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Putins hybrider Krieg gegen EuropaNato-Admiral sieht Sicherheit von „fast einer Milliarde Menschen“ in Gefahr

Lesezeit 4 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin bei der jährlichen Parade der russischen Marine im Juli 2023. Die Nato sieht in Russlands „hybrider Kriegsführung“ eine Gefahr für westliche Unterwasser-Infrastruktur.

Kremlchef Wladimir Putin bei der jährlichen Parade der russischen Marine im Juli 2023. Die Nato sieht in Russlands „hybrider Kriegsführung“ eine Gefahr für westliche Unterwasser-Infrastruktur.

Der Nato-Admiral Didier Maleterre warnt vor Putins hybridem Krieg – und den Schwachstellen westlicher Unterwasser-Infrastruktur.

Die Spannungen zwischen dem Westen und Russland sind spätestens seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine offensichtlich. In Moskau formuliert man dabei längst nicht mehr nur Kiew als Feind, sondern auch den Westen – und die Nato. Auch wenn Russlands Präsident Wladimir Putin offiziell beteuert, keine direkte Auseinandersetzung mit Nato-Staaten anzustreben, ist mittlerweile offensichtlich geworden, dass Moskau versucht, dem Westen auf anderen Wegen zu schaden. Durch diese „hybride Kriegsführung“ ist vor allem die westliche Unterseeinfrastruktur bedroht, warnt nun der Nato-Admiral Didier Maleterre in der britischen Zeitung „The Guardian“.

Die Sicherheit von fast einer Milliarde Menschen in Europa und Nordamerika sei durch Russlands hybride Kriegsführung bedroht, erklärte der stellvertretende Kommandant des Nato Allied Maritime Command (Marcom). „Wir wissen, dass die Russen eine Menge hybrider Kriegsführung unter dem Meer entwickelt haben, um die europäische Wirtschaft zu stören – durch Kabel, Internetkabel, Pipelines“, so Maleterre. „Unsere gesamte unterseeische Wirtschaft ist bedroht.“

Nato-General warnt vor Unterwasser-Krieg: „Wir wissen, was die Russen an Atom-U-Booten entwickelt haben“

Die Unterwasserkabel- und Leitungen, von denen die Energie- und Kommunikationsversorgung Europas abhänge, seien nicht so gebaut, dass sie der „hybriden Kriegsführung“ Moskaus standhalten könnten, führte der Nato-Admiral aus. „Wir wissen, was die Russen an Atom-U-Booten für den Einsatz unter dem Meer entwickelt haben“, erklärte Maleterre zudem. „Wir sind also nicht naiv, und wir arbeiten zusammen.“

Die Warnung des Admirals folgt auf zwei mutmaßliche Sabotageakte an Gaspipelines in der Ostsee in den letzten 18 Monaten. Zunächst wurden im September 2022 die Pipelines Nord Stream 1 und 2 attackiert, im Oktober 2023 traf es schließlich die Balticconnector-Pipeline. Beide Sabotage-Akte sind bis heute nicht aufgeklärt. Finnische Ermittler erklärten im Dezember jedoch, dass „alles darauf hindeutet“, dass ein chinesisches Schiff Balticconnector absichtlich mit seinem Anker beschädigt habe. China gehört zu den Unterstützern Russlands.

Nato warnt vor Russland: „90 Prozent des Internets befinden sich unter dem Meeresspiegel“

Angesichts der bisherigen Sabotage-Aktionen warnt Nato-Admiral Maleterre vor der Verwundbarkeit der überwiegend vom Privatsektor entwickelten Infrastruktur in der Ostsee. Die verantwortlichen Unternehmen hätten nicht vorhergesehen, „dass sich eine solche hybride Kriegsführung so schnell entwickeln würde“, daher seien die Kabel und Leitungen nicht gut gegen Attacken geschützt.

Wladimir Putin grüßte die Besatzung eines russischen Kriegsschiffes. (Archivbild)

Wladimir Putin grüßte die Besatzung eines russischen Kriegsschiffes. (Archivbild)

„Mehr als 90 Prozent des Internets befinden sich unter dem Meeresspiegel. Alle unsere Verbindungen zwischen den USA, Kanada und Europa werden unter dem Meer übertragen, es gibt also eine Menge Schwachstellen“, warnt der Admiral.

Marcom verfüge derzeit zwar über mehr als 100 Schiffe, darunter auch konventionelle sowie Atom-U-Boote, die zum Schutz der westlichen Infrastruktur in den Weltmeeren eingesetzt würden, führte Maleterre aus und betonte, es gehe dabei um die „Sicherheit von fast einer Milliarde Menschen in der Nato“.

Unterwasser-Infrastruktur für Nato schwierig zu schützen

Es sei jedoch nicht möglich, alle Kabel und Leitungen immer zu überwachen und zu schützen, räumte der Admiral auch ein. Manche Nato-Staaten hätten deshalb bereits eigene Überwachungsmöglichkeiten entwickelt. Auch die Nato selbst will verdächtige Aktivitäten auf See in Zukunft schneller erkennen.

Dafür soll ein Zentrum zur Unterwassersicherheit in London eingerichtet werden, berichtete der „Guardian“ nun. Dort sollen demnach unter anderem Künstliche Intelligenz und Satellitenbilder dabei helfen, Attacken auf westliche Infrastruktur schnell zu erkennen – und dann auch zu verfolgen.

„Wenn wir von Aggression sprechen, denken wir natürlich an Russland“

Die Verantwortlichen für derartige Angriffe herauszufinden, sei von entscheidender Bedeutung, betonte Nato-Admiral Maleterre, der allerdings auch einräumte, dass das oftmals nicht gelinge. „Wenn die Russen sehr weitreichende Fähigkeiten einsetzen – und ich kann nicht ins Detail gehen, aber wir sprechen von U-Booten und Atom-U-Booten – ist das sehr, sehr schwierig“, so Maleterre.

Dass Finnland und Schweden nun Teil der Nato geworden sind, mache die Aufgabe vor allem in der Ostsee jedoch etwas leichter, erklärte der Admiral. Insbesondere Schwedens Erfahrung in der Region „wird die Fähigkeit der Nato, jegliche regionale Aggression zu erkennen und abzuschrecken, unmittelbar verbessern“, erklärte Maleterre. „Und wenn wir von Aggression sprechen, denken wir natürlich an Russland“, fügte der Admiral an.