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Erstes großes Interview steht anKamala Harris verlässt die Jubel-Wolke

Lesezeit 4 Minuten
Das Interview soll bei CNN ab 21 Uhr US-Zeit (3 Uhr am deutschen Freitagmorgen) ausgestrahlt werden. Kamala Harris (r) und Tim Walz treten gemeinsam auf. (Archivbild)

Das Interview soll bei CNN ab 21 Uhr US-Zeit (3 Uhr am deutschen Freitagmorgen) ausgestrahlt werden. Kamala Harris (r) und Tim Walz treten gemeinsam auf. (Archivbild)

Lange hat Harris geschwiegen. Beim Interview am Donnerstag und dem TV-Duell mit Trump muss sie sich nun unbequemen Fragen stellen.

An Fragen mangelt es nicht. Bret Stephens, ein konservativer Kolumnist der „New York Times“, hat einige aufgelistet: „Wenn Sie gegen Lebensmittelläden, deren Marge bei 1 bis 3 Prozent liegt, wegen Preiswucher vorgehen wollen - was ist dann mit Apple, deren Gewinnspanne bei 25 Prozen liegt?“

Oder: „Würden Sie das amerikanische Militär bei einem chinesischen Angriff nach Taiwan schicken?“ Oder: „Sollen illegale Migranten, wie Sie 2019 andeuteten, einen Anspruch auf kostenlose Gesundheitsversorgung haben?“ Die Litanei ist noch deutlich länger. „Ich laufe mich gerade erst warm“, scherzte der Journalist.

Harris gab seit dem Rückzug Bidens noch kein einziges Interview

Viel wissen die amerikanischen Bürger tatsächlich nicht über das Programm von Kamala Harris, die in Rekordgeschwindigkeit aus dem politischen Nirwana auf den Favoritenplatz im amerikanischen Präsidentschaftsrennen geschossen ist.

Bei ihren Kundgebungen und auf dem Parteitag in Chicago setzt die umjubelte 59-Jährige vor allem auf Optimismus und gute Stimmung. Über konkrete Inhalte redet sie weniger. In den 39 Tagen seit dem Rückzug von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat hat sie noch kein einziges Interview gegeben.

Trump gab zuletzt mehrere Interviews und versucht damit Harris unter Druck zu setzen

Entsprechend groß ist die Spannung, wenn Harris nun am amerikanischen Donnerstag erstmals ihr geschütztes Umfeld verlässt und beim Sender CNN Rede und Antwort steht. Das Gespräch mit der Journalistin Dana Bash, die schon die Debatte von Präsident Joe Biden mit dessen Herausforderer Donald Trump moderierte, soll ab 21 Uhr US-Zeit (3 Uhr am deutschen Freitagmorgen) ausgestrahlt werden. Doch Harris kommt nicht alleine: Sie bringt ihren Vize-Kandidaten Tim Walz mit.

Mit dem Auftritt hofft die Harris-Kampagne offensichtlich, der immer lauter werdenden Kritik nicht nur des Republikaner-Lagers, sondern auch der Medien an der Verschlossenheit der Kandidatin den Wind aus den Segeln zu nehmen. Demonstrativ hatte Trump zuletzt eine Reihe von Interviews gegeben. Seine Kontrahentin drücke sich, weil sie „nicht über ihre radikale Agenda reden möchte“, ließ er erklären.

Nun freilich bietet Harrris ihren politischen Gegnern eine andere Angriffsfläche. „Sie lässt sich nicht alleine befragen“, ätzte Trumps früherer Deutschland-Botschafter Richard Grenell bei „X“: „Sie kann die normalen Standards einer Kandidatin nicht erfüllen.“

Das dürfte Harris kaum stören. Ihre Berater setzen mutmaßlich darauf, dass die Anwesenheit des bodenständigen „Normalo“-Amerikaners Walz schon optisch das Klischee von Harris als Vertreterin der linken Westküstenelite konterkariert.

New-York-Times-Kolumnist bezeichnet Harris als „politisches Chamäleon“

Inhaltlich hat die Präsidentschaftskandidatin einiges zu erklären: Bislang hat sie außer einigen Vorschlägen zur Wirtschaftspolitik, die von vielen Experten kritisiert wurden, noch nichts vorgelegt. Beim Fracking und in der Migrationspolitik hat sie stillschweigend frühere Positionen geräumt. Ebenso wichtig wie heikel für sie wäre auch zu erklären, ob und bei welchen Themen sie sich von der unbeliebten Biden-Regierung absetzen will.

„Politisch ist Harris immer noch eine unbekannte Größe“, urteilt das Wirtschaftsmagazin „Economist“ in seinem aktuellen Leitartikel. New-York-Times-Kolumnist Stephens nennt sie wenig charmant ein „politisches Chamäleon“, um dann hinzuzufügen, dass dies kein Nachteil sein müsse.

TV-Duell zwischen Harris und Trump soll am 10. September stattfinden

Freilich wüssten die Amerikaner gerne, ob Harris schlicht pragmatisch ("gut") oder opportunistisch ("nicht gut") oder aber unaufrichtig über ihre wahren Ziele ("ganz und gar nicht gut") sei, wie es Trump mit dem Schimpfwort „Kommunisten-Kamala“ suggeriert.

Mit dem Vorwurf dürfte Harris spätestens am 10. September direkt konfrontiert werden. An diesem Tag soll nach einem absurden Hickhack beim Sender ABC nun das einzige Fernsehduell der beiden Präsidentschaftskandidaten ausgetragen werden. Das Datum war schon in der Biden-Ära zwischen den Kampagnen vereinbart worden.

Am Sonntag aber wetterte Trump plötzlich auf seinem Propagandakanal „Truth“ gegen den angeblich linken Sender ABC: „Warum sollte ich eine Debatte bei diesem Sender führen?“

Im Hintergrund schwelt ein bizarrer Streit über die Frage, ob das Mikrofon der Kandidaten stummgeschaltet werden soll, wenn der Kontrahent oder die Kontrahentin redet. Die Biden-Kampagne hatte darauf bestanden. Die Berater von Harris möchten hingegen die Mikrofone offenhalten, weil sie glauben, dass mögliche Pöbeleien und sexistische Zwischenrufe von Trump ihrer Kandidatin helfen.

Aus eben diesem Grund beharrt die Trump-Kampagne plötzlich auf den alten Regeln. Trump selber hingegen hat spontan bekundet, er würde lieber mit offenem Mikrofon streiten. Am Dienstag nun erklärte Trump, die TV-Debatte sei vereinbart. Es sollen - Stand Mittwoch - die alten Regeln gelten.