AboAbonnieren

Nach MDR-InterviewBehindertenvereine und Gewerkschaften entsetzt über Höcke-Äußerungen

Lesezeit 2 Minuten
Die vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) herausgegebene Aufnahme zeigt Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion in Thüringen, während des Sommerinterviews des MDR Thüringen. Höcke sprach über Inklusion als „Ideologieprojekt“.

Die vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) herausgegebene Aufnahme zeigt Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion in Thüringen, während des Sommerinterviews des MDR Thüringen. Höcke sprach über Inklusion als „Ideologieprojekt“.

AfD-Rechtsaußen Björn Höcke durfte beim MDR eine halbe Stunde lang zu Wort kommen und sprach von Inklusion als „Ideologieprojekt“.

Interviewäußerungen des Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke haben Entsetzen bei Behindertenvereinen und Gewerkschaften ausgelöst. Höcke hatte am Mittwoch im „Sommerinterview“ des MDR gesagt, dass Inklusion, also die Unterrichtung von Kindern mit Behinderungen an Regelschulen, eines von mehreren „Ideologieprojekten“ sei. Es gelte, das Bildungssystem davon zu „befreien“.

Höcke zählt zum extrem rechten Lager der AfD; Thüringens Verfassungsschutz stuft seinen Landesverband als „gesichert rechtsextremistisch“ ein.

Björn Höcke spricht von Inklusion als „Ideologieprojekt“

Höcke sagte wörtlich: „Unter anderem müssen wir das Bildungssystem auch befreien von Ideologieprojekten, beispielsweise der Inklusion, beispielsweise auch dem Gender-Mainstream-Ansatz.“ Er fügte hinzu: „Alles das sind Projekte, die unsere Schüler nicht weiterbringen, die unsere Kinder nicht leistungsfähiger machen und die nicht dazu führen, dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen.“

Die Bundesvorsitzende der gemeinnützigen Bundesvereinigung Lebenshilfe, Ulla Schmidt, sagte dem „Spiegel“: „Wir sind entsetzt über die Auslassungen von Herrn Höcke im MDR-Sommerinterview zum Thema Inklusion.“ Sie füge hinzu: „Dieses Recht in Frage zu stellen, erachten wir als Tabubruch und schlicht als Skandal. Angesichts dieser menschenfeindlichen Haltung können wir nur ahnen, wie Herr Höcke mit Menschen mit Behinderung umgehen möchte“, sagte die ehemalige Bundesgesundheitsministerin.

„Aktion Mensch“ nach Höcke-Interview: Inklusion ist ein Menschenrecht

Auch Anja Bensinger-Stolze von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte: „Jedes Kind, jeder Jugendliche hat das Recht inklusiv - also an einer Regelschule - unterrichtet zu werden.“ Die GEW wende sich „gegen jegliche Ausgrenzung und Selektion“, betonte sie.

Die Bereichsleiterin für Kommunikation der Organisation „Aktion Mensch“, Christina Marx, sagte dem Magazin: „Inklusion ist kein Ideologieprojekt, Inklusion ist ein Menschenrecht. Sie abzuschaffen ist ein Angriff auf die Menschenwürde.“ Gemeinsames Aufwachsen und Lernen von Anfang an befähigten dazu, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen - genau das brauche eine zukunftsorientierte Gesellschaft aktuell mehr denn je.

Deutschland hat 2009 die Uno-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und sich damit zum Recht auf gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen bekannt.

Der MDR interviewt im August Spitzenpolitiker aller im thüringischen Landtag vertretenen Parteien. Mit Blick auf Höcke hatte der Sender bereits im Vorfeld erklärt, warum er auch dem AfD-Rechtsaußen eine Plattform bietet. „Es ist unsere Aufgabe, die Positionen in der Thüringer Politik für die Menschen im Freistaat transparent zu machen und einzuordnen.“ Und weiter: „Ein Ausschluss der prägenden Figur der Thüringer AfD, die im Thüringer Landtag die drittgrößte Fraktion stellt, verträgt sich nicht mit unserem journalistischen Auftrag.“ (afp)