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Scholz unter BeobachtungWie die Brandenburg-Wahl die Rolle des Kanzlers und der SPD beeinflussen könnte

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Dietmar Woidke (SPD, r), Brandenburgs Ministerpräsident, begrüßt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem SPD Sommerfest in Potsdam. (Archivbild)

Dietmar Woidke (SPD, r), Brandenburgs Ministerpräsident, begrüßt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem SPD Sommerfest in Potsdam. (Archivbild)

Die Wahlergebnisse beleuchten die Rolle von Olaf Scholz, die Position der SPD und mögliche Auswirkungen auf Ampel sowie das Abschneiden der Union.

Olaf Scholz sagt erst einmal nichts zur Brandenburg-Wahl, zumindest nicht öffentlich. Kurz vor Schließung der Wahllokale wählt der Kanzler sich aus New York in die Telefonkonferenz des SPD-Präsidiums ein, danach und davor hat er andere Termine – einen Empfang des deutschen Generalkonsuls zum Thema Universalismus zum Beispiel. Und außerdem muss er sich gerade mal wieder um Russland kümmern, das beim Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen in letzter Minute Ärger macht.

In Brandenburg geht es um auch um die seiner Partei und seine eigene. Nach der ersten Prognose, die die SPD mit Zugewinnen leicht vor der AfD sieht, will SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert noch nicht von Erleichterung sprechen. Aber er sagt: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sei eine „furiose Aufholjagd“ gelungen. Woidke hat seinen Wahlkampf ausdrücklich ohne Scholz gestaltet.

Die Frage ist nun, welchen Einfluss die Landtagswahl auf die Ampelkoalition hat

Es ist die letzte große Landtagswahl vor der für kommenden Herbst geplanten Bundestagswahl, nur eine Wahl im Stadtstaat Hamburg kommt im Frühjahr noch hinzu. Die Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen waren für die SPD und ihre Koalitionspartner im Bund, FDP und Grüne, miserabel. Die Umfragewerte im Bund sind es weiterhin.

Und gleichzeitig steigt die in Teilen rechtsextreme AfD auf, in Thüringen landete sie vor wenigen Wochen auf dem ersten, in Sachsen knapp auf dem zweiten Platz. In Brandenburg führt der Landesverfassungsschutz die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Dringend hatte Scholz noch kurz vor der Wahl vor allem vor der Wahl der AfD gewarnt.

Die Unruhe in der Bundespartei hat zugenommen, der frühere SPD-Chef Franz Müntefering hat Scholz bereits offen widersprochen und die Kanzlerkandidaten-Frage als offen bezeichnet. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ins Gespräch gebracht. Rücktritte etwa von SPD-Chefin Saskia Esken oder Generalsekretär Kühnert waren vor der Wahl in der SPD als abenteuerlich abgetan worden.

Die Frage ist nun zunächst einmal auch, welchen Einfluss diese Landtagswahl auf die Ampelkoalition im Bund hat. FDP-Chef Christian Lindner hat kurz vor der Landtagswahl mal wieder mit einem Rückzug aus der Koalition kokettiert, indem er den Ausstieg seiner Partei aus der sozialliberalen Koalition 1982 als positives Beispiel hervorhob.

Es sei ein mutiger Schritt gewesen, um „den nötigen marktwirtschaftlichen Politikwechsel zu ermöglichen“, sagte er der Rheinischen Post. Immer wieder wird aber in der FDP auch darauf verwiesen, dass man noch wichtige Beschlüsse umsetzen wolle, wie die Einführung einer Aktienrente.

Parteispitze der Grünen versucht Weg aus dem Negativ-Image zu finden

Auch auf die Notwendigkeit von Stabilität in einer internationalen schwierigen Lage mit Krieg gegen die Ukraine, Nahostkonflikt und US-Präsidentschaftswahl wird in der FDP verwiesen. Dagegen steht das mögliche Kalkül, mit einem Paukenschlag wie einem Koalitionsausstieg die Partei bei einer dann vorgezogenen Wahl doch wieder in den Bundestag zu bringen.

Die Grünen sind bei der Wahl ähnlich steil abgestürzt wie die FDP, kommen allerdings von einem höheren Niveau. Ihr voraussichtlicher Kanzlerkandidat, Wirtschaftsminister Robert Habeck, hat für Montag angesichts der VW-Krise zu einem Autogipfel geladen. Die Parteispitze versucht einen Weg aus dem Negativ-Image zu finden.

Pistorius warnt vor der Erwartung „einer könnte der Messias sein“

Die Union hat der AfD entgegen der ursprünglichen Ankündigung von Parteichef Friedrich Merz auch in Brandenburg wenig entgegensetzen können. Merz hat sich vor wenigen Tagen von CSU-Chef Markus Söder zum Unions-Kanzlerkandidaten ausrufen lassen – die Brandenburger Wählerschaft scheint das nicht besonders interessiert zu haben. Söder könnte das zum Anlass für dezidierte Ratschläge an Merz nehmen.

Die AfD dürfte sich durch die Ergebnisse in ihrem zunehmend an den rechtsextremen Kräften der Partei ausgerichteten Kurs bestätigt fühlen, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sich ermutigt fühlen, bei der Bundestagswahl die Linkspartei zu verdrängen.

Scholz hat kurz vor der Wahl angekündigt, in der Koalition sei die Zeit gekommen, „wo man klare Worte finden kann“. Und Pistorius warnte vorsorglich vor der Erwartung, „einer könnte der Messias sein“.