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Ärger mit Grundsteuer in NRWFinanzämter treiben Eigentümer zur Verzweiflung

Lesezeit 4 Minuten
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Grundsteuer-Info vom Finanzamt. 

Düsseldorf – In NRW gibt es laut dem Statistischen Landesamt IT.NRW 9,15 Millionen Wohnungen. Den Eigentümern flattern derzeit Briefe der Finanzämter ins Haus. Sie werden aufgefordert, Angaben zu machen, die als Grundlage zur Berechnung der künftigen Grundsteuer dienen. Die Daten sollen allerdings in einem komplizierten elektronischen Verfahren am PC übermittelt werden. Der Vorgang (hier gibt es Tipps) sorgt für Ärger und Protest bei den Grundbesitzern.

„Ich erhalte massenweise Anfragen zu dem Thema. Vor allem ältere Eigentümer sind mit der Bearbeitung überfordert“, sagte Hans-Ulrich Liebern, Leiter der Steuerabteilung beim Steuerzahlerbund NRW, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Eigentümer haben nur bis Oktober Zeit

Die Eigentümer haben für die detaillierte Wertermittlung ihrer Immobilie nur bis Oktober Zeit. Bis dahin müssen sie zahlreiche konkrete Angaben zum Baujahr, zur Wohnfläche, zum Bodenrichtwert und den gemeindlichen Flurstücken machen. Wenn dies nicht vollständig korrekt oder termingerecht gelingt, drohen saftige Strafen.

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„Ich selbst habe als Experte eine Dreiviertelstunde benötigt, um den Antrag auszufüllen“, so Hans-Ulrich Liebern. „Wer nicht im Thema ist, wird deutlich mehr Zeit benötigen.“ Das Infoschreiben lasse Fragen offen, bei der Eingabe der Daten komme es teilweise zu Problemen.

Ralf Witzel (FDP)

Neuberechnung soll ab 2025 eingeführt werden

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 entscheiden, dass die Berechnung der Grundsteuer neu justiert werden soll. Der frühere Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) entschied sich bei der Neuordnung für ein Modell, bei dem der Grundstückswert in die Berechnung einfließen soll. Die Neuberechnung soll ab 2025 eingeführt werden – und zunächst nicht mit höheren Abgaben verbunden sein.

„Allerdings sollen die Werte alle sieben Jahre überprüft werden. Damit ist das Einfallstor für Steuererhöhungen geöffnet“, kritisiert Ralf Witzel, Finanzexperte der FDP im Landtag. Auch der Bund der Steuerzahler warnt davor, dass eine wertbezogene Bemessung, die regelmäßig überprüft werde, „perspektivisch zu Steuererhöhungen“ führen werde.

FDP fordert, dass sich NRW Bundesländern wie Bayern anschließt

Der bisherige NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) hatte sich dafür entschieden, dem Bundesmodell zu folgen, statt eine eigene Regelung vorzulegen, wie es zum Beispiel Bayern, Hamburg, Niedersachen und Hessen gemacht hatten. Die FDP fordert, dass sich NRW diesen Ländern anschließt. Statt einer komplizierten Wertermittlung, von der danach ein Prozentsatz als Steuer fällig wird, sollte bei der Grundsteuer ein Fixbetrag pro Quadratmeter entrichtet werden, schlagen die Liberalen vor. „Das würde den Eigentümern den Kampf mit dem Bürokratiemonster ersparen“, erklärte Witzel.

Der FDP-Politiker wies darauf hin, dass Wohnungseigentümer aufgrund der Anschaffungskosten von Immobilien oft deutlich lebensälter seien als normale Steuerpflichtige. „Viele retten sich jetzt zu Steuerberatern und verlieren dabei oft mehrere Tausend Euro“, so der Liberale. Für ein Haus in Köln mit einem Wert von 750 000 Euro würde nach der Steuerberatervergütungsverordnung eine mittlere Gebühr von rund 2500 Euro fällig. „Für viele Wohneigentümer ist dieser netto aufzubringende Betrag ein Monatsgehalt“, sagt Witzel.

Verband lehnt Grundsteuer-Reform ab

Auch der Verband der Haus- und Grundbesitzer in NRW lehnt die Grundsteuer-Reform nach dem Bundesmodell ab. „Viele Eigentümer ärgert zudem der bürokratische Aufwand, obwohl die Finanzämter sämtliche Angaben bereits vorliegen haben. Die große Herausforderung für viele Eigentümer liegt vor allem im Vorfeld in der Beschaffung der erforderlichen Daten“, sagte Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya unserer Zeitung. Die größte Schwierigkeit sei, die Angaben korrekt auszufüllen - und nicht aus Unwissenheit falsche Angaben zu machen.

Neuer Inhalt

Marcus Optendrenk (rechts) ist neuer Finanzminister in NRW.

Die neue schwarz-grüne Landesregierung will trotz der Kritik an den Plänen festhalten. Ein Sprecher des NRW-Finanzministerium sagte auf Anfrage, NRW habe in der vergangenen Legislaturperiode „nach gründlicher Abwägung“ der Vor- und Nachteile von der Öffnungsklausel keinen Gebrauch gemacht. „Damit gilt das Bundesmodell – wie in der Mehrzahl der Länder – auch für Nordrhein-Westfalen“, so der Sprecher.

FDP erwartet Moratorium der Vernunft

Mehrdad Mostofizadeh, parlamentarischer Geschäftsführer und Mitglied des Fraktionsvorstandes der Grünen, erklärte, die Liberalen hätten als ehemalige Regierungspartei drei Jahre Zeit gehabt, um ihre Forderungen umzusetzen. „Der Zug ist leider nunmal in der vergangenen Legislatur abgefahren“, sagte der Spitzen-Grüne: „Und ein Zug der abgefahren ist, kehrt selten wieder um.“

Die FDP gibt die Hoffnung auf einen Kurswechsel noch nicht auf. Die Liberalen wollen den Landtag über ihr eigenes Grundsteuergesetz, das bereits eingebracht wurde, im Herbst abstimmen lassen. „Es wäre beste Charmeoffensive für den neuen Finanzminister Marcus Optendrenk, wenn er diesen Elfmeter für eine Umkehr nutzen würde“, sagte Witzel. Die Debatte soll im Anschluss an eine Expertenanhörung nach der Sommerpause erfolgen. „Bis dahin erwarten wir ein Moratorium der Vernunft“, sagte Witzel.