Jüngste Umfragen sehen Le Pen in Frankreich vorn. Einige Franzosen wollen bei einem Sieg der Rechtspopulistin das Land verlassen.
Kanzler Scholz äußert sichAbsolute Mehrheit für Le Pen in Frankreich laut Umfrage möglich
Eine Woche vor der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich liegen die Rechtspopulisten der Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen laut einer Umfrage deutlich in Führung. Sogar eine absolute Mehrheit scheint für die Rechtspopulisten möglich.
Einer am Samstag veröffentlichten Umfrage für die Zeitung „Le Parisien“ und den Sender Radio France zufolge kommen die Rechtspopulisten auf 35,5 Prozent der Stimmen, gefolgt von dem links-grünen Wahlbündnis Neue Volksfront mit 29,5 Prozent. Das liberale Lager um Präsident Emmanuel Macron liegt demnach mit 19,5 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz. An vierter Stelle in der Wählergunst liegen die konservativen Republikaner mit sieben Prozent.
Umfragen sehen Marine Le Pens Rechtspopulisten in Frankreich vorn
Nach einer am Freitag veröffentlichten Erhebung könnte das Rassemblement National in der Nationalversammlung sogar auf 250 bis 300 Abgeordnete kommen – die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Das ergab eine Umfrage des Instituts Odoxa im Auftrag des Magazins „Le Nouvel Obs“. 160 bis 210 Abgeordnete entfielen demnach auf die Linke, 70 bis 120 Parlamentarier hätte das Präsidentenlager und 10 bis 50 Abgeordnete wären es für die Konservativen von den Republikanern und die weitere Rechte. Die Umfrage sieht eine Wahlbeteiligung von 64 Prozent.
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Der deutsche Europapolitiker Rasmus Andresen (Grüne) verwies derweil bei X auf eine weitere Umfrage, die von „Europe Elects“ veröffentlicht worden war. Demnach kommt Le Pens RN auf 32 Prozent der Stimmen, das links-grüne Wahlbündnis rangiert in dieser Umfrage mit 30 Prozentpunkten knapp hinter den Rechtspopulisten. „Das französische Linksbündnis hat Le Pen fast eingeholt“, schrieb Andresen dazu bei X.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Sonntag zu den jüngsten Erfolgen für Le Pen. „Ich mache mir Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich“, sagte Scholz im ARD-Sommerinterview. Er hoffe, „dass Parteien, die nicht Le Pen sind, um es so zu sagen, erfolgreich sind bei der Wahl“, erklärte der Kanzler mit Verweis auf die Le-Pen-Partei Rassemblement National.
Linke in Frankreich nach Wahlumfragen alarmiert
Bei der politischen Linken in Frankreich lösten die Umfrageergebnisse unterdessen Sorgen aus. Die linksliberale Zeitung „Liberation“ schrieb von „dystopischen“ Ergebnissen – und ließ Franzosen in einer Reportage zu Wort kommen, die in Betracht ziehen, das Land bei einem Wahlsieg von Le Pen zu verlassen.
„Aus Angst vor einer Explosion rassistisch motivierter Gewalt, Ungleichheit und Angriffen auf die bürgerlichen Freiheiten erwägen viele, in ein als toleranter wahrgenommenes Land zu fliehen, falls die rechtsextreme Partei die Parlamentswahlen gewinnen sollte“, fasste die Zeitung die Sorgen vieler Franzosen zusammen.
Emmanuel Macron hat nach Europawahl zu Neuwahlen aufgerufen
Nach dem Wahltriumph des RN bei der Europawahl am 9. Juni hatte Macron überraschend Neuwahlen zur Nationalversammlung ausgerufen. Die Wahl findet in zwei Runden am 30. Juni und 7. Juli statt. Macron ist theoretisch frei, einen Premierminister zu ernennen. Er ist aber darauf angewiesen, dass dieser in der Nationalversammlung eine Mehrheit bekommt.
Das könnte zu einer Kohabitation führen, in der Präsident und Regierungschef unterschiedlichen Lagern angehören. Denkbar ist auch, dass Macron eine Fachfrau oder einen Fachmann ohne Parteibuch an die Spitze der Regierung beruft. Derzeit gibt es Befürchtungen, dass sich die drei Blöcke – die Rechtspopulisten, das links-grüne Wahlbündnis und das Regierungslager – dauerhaft gegenseitig blockieren könnten.
Altes Interview mit Le Pens Mutter sorgt erneut für Wirbel
Neben den starken Umfrageergebnissen für Le Pen und ihre Partei sorgte in Frankreich am Wochenende auch ein altes Interview mit Le Pens Mutter Pierrette für Wirbel. Ausschnitte aus dem Interview, das der Publizist Karl Zero bereits in den 1990er Jahren mit Pierrette Le Pen geführt hatte, kursierten am Wochenende in den sozialen Netzwerken und wurden dort Zehntausende Male abgerufen.
Die Ex-Frau von Jean-Marie Le Pen, Vater von Marine Le Pen und ehemaliger Parteichef der damals noch „Front national“ benannten Partei, hatte in dem Gespräch über die Erziehung von Marine Le Pen berichtet. Nach einer Klage von Pierrette Le Pen musste der Publizist die erst 2017 veröffentlichten Szenen des damaligen Interviews im Jahr 2021 schließlich zurückziehen. (das/dpa)