„Ignorant und entwürdigend“: Nach Aussagen zu Sozialhilfeempfängern muss sich Andrea Behr (CSU) Kritik anhören.
Wahlkampfveranstaltung in BayernCSU-Politikerin empfiehlt Kindern von Sozialhilfeempfängern „doch zur Tafel“ zu gehen
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Würzburg hat sich CSU-Politikerin Andrea Behr deutlich zum Bürgergeld positioniert. In diesem Zusammenhang hat sie mit Aussagen zu Kindern von Sozialhilfeempfängern Empörung bei Sozialarbeitern und Eltern ausgelöst.
Zunächst rechnete Behr vor, wie viel Geld eine fünfköpfige Familie, in der die Eltern kein Einkommen haben, zur Verfügung habe. „Sie müssen keine Miete zahlen, keine Heizkosten, keinen Fernseher, keine Waschmaschine, keinen Trockner“, so die Landtagskandidatin im Stimmkreis Würzburg. Am Ende kommt sie zu dem Fazit, dass „diese Familie (…) 2204 Euro jeden Monat netto übrig“ habe.
Dieses Geld könne die Familie „ansparen“. Auf einen Zwischenruf aus dem Publikum hin („Sollen die Kinder nix essen? Dann wird’s billiger“), empfiehlt Behr den Kindern, „doch zur Tafel (zu) gehen“. Die seien ja „tafelberechtigt“. Daraufhin geht ein hörbares Raunen durch die „Wahl-Arena der Main-Post“, offenbar stößt diese Aussage bei einigen Besucherinnen und Besuchern auf wenig Verständnis.
Andrea Behr äußert sich zu Kindern von Sozialhilfeempfängern: „Die können doch zur Tafel gehen“
Die Reaktionen auf X, vormals Twitter, ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten. „Manchmal habe ich den Eindruck, als ob einige Politiker*innen keine Ahnung davon haben, was es bedeutet, als Kind in Armut aufzuwachsen. Anstatt für eine gerechte und adäquate Bildungs- und Sozialpolitik zu kämpfen, kommen solche überheblichen und ignoranten Statements“, schrieb die Autorin und Lehrbeauftragte Bahar Aslan.
Wer „wie Andrea Behr ignorante und entwürdigende Kommentare über Kinder, die in Armut aufwachsen und nichts dafür können, absetzt, sollte mal seinen Wertekompass hinterfragen“, so Aslan.
Sozialarbeiter kritisiert Andrea Behr: „Völlige Ahnungslosigkeit“
Auch viele Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien kritisierten die Aussage. Unter anderem meldete sich ein Sozialarbeiter zu Wort, der die Berechnung Behrs als von „völliger Ahnungslosigkeit“ geprägt bezeichnete.
In rund drei Wochen finden in Bayern die Landtagswahlen statt. Das Thema Sozialleistungen, Bürgergeld und Kindergrundsicherung sowie auch Asylpolitik spielt im Wahlkampf eine große Rolle.
Landtagswahlen in Bayern: SPD gegen weitere sozialen Einschnitten
Die SPD ist gegen die Forderungen nach weiteren sozialen Einschnitten. Der Grundsatz, dass sich Arbeit mehr lohnen müsse als der Bezug von Sozialleistungen, sei zwar richtig, so Hubertus Heil. Auch die neuen Regelsätze beim Bürgergeld sicherten aber nur „das Existenzminimum, nicht mehr und nicht weniger“, stellte der Minister klar.
„Deshalb ist es gesellschaftliches Gift, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen bedürftige Menschen auszuspielen“, sagte er an die Adresse von CDU und CSU. Wer einen deutlichen Lohnabstand wolle, müsse vor allem für Tarifverträge und „für gerechtere Löhne“ kämpfen.
Friedrich Merz gegen geplante Erhöhung des Bürgergeldes
CDU-Chef Friedrich Merz hatte die geplante Erhöhung des Bürgergeldes um rund 60 Euro etwa für Alleinstehende zu Beginn des kommenden Jahres kritisiert. So gebe es ein Problem mit dem Lohnabstandsgebot, nach dem die Sozialleistungen spürbar unter den Löhnen liegen sollen, damit Arbeitsanreize nicht verloren gehen.
Auf ihrer Website wirbt die selbständige Zahnärztin Behr, selbst Mutter von drei Kindern, für soziale Gerechtigkeit, „damit auch denen geholfen werden kann, die hierzu zwar den Willen haben, aber nicht in der Lage sind“. (pst)