Vor einem Jahr besuchte Elon Musk Auschwitz. Gidon Lev war dabei, die Co-Autorin des Holocaust-Überlebenden hat sich nun zu Wort gemeldet.
Holocaust-Überlebender war dabei„Ein Soziopath“ – Bericht schürt Zweifel an Musks Auschwitz-Besuch
Es ist ein Bild, das von Elon Musks Unterstützern in den letzten Tagen oft bemüht wird – und an dem nun Zweifel aufkommen. Die Aufnahme zeigt den Tech-Milliardär, der in den letzten Monaten weltweit rechtsradikale Parteien und Personen unterstützt und zuletzt mit Hitlergrüßen bei der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump für Aufsehen gesorgt hat, im Januar 2024 im Konzentrationslager Auschwitz.
Zusammen mit dem Rabbi Menachem Margolin und Gidon Lev, der seine Kindheit im Ghetto Theresienstadt verbracht hat, steht Musk mit seinem Sohn auf den Schultern vor dem Tor zum größten Vernichtungslager der Nazis mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“. Auch der konservative Autor Ben Shapiro begleitete Musk.
Frau von Holocaust-Überlebendem berichtet über Musks Auschwitz-Besuch
Angesichts Musk jüngster Provokation auf großer Bühne hat sich nun Julie Gray, die Lebensgefährtin und Co-Autorin von Gidon Lev, auf ihrem Facebook-Kanal zu Musk und dem Besuch in Auschwitz geäußert. Der amerikanische Autor Seth Abramson verbreitete den Beitrag auf seinen Kanälen weiter: „Julie Gray ist sowohl auf Facebook als auch im Leben eine Freundin von mir. Sie hat mir die Erlaubnis erteilt, das zu teilen.“
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„Ich sehe Leute, die schreiben, dass Elon letztes Jahr um diese Zeit in Auschwitz war – daher sei seine jüngste ‚Geste‘ nicht antisemitisch“, schreibt Gray dort. „Ich war auch dort. Letztes Jahr. Mit Elon. Es ist mir peinlich, dass ich Fotos davon auf meinem Handy habe.“ Gidon Lev sei bei dem damaligen Fototermin als „Special Guest“ vorgesehen gewesen, erklärt Gray. „Damals dachten wir, dass es eine gute Werbung wäre. Aber ich würde das Foto heute nicht teilen“, stellt die Buchautorin klar, die mit Lev in Israel lebt.
Julie Gray über Foto mit Gidon Lev und Musk: „Es ist mir peinlich“
Mehrere Stunden sei sie mit Musk durch das Konzentrationslager gelaufen und habe mit ihm geplaudert, berichtet Gray weiter. „Ich stand mit ihm zusammen und betrachtete die ekelerregenden Haufen von Haaren, Gepäck und Schuhen, die mit violettem Licht durchflutet werden, um sie zu konservieren.“
Auch auf die Frage, ob Musk ein Antisemit sei, liefert Gray eine Antwort: „Leute, eigentlich ist es noch schlimmer – es ist ihm völlig egal. (…) Er war von der Erfahrung nicht berührt.“ Für ihren Lebensgefährten Gidon Lev sei es unterdessen eine „große Sache“ gewesen, an dem Ort zu sein, wo sein Vater bei einem Todesmarsch gestorben war.
Musk in Auschwitz-Birkenau: „Elon war das egal“
„Elon war das egal“, beschreib Gray das Verhalten des nunmehrigen Trump-Sonderberaters. „Ihm ging es um seinen Presserundgang und seine Bodyguards. Ich stand nur einen Meter von ihm entfernt, als er für die Kameras seines Gefolges posierte. Er war völlig losgelöst. Ihm war es wichtig, wie er aussah.“
Als Musk schließlich in Auschwitz einen Kranz niedergelegt habe, sei dabei Lev, der Holocaust-Überlebende, „übersehen“ worden, berichtet Gray weiter über Musk, der ungeachtet dessen mit „surrenden Kameras“ abgezogen sei. „Das ist Elon Musk. Ein Soziopath, wenn es je einen gegeben hat.“ Es sei „hoffnungslos naiv“ aus dem Besuch in Auschwitz abzuleiten, dass Musk ein „Freund der Juden“ sei, lautet Grays Bilanz.
Musk besuchte Auschwitz nach antisemitischem Beitrag bei X
Musk hat auf die Schilderung bisher nicht reagiert. Kurz vor seinem Besuch in Auschwitz war der Milliardär in Bedrängnis geraten, nachdem er im November 2023 einen antisemitischen Beitrag auf der Plattform X als „die volle Wahrheit“ bezeichnet hatte.
„Wir hoffen, dass Musk und das Führungsteam von X über die Art und Weise nachdenken werden, wie sich Antisemitismus auf ihrer Plattform verbreiten konnte und dass sie ihre Anstrengungen (…) verdoppeln werden, um seine weitere Verbreitung zu stoppen“, kommentierte die amerikanische Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League damals Musks Besuch in Auschwitz.
Ein Jahr später bekommt Grays Bericht über das Zusammentreffen im Vernichtungslager nun auch auf X große Aufmerksamkeit. Musk hatte die Plattform, vormals als Twitter bekannt, 2022 gekauft und danach zahlreichen Rechtsradikalen die Rückkehr in das soziale Netzwerk ermöglicht.
Benjamin Netanjahu springt Elon Musk zur Seite
Bei X hat sich unterdessen am Donnerstag auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Wirbel um Musks Hitlergrüße geäußert – und den Milliardär verteidigt. „Elon Musk wird fälschlicherweise verleumdet“, erklärte Netanjahu. Musk sei ein „großer Freund von Israel“ und habe das Land besucht, nachdem beim „Massaker vom 7. Oktober Hamas-Terroristen die schlimmsten Gräueltaten am jüdischen Volk seit dem Holocaust begangen haben“, führte Netanjahu aus.
„Seitdem hat er wiederholt und energisch Israels Recht unterstützt, sich gegen völkermörderische Terroristen und Regime zu verteidigen, die den einzigen jüdischen Staat vernichten wollen. Ich danke ihm dafür“, fügte der israelische Ministerpräsident an, der bis vor wenigen Tagen noch gemeinsam mit dem rechtsextremen Minister Itamar Ben-Gvir koaliert hat. Während Ben-Gvir auf den jüngsten Deal zwischen Israel und der Hamas mit seinem Rücktritt reagiert hat, verblieb der ebenfalls rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich weiterhin im Amt.
Holocaust-Überlebender Gidon Lev: „Let’s make things better!“
Gidon Lev, geboren 1935 in der Tschechoslowakei, hat es sich unterdessen zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an den Holocaust aufrechtzuerhalten. Dafür nutzen Lev und seine Co-Autorin Gray auch die App TikTok, zusammen haben sie im letzten Jahr das Buch „Let’s make things better!“ („Lasst uns die Dinge besser machen!“) veröffentlicht, gewidmet ist das Werk der Hoffnung.
„Wenn ich Ihnen erzählen würde, was ich alles durchstehen musste in meinen fast 90 Jahren – als Zehnjähriger ohne Vater und Familie, oder später, während des Sechstagekriegs 1967 … Aber wo stünde ich, wenn ich nicht immer einen Funken Hoffnung gehabt hätte? Daran geglaubt hätte, dass sich wirklich etwas ändern wird, dass ich das Schlechte in meinem Leben überwinden kann?“, sagte Lev dazu kürzlich der „taz“.
„Ein Soziopath und ein Troll. Beweisführung abgeschlossen“
Auch zu Netanjahu äußerte sich der 89-Jährige in dem Interview. Der israelische Ministerpräsident sei wie auch die Hamas „eine Gefahr für das demokratische, offene Israel“, erklärte der Holocaust-Überlebende.
Seine Lebensgefährtin Gray meldete sich derweil am Donnerstagabend noch einmal zu Wort, nachdem Musk sich mit Nazi-Wortspielen auf X über die Kritik an ihm lustig gemacht hatte. „Ein Soziopath und ein Troll. Beweisführung abgeschlossen“, lautete ihr Kommentar dazu.