oft intransparent. Wer sich umweltbewusst verhält und Abfälle reduziert, erfährt bei den Gebühren meist keine Entlastung. Nicht alle Städte bieten die Möglichkeit an, die Abfuhrintervalle zu reduzieren oder kleinere Tonnen zu nutzen. „Hier müssen die Kommunen flexibler werden“, verlangt der Chef des Steuerzahlerbundes.

Logistik in Großstädten ist teuer

Nach Einschätzung von Markus Berkenkopf, Finanzexperte des Bund der Steuerzahler in NRW, liegt es „in der Natur der Sache“, dass die Entsorgungskosten in großen Städten mit hohen Logistikkosten einhergingen, weil nicht einfach im Monatsrhythmus abgefahren werden könne. „In den Metropolen gibt es eine große Flotte von Müllfahrzeugen, die betankt werden müssen. Müllverbrennungsanlagen können die Kosten zusätzlich in die Höhe treiben, falls diese nicht ausgelastet sind“, sagte Berkenkopf unserer Zeitung. Die Zerstörungen der Sommerflut 2021 hätten allerdings für erhebliche zusätzliche Abfallmengen gesorgt. Diese dürften den wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen eher begünstigt haben.

Die Stadt Köln erklärte, die Müllgebühren seien wegen des unterschiedlichen Serviceangebots nur schwer zu vergleichen. So würden beispielsweise in einigen Kommunen für die Sperrmüllbeseitigung gesonderte Gebühren in Rechnung gestellt, was in Köln nicht der Fall sei. Eine 14-tägige Abfuhr für eher dörfliche Bereiche werde auch „in Köln geprüft“, hieß es. Aufgrund der allgemeinen Preissteigerung sei auch im nächsten Jahr mit höheren Gebühren zu rechnen.

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Auch beim Abwasser gehen die Belastungen für die NRW-Bürger extrem auseinander.

Auch beim Abwasser sind die Gebühren in den Regionen von NRW völlig unterschiedlich. Auffällig ist, dass mit Much, Waldbröl, Reichshof, Siegburg, Overath und Windeck gleich mehrere Kommunen aus dem Einzugsbereich von Köln in der Spitzengruppe liegen. „Im Bergischen begründen viele Kommunen die hohen Gebühren mit der ungünstigen topografischen Lage“, erläutert Berkenkopf auf Anfrage. Sie würden geltend machen, hohe Pumpkosten oder ähnliches zu haben, weil die Abwässer über lange Distanzen zum nächsten Klärwerk befördert werden müssten.

„Diese Begründung ist aber oft unredlich“, sagt Berkenkopf. Die Kommunen mit besonders hohen Abwassergebühren bekommen bereits eine Abwassergebührenhilfe als Ausgleich vom Land. Sie kassieren also doppelt. Und setzen darauf, dass das niemand merkt.“ Aber es gebe auch faire Berechnungen, so der Experte. „So gibt es bei der Festsetzung der Abwassergebühren seitens der Stadt Köln nicht zu meckern.“ Ein Muster-Privathaushalt bezahlt 2022 demnach Abwassergebühren von 473,10 Euro.

Zinshöhe bestimmen die Kommunen

Laut Kommunalabgabengesetz haben die Kommunen die Möglichkeit, kalkulatorische Zinsen für gebundenes Kapital zu berechnen. Damit sollen Kosten für die Bereitstellung und Instandhaltung von Kanalnetzen, Klärwerken, Pumpstationen oder anderen technischen Einrichtungen in der Abwasserwirtschaft gedeckt werden. Diese Zinskosten dürfen bei der Gebührenkalkulation berechnet werden. Allerdings legen die Städte und Gemeinden selbst fest, wie hoch die Zinsen sind. „Zugespitzt gesagt, nutzen viele Kommunen die Spielräume, um mit den Überschüssen aus Gebühren Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist aus meiner Sicht eine Schweinerei“, kritisiert Berkenkopf.

In vielen Orten liege der Anteil der Zinsen bei den Abwassergebühren bei rund 20 Prozent. In der Gemeinde Kalletal in Ostwestfalen kostet ein Kubikmeter rund 4,50 Euro. Rund ein Euro entfällt dabei allein auf kalkulatorische Zinsen.

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Im Landesdurchschnitt sind die Abwassergebühren auf 742 Euro angestiegen. Der Steuerzahlerbund rechnet damit, dass die Abwassergebühren im nächsten Jahr deutlich sinken werden. Grund dafür ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster, das in einem Musterprozess entschieden hat, dass die aktuellen kalkulatorischen Zinsen überhöht sind und sie außerdem nicht in die Gebührenbedarfsrechnung einfließen dürfen.

Die Klage war von einem Grundstücksbesitzer aus Oer-Erkenschwick erhoben worden, der 2017 einen Abwasserbescheid über knapp 600 Euro erhalten hatte. Die Richter kamen zu dem Urteil, dass die Gebühren um 18 Prozent zu hoch ausgefallen waren.

Verluste in Millionenhöhe

Jetzt müssen fast alle Kommunen ihre zu üppigen Berechnungen nach unten korrigieren. „Sollten die Abwassergebühren fair berechnet werden, drohen den Kommunen in NRW Einnahmeverluste in Millionenhöhe. Viele Kämmerer schielen bereist darauf, diesen Nachteil durch höhere Einnahmen bei der Grundsteuer zu kompensieren“, warnt Finanzexperte Berkenkopf. Der Steuerzahlerbund will die die Gültigkeit örtlicher Abwassergebührensatzungen nun durch ein Normenkontrollverfahren überprüfen lassen.

Der Städte- und Gemeindebund NRW versicherte, die Kommunen hätten sich immer an die Rechtsprechung gehalten und würden dies auch weiterhin tun. „Dass das Gericht nun nach 28 Jahren seine Auffassung geändert und neue Kriterien für die Berechnung aufgestellt hat, bereitet den Kommunen wenig Freude und viel Arbeit“, stellte der Hauptgeschäftsführer des Landesverbands, Christof Sommer, fest. Aktuell würden die Kalkulationen überprüft und, soweit erforderlich, angepasst. „Interessant werden könnte noch, wie das Bundesverwaltungsgericht die Lage beurteilt“, betonte Sommer. Dort wurde gegen das Urteil aus Münster Beschwerde eingereicht.