Das Kabinett hat den Entwurf für den Haushalt 2024 beschlossen. Doch der Streit in der Ampelkoalition ist längst nicht vorbei.
Pflege, Kindergrundsicherung, ElterngeldWas beim Haushalt 2024 noch immer strittig ist
Es gilt als das Haushaltsbuch der Nation, umfasst in der Fassung für das kommende Jahr 1364 Seiten und heißt offiziell „Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2024″: Nach wochenlangen Streitigkeiten hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) für den Haushalt des kommenden Jahres beschlossen.
Allerdings zeichnete sich bereits im Vorfeld ab, dass sich das umfangreiche Zahlenwerk bis zur endgültigen Beschlussfassung durch den Bundestag im Spätherbst noch erheblich verändern könnte. Das liegt nicht nur an der notwendigen Anpassung an die aktuellen wirtschaftlichen Kennzahlen wie Wirtschaftswachstum oder Inflationsrate. Vielmehr gibt es – abgesehen von der Kritik der Opposition und von betroffenen Verbänden – auch innerhalb der Ampelkoalition über viele Punkte im Haushalt noch erhebliche Differenzen.
Wie geht es weiter mit der Kindergrundsicherung?
Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, alle Familienleistungen zu einer sogenannten Kindergrundsicherung zusammenzuführen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) kalkuliert dafür ab 2025 mit Kosten von 12 Milliarden Euro jährlich, weil sie auch eine kräftige Ausweitung der Leistungen plant. Das lehnt Finanzminister Lindner ab. Er hat im Entwurf für den Haushaltsplan ab 2025 pro Jahr bisher nur 2 Milliarden Euro zusätzlich eingeplant. Paus fordert aber weiterhin mehr Geld, die Rede ist nunmehr von bis zu 7 Milliarden Euro.
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Grundsätzlich hat sie dabei die Unterstützung des Kanzlers. In einem an die Öffentlichkeit gelangten Brief an die Ministerin hatte Olaf Scholz (SPD) am Montag auch „Leistungsverbesserungen“ erwähnt, ohne konkrete Summen zu nennen. Geplant ist, den Gesetzentwurf im August im Kabinett zu beschließen. Dem Vernehmen nach will sich die FDP bei diesem Punkt aber nur bewegen, wenn SPD und Grüne im Gegenzug die von den Liberalen gewünschte Investitionsprämie für die Wirtschaft mittragen.
Kürzungen bei den Berechtigten für das Elterngeld
In der Ampelkoalition gibt es unterschiedliche Darstellungen darüber, wer zuerst Kürzungen beim Elterngeld vorgeschlagen hat. Dabei wird auf der einen Seite das Finanzministerium genannt, auf der anderen das Familienministerium. Fakt ist, dass am Ende Familienministerin Paus das aus ihrer Sicht kleinere Übel wählte und nicht die Leistungen an sich kürzen will, sondern die Einkommensgrenzen. Künftig sollen Eltern den Lohnersatz nur noch bekommen, wenn sie zusammen weniger als 150.000 Euro verdienen. Bisher liegt die Grenze bei 300.000 Euro, bis Mitte 2021 galten sogar 500.000 Euro.
Die Absenkung soll 500 Millionen Euro an Einsparungen bringen. Allerdings hat nun die FDP durchblicken lassen, dass sie über die Kappung nochmals sprechen möchte. Das ist nicht verwunderlich, schließlich trifft der Vorschlag Spitzenverdienende und damit auch Wählerinnen und Wähler der Liberalen. Die Frage ist nur, warum dann Lindner – gleichzeitig auch FDP-Parteichef – die Kürzung überhaupt in den Haushaltsentwurf aufgenommen hat.
Was passiert bei den Sozialversicherungen?
Gemessen an seinem Haushalt trägt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den größten Anteil an den Einsparungen in den Einzelressorts. Denn er verliert den erst 2022 eingeführten Zuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich. Das Geld ist unter anderem dafür vorgesehen, die Eigenanteile von Heimbewohnenden zu deckeln. In der Pflegebranche stieß die Kappung dann auch auf scharfe Kritik.
Die fehlende Milliarde werde den Trend zu einer verdeckten Reduzierung der Leistungen noch verstärken, warnte der Chef des Verbandes der privaten Pflegeanbieter (BPA), Bernd Meurer. Die Preissteigerungen der letzten Jahre seien auch durch die aktuelle Pflegereform nicht annähernd ausgeglichen worden, sagte er dem RND. „Pflegebedürftige könnten sich heute weniger Pflege leisten als noch vor fünf Jahren“, warnte er.
Lauterbach möchte zumindest direkte Leistungskürzungen vermeiden. Er will stattdessen die Zahlungen an den Pflegevorsorgefonds entsprechend kürzen. Dieser Fonds war 2015 in der Zeit der großen Koalition eingerichtet worden, um ab Mitte der 2030er-Jahre die Beiträge zu stabilisieren. Aktuell werden jährlich 0,1 Prozentpunkte der Beitragseinnahmen von der Bundesbank angelegt, das sind etwa 1,6 Milliarden Euro. Ähnlich wie beim Elterngeld wird die Kappung nun aber von der FDP kritisch gesehen, schließlich treten die Liberalen traditionell für eine Kapitaldeckung in den Sozialversicherungssystemen ein.
Lindner plant den Subventionsabbau
Lindner plant die Streichung von Steuersubventionen und/oder den Abbau von direkten Staatshilfen im Umfang von 2 Milliarden Euro jährlich. Details dazu sind bisher nicht veröffentlicht. Stark zu vermuten ist, dass die konkreten Pläne dann erneut zu Streit führen werden. Bisher bekannt ist nur, dass Lindner den verbilligten „Hafendiesel“ endgültig abschaffen will. Aber schon dieser Punkt ist in der Ampelkoalition umstritten.