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Hinweise aus Finnland und den USAWarum der Verdacht nach den Bundeswehr-Einbrüchen auf Putin fällt

Lesezeit 6 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin. Nach versuchten Einbrüchen in Wasserversorgungssysteme in NRW sehen viele Experten Russland als möglichen Drahtzieher. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin. Nach versuchten Einbrüchen in Wasserversorgungssysteme in NRW sehen viele Experten Russland als möglichen Drahtzieher. (Archivbild)

Noch ist nach den Vorfällen in der Region vieles unklar. Hinweise gibt es aber – ob aus Finnland oder den USA. Viele deuten auf Russland hin.

Nach dem dritten mutmaßlichen Sabotageversuch an Bundeswehr-Wasserversorgungsanlagen in Köln und NRW bleiben die Hintergründe vorerst unklar. In Köln-Wahn und Mechernich ist von einem Loch im Zaun und einem mutmaßlichen Sabotageversuch die Rede. Eine Kaserne in Geilenkirchen war außerdem am Mittwoch abgeriegelt worden. Auch dort gab es den Verdacht, dass jemand unerlaubt auf das Gelände gelangt sein könnte.

Was hinter der Serie an mutmaßlichen Sabotageversuchen in Nordrhein-Westfalen steckt, ist derzeit noch völlig offen. Und dennoch deutet vieles in eine Richtung – und auf erkennbare Muster hin.

Ähnliche Einbruchserie bei Wasserwerken in Finnland

Im Juni hat es bereits eine ähnliche Einbruchserie gegeben, nicht in Deutschland, aber in Finnland. „Die Polizei ermittelt wegen mehrerer versuchter Einbrüche in finnische Wasserversorgungsanlagen“, berichtete die Zeitung „Ilta Sanomat“ damals über die mysteriösen Vorkommnisse, die auch in dem skandinavischen Land bisher nicht aufgeklärt werden konnten. Mindestens bei sieben Anlagen, die mit der Wasserversorgung zu tun haben, habe es Einbruchsversuche gegeben. Einen Schaden abseits der Einbruchsspuren gab es bei der finnischen Einbruchserie nicht.

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Oberstleutnant Ulrich Fonrobert gibt vor der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn ein Pressestatement  ab.

Oberstleutnant Ulrich Fonrobert gibt vor der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn ein Pressestatement ab.

In einigen Fällen schafften es die Einbrecher aber bis in Wassertürme oder andere Gebäude der Anlagen, hieß es in finnischen Zeitungen. Einen Verdächtigen gibt es nach der Einbruchserie in Finnland nicht, teilte die Polizei mit. Einen Verdacht gibt es aber trotzdem. Trotz mangelnder konkreter Hinweise rückte bei finnischen Experten schnell Russland als möglicher Drahtzieher in den Fokus, so wie nun auch nach den auffallend ähnlichen Vorfällen in Deutschland.

Hybride Kriegsführung: Attacken auf die Bundeswehr wären nicht neu

Die Einbruchsserie deute auf eine „Zunahme von Einflussversuchen hin“, erklärte Ossi Heino von der staatlichen finnischen Notversorgungsagentur gegenüber der Zeitung „Helsingborg Sanomat“. Zwar hätten Einbrüche in Wasserwerken nicht immer ernste Hintergründe, führte Heino aus. Es könne jedoch „nicht ausgeschlossen“ werden, dass Russland dahinterstecke.

Die Vermutung, dass es sich bei den Einbrüchen in Finnland und Deutschland um sogenannte hybride Kriegsführung Russlands handelt, liegt vor diesem Hintergrund also nahe. Dass Moskau mit seinen Störaktionen die Bundeswehr ins Visier nimmt, wäre auch nicht neu.

Putin hört mit: Abhörskandal bei der Bundeswehr sorgt für Wirbel

Noch Anfang März hatte ein von russischen Geheimdiensten abgehörtes Gespräch hochrangiger Bundeswehr-Offiziere über den möglichen Einsatz deutscher Taurus-Marschflugkörper durch die ukrainische Armee tagelang Diskussionen in Deutschland ausgelöst.

Dass Moskau bei verdeckten Operationen im Ausland grundsätzlich nur wenig Skrupel hat, ist ohnehin schon länger ersichtlich – ob durch den Tiergartenmord in Berlin, Giftanschläge in England oder die Cyberattacke gegen den Bundestag im Jahr 2015. Dass man in Moskau auch Wasserversorgungssysteme ins Visier genommen hat, ist ebenfalls kein Geheimnis.

„Cyber Army of Russia“: Hackerangriffe auf US-Wasserwerke

Neben Einbrüchen und der manuellen Manipulation von Wasserversorgungsanlagen gibt es auch noch andere Möglichkeiten, ihren Betrieb erheblich zu stören – ohne dafür in der Nähe sein zu müssen.

In mehreren Städten im US-Bundesstaat Texas habe man erfolgreich Wasserversorgungssysteme manipuliert, teilte die Hackergruppe „Cyber Army of Russia“ im Januar in ihrem Telegram-Kanal mit. Außerdem habe man die Kontrolle über eine Abwasseranlage in Polen übernommen. Die Manipulationen hatten Folgen. Eine Cyberattacke brachte einen Wasserturm in Muleshoe zum Überlaufen, zwei andere US-Städte berichteten derweil von „bösartigen Aktivitäten in ihren Netzen“.

Hacker sollen direkte Verbindung zum russischen GRU haben

Im März veröffentlichte die Hackergruppe laut dem US-Portal Axios dann ein Video, das bei einem Einbruch in einem französischen Wasserkraftwerk entstanden sein soll. Die Anlage sei bei dem Einbruch erfolgreich manipuliert worden, brüsteten sich die russischen Hacker.

Einer Analyse des zu Google gehörenden IT-Sicherheitsunternehmens Mandiant zufolge soll die „Cyber Army of Russia“ direkte Verbindungen zur Hackergruppe „Sandworm“ haben, was bloß ein anderer Name für die Einheit 74455 des russischen Militärgeheimdienst GRU sei. Ob die Cyberattacken auf Wasserwerke in den USA, Polen und Frankreich von „Sandworm“ in Auftrag gegeben wurden, bleibt zunächst jedoch unklar.

Boris Pistorius schweigt zu mutmaßlichen Sabotageversuchen

In der Vergangenheit wurde die staatliche russische Hackergruppe mit Angriffen auf ukrainische Telefon- und Internetprovider und einer Cyberattacke auf das Wahlkampfteam des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2017 in Verbindung gebracht.

Verteidigungsminister Boris Pistorius wollte sich nach den Vorfällen in Köln-Wahn und Geilenkirchen zunächst nicht zu den möglichen Hintergründen oder einem politischen Zusammenhang äußern. Auch nach dem weiteren Vorfall in Mechernich hält man sich in deutschen Ministerien mit Verdächtigungen bislang zurück.

„Der Akteur, der gerade das größte Interesse daran hat, ist Putin“

Anders hält es der Vorsitzendes des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP). „Aufgrund der zeitlichen Nähe der Vorfälle in den beiden Kasernen kann man vermuten, dass ein feindlicher Akteur hier bei uns seine Sabotage-Fähigkeiten demonstrieren will“, sagte Faber. „Der Akteur, der gerade das größte Interesse daran hat, ist Putin“, fügte der FDP-Politiker hinzu.

Weniger vage äußerte sich der Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperte Frank Umbach vom King’s College London gegenüber n-tv. Man müsse bei den jüngsten Fällen in Köln und NRW zwar zunächst die Ermittlungen abwarten, erklärte Umland, stellte dann jedoch klar: „Russland ist zu aktiver Sabotage übergegangen.“

„Russland ist zu aktiver Sabotage übergegangen“

Seit Monaten zielten Sabotageangriffe auf kritische Infrastruktur in Europa, erklärte Umbach. Moskaus Geheimdienste würden sich dabei jedoch nicht selbst „die Finger schmutzig machen“, sondern Russland nahestehende „links- und rechtsextreme Gruppierungen“ benutzen. So könne Moskau stets jegliche Verantwortung von sich weisen, erklärte der Experte.

Allerdings gebe es neben entsprechenden geheimdienstlichen Warnungen vor russischen Sabotageakten auch erkennbare Muster, die nach Moskau deuten, so Umbach. „In einer ganzen Reihe von Ländern haben wir diese Angriffe festgestellt.“

Will Moskau eine Botschaft nach Berlin schicken?

Angriffe auf die Trinkwasserversorgung „könnten aus Moskauer Sicht durchaus Sinn machen“, erklärte Umbach weiter. Dann wären sie als Warnung an die Bundesregierung gedacht, „die Militär- und Finanzhilfe für die Ukraine einzustellen“ und die Botschaft zu senden, dass Russland noch über „andere Mittel“ verfügt, um Deutschland „nachdrücklicher daran zu erinnern“.

Neu seien derartige Sabotageaktionen ohnehin schon lange nicht mehr, erklärte Umbach außerdem. „Russland führt spätestens seit 2014 einen hybriden Krieg gegen die Nato- und EU-Staaten“, so der Experte. Seit Beginn der Invasion in der Ukraine habe der Kreml diesen hybriden Krieg „stetig eskaliert“, fügte er an.

Putin-Vertrauter kündigt verdeckte Operationen im Westen an

Ein großes Geheimnis hat man in Moskau daraus auch nicht gemacht. Noch vor nicht allzu langer Zeit drohte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew, der als Vertrauter von Kremlchef Putin gilt, mit verdeckten russischen Operationen im Westen. Dabei gehe es um „Aktivitäten einer bestimmten Art, über die man nicht öffentlich reden kann“, raunte Medwedew damals in seinem Telegram-Kanal.

Trotz der unklaren Hintergründe deutet auch bei den jüngsten Fällen einiges darauf hin, dass man in Köln, Geilenkirchen und Mechernich in den letzten Tagen einen Eindruck davon bekommen konnte, was Medwedew mit seinen Worten gemeint haben könnte.