Hadja Lahbib, zuständig für Zivilschutz, ruft zum Packen einer Notfalltasche im Krisenfall auf. Viele halten das Video zunächst für Satire.
„Sagt, dass es nicht echt ist“Notvorräte im Krisenfall – Fassungslosigkeit über Video von EU-Kommissarin

Die EU-Kommissarin für Krisenschutz Hadja Lahbib bei einem Termin im Hafen von Antwerpen
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Die Lage der Europäischen Union hat sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und spätestens seit der 180-Grad-Wende von US-Präsident Donald Trump grundlegend geändert. Europa muss verteidigungsbereit sein, seitdem die USA sich zunehmend zurückziehen und auch die Ukraine nicht mehr uneingeschränkt unterstützen. Diese Erkenntnis setzt sich in den europäischen Hauptstädten durch, und auch in Brüssel ergreift man Maßnahmen.
Diese beziehen sich allerdings nicht nur auf Verteidigung, sondern es geht auch ums Überleben in der Krise. Am Mittwoch veröffentlichte die EU ihre „Preparedness Strategy“ mit einem Aktionsplan für den Ernstfall.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit: „Von Waldbränden bis hin zu Cyberangriffen auf kritische Infrastrukturen – neue Realitäten erfordern neue Vorbereitungen.“ Dazu brauche es die richtigen Instrumente, um Krisen unterschiedlicher Art sowohl vorzubeugen als auch schnell reagieren zu können.
Hadja Lahbib, EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, stellte eine Reihe von strategischen Maßnahmen für die kritische Infrastruktur und für die Sensibilisierung der Bevölkerung vor. Es ging aber auch um Vorbereitungen, die jeder und jede einzelne treffen kann, um im Krisenfall 72 Stunden überleben zu können. Lahbib erinnerte daran, dass während der Corona-Krise Menschen die Geschäfte gestürmt hätten, um Toilettenpapier zu kaufen.
Hadja Lahbib postet Video zum Zivilschutz
Laut der belgischen Spitzenbeamtin sollte jeder EU-Haushalt also für drei Tage vorsorgen – mit Wasser, Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern. Die EU-Kommission rät zu einer Notfalltasche, in die zum Beispiel Ausweispapiere, Streichhölzer und eine Taschenlampe gehörten. Außerdem müsse man genug Nahrungsmittel haben.
Was genau in dieses „Survival-Kit“ gehört, hänge aber auch von persönlichen Vorlieben ab, so Roxana Mînzatu, Vizepräsidentin der EU-Kommission, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch (26. März). Die ebenfalls anwesende Lahbib verriet daraufhin lachend, sie persönlich habe immer alle Zutaten für eine Pasta alla Puttanesca im Haus.
Dass die EU versucht, den eigentlich ernsten Hintergrund ihrer Ratschläge den Menschen humorvoll nahezubringen, verrät auch ein Video, das Lahbib über die sozialen Medien verbreitete.
Was zunächst wie Satire wirkt, ist ernst gemeint und soll zeigen, wie wichtig eine Notfalltasche ist. Man solle gegebenenfalls an seine Brille denken – um sehen zu können, was passiert, rät Lahbib. Begleitet von Tönen im Stil von Kaffeehaus-Musik geht es so weiter: Die EU-Kommissarin zieht Schokoriegel und eine Konservendose aus ihrer Tasche und macht Scherze.
Ob das Video seinen Zweck erfüllt, darf bezweifelt werden. Viele Userinnen und User finden den Tonfall des Spots der Situation in keiner Weise angemessen. „Mit solchen Politikern ist Europa verloren“, lautet ein Kommentar auf X, ehemals Twitter. „Überleben von was? Massiven Terroranschlägen? Was wird nach drei Tagen passieren? Wird die EU zusammenbrechen? Warum bereitet man sich nicht auf sieben oder 14 Tage vor?“, fragt ein anderer User.
„Bitte sagt mir, dass das nicht echt ist“, schreibt jemand anders. Die Politikberaterin Cristina Vanberghen antwortet Labib, man wisse nicht, ob es sich um Satire oder eine ernsthafte Richtlinie handele. Dies sei nicht akzeptabel. „Ihre Rolle erfordert Klarheit, Verantwortlichkeit und Führung – Qualitäten, die in dieser Botschaft auffällig fehlen“, wählt Vanberghen deutliche Worte. Zudem kritisiert sie Lahbib dafür, dass angeblich kritische Kommentare zu dem Video gesperrt wurden.
Behörden raten auch in Deutschland zu Überlebens-Vorräten
Auch in Deutschland gibt es schon länger Hinweise des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) für den Krisenfall. Es geht natürlich nicht nur um Krieg oder Angriffe auf die Infrastruktur, sondern auch um Naturkatastrophen wie Hochwasser, Stürme oder Schneefall, die am Verlassen des Hauses hindern.
Auf der Website des BBK finden sich konkrete Hinweise, wieviel Flüssigkeit und Nahrungsmittel benötigt werden und wie man am besten Vorräte anlegt. Empfohlen wird wie von der EU ein Bestand für mindestens drei Tage. Besonders Wasser sei wichtig. „Ein erwachsener Mensch braucht mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit am Tag“, heißt es. Bei Lebensmitteln werden lang haltbare empfohlen wie Konserven mit Fleisch, Fisch, Gemüse und Obst, darüber hinaus Müsliriegel und Zwieback.
Darüber hinaus gibt es einen Vorratskalkulator, mit dem man sich seinen Bedarf berechnen kann. Außerdem sind Tipps zu finden, was in eine Hausapotheke gehört oder wie man wichtige Dokumente sichert. Insgesamt scheint in der Kommunikation des BBK zum Zivilschutz eine größere Ernsthaftigkeit vorzuherrschen als bei der EU-Kommission.