Die Hamas hat vier Leichen übermittelt. Darunter sollen zwei Kleinkinder sein. Bei der Übergabe kam es erneut zu verstörenden Szenen.
Bibas-FamilieÜbergabe der Geisel-Leichen – Perfide Hamas-Inszenierung mit Raketen vor Särgen

Die vier Särge mit den sterblichen Überresten werden von Hamas-Kämpfern getragen. Unter den Toten ist wohl auch die Bibas-Familie.
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Die Hamas hat im Gazastreifen die sterblichen Überreste von vier Menschen an das Rote Kreuz übergeben. Die Zeremonie in Chan Junis war in einer Live-Übertragung im Fernsehen zu sehen. Israel will nun die Identität der Leichen prüfen, bei denen es sich laut Hamas um tote Geiseln handeln soll. Es sollen die sterblichen Überreste der Bibas-Familie und eines älteren Mannes sein. Die Mutter und ihre beiden Kleinkinder haben auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Das Schicksal von Schiri, Ariel und Kfir Bibas ist noch immer nicht zweifelsfrei geklärt. Allerdings hatte das Forum der Geisel-Familien in Israel den Tod der beiden jüngsten Hamas-Geiseln am Mittwoch (19. Januar) bestätigt. „Wir haben die erschütternde Nachricht erhalten, dass Schiri Bibas, ihre Kinder Ariel und Kfir und Oded Lifshitz nicht mehr unter uns sind“, hieß es. Bei Oded Lifshitz handelt es sich um einen israelischen Journalisten. Kfir Bibas war zum Zeitpunkt des Hamas-Überfalls auf den Kibbuz Nir Oz ein Baby von neun Monaten, sein Bruder Ariel vier Jahre alt.
Hamas-Kämpfer bejubeln Tod von Mutter und Kleinkindern – Zuschauer bringen ihre Kinder mit
Die Terrororganisation inszenierte die Übergabe der Särge nach dem Muster vorheriger Geisel-Freilassungen. Die Hamas errichtete Übergabeort in Chan Juniseine eine Bühne, zahlreiche jubelnde Schaulustige versammelten sich neben Dutzenden vermummten und maskierten Islamisten in Uniformen zu lauter Musik.
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Auf der Bühne wurden die vier schwarzen Särge aufgebahrt. Besonders perfide werteten Beobachter wie die israelische Journalistin Emily Schrader, dass viele Zuschauende ihre Kinder mitgebracht hatten. Diese bejubelten so den Tod eines kleinen Kindes und eines Babys.
Weiter ist zu sehen, wie die angeblichen „Zivilisten“ sich zum Feiern versammeln und gemütlich Wasserpfeife rauchen, wie Schrader schreibt. Verbunden sind Schraders Posts mit deutlicher Kritik an den vielen Menschen, die einseitig das Leid der Palästinenser betonten. Der „Mainstream des Westens“ habe keine Vorstellung davon, wer die Hamas-Terroristen und ihre Unterstützer wirklich seien.
Rotes Kreuz soll sich geweigert haben, an Übergabe mitzuarbeiten
Im Hintergrund der Särge war ein zynisches Propaganda-Banner der Hamas abgebildet. Zu sehen war der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als Vampir, mit den Bildern der getöteten Geiseln. „Der Kriegsverbrecher Netanjahu und seine Armee haben sie mit Raketen zionistischer Kampfjets getötet“, stand daneben. Davor waren Raketen-Attrappen aufgebaut.
Die Hamas hatte mitgeteilt, dass die Familie Bibas bei einem israelischen Luftangriff auf den Gazastreifen getötet worden sei. Dafür gibt es aber bislang keine Bestätigung.
Die Särge wurden anschließend an das Rote Kreuz übergeben. Dieses stand in der Vergangenheit in der Kritik, das menschenverachtende Schauspiel bei den Geisel-Freilassungen mitzumachen. Die Journalistin Schrader berichtet nun, das Rote Kreuz habe sich offenbar ursprünglich geweigert, bei Teilen der Übergabe mitzuarbeiten. Die Hamas drohte allerdings, die Überführung der Leichen zu stoppen. Zumindest legten die Mitarbeitenden Laken über die Särge.
Bilder von Kfir Bibas, seinem Bruder Ariel und der Mutter gehen um die Welt
Die Bibas-Familie war seit dem 7. Oktober zu einem Symbol für die Unmenschlichkeit der Hamas geworden. Videoaufnahmen der verängstigen Mutter und ihrer beiden rothaarigen Söhne, die bei der Entführung nach dem Massaker der Terroristen im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober 2023 entstanden, gingen um die Welt.
Die forensische Untersuchung der sterblichen Überreste könnte israelischen Berichten zufolge einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Dauer des Identifizierungsprozesses hänge auch vom Zustand der Leichen ab, meldeten mehrere Medien unter Berufung auf Gesundheitsminister Uriel Busso am Mittwoch. Busso betonte demnach, dass Israel auch die Todesursachen ermitteln wolle.
Der Vater der Kinder, Jarden Bibas, wurde kürzlich freigelassen. „Unglücklicherweise ist meine Familie nicht zu mir zurückgekehrt“, teilte er nach seiner Rückkehr nach Israel mit. „Mein Licht ist immer noch dort (im Gazastreifen), und solange sie dort sind, ist hier alles düster.“ Im November 2023 hatte die Hamas ein grausames Video veröffentlicht, in welchem dem Familienvater vor der Kamera gesagt wird, dass seine Familie tot sei.
Kfir habe zum Zeitpunkt seiner Entführung noch nicht laufen und „Mama“ sagen können, sagte der Cousin seiner Mutter kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Sein älterer Bruder habe damals noch an Superhelden geglaubt, so Jimmy Miller.
Vier weitere Leichen sollen kommende Woche übergeben werden
Die Hamas hatte am Dienstag mitgeteilt, die vier toten Geiseln an Israel übergeben zu wollen. Netanjahus Büro bestätigte die Vereinbarung mit der Islamistenorganisation. Im Gegenzug wird Israel Berichten zufolge alle Frauen und Minderjährigen freilassen, die seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 festgenommen wurden und die nicht am bewaffneten Kampf gegen Israel beteiligt gewesen sein sollen.
Auslöser des Krieges war der Überfall der Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Seitdem wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen fast als 48.300 Menschen getötet, darunter auch viele Frauen und Minderjährige.
Vier weitere Leichen sollen laut Hamas kommende Woche übergeben werden. Zudem sollen am Samstag sechs weitere Geiseln im Rahmen des Abkommens zwischen Israel und der Islamistenorganisation freikommen.
Fortsetzung der Waffenruhe bleibt ungewiss
Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hatten Islamisten im Gazastreifen in mehreren Runden bislang 19 Geiseln freigelassen. Zusätzlich kamen fünf aus Israel entführte Thailänder unabhängig von der Vereinbarung frei. Das mehrstufige Abkommen zwischen Israel und der Hamas sieht vor, dass während einer ersten, sechswöchigen Phase nach und nach insgesamt 33 Geiseln, darunter acht Tote, im Austausch gegen 1.904 palästinensische Häftlinge freikommen.
Die erste Phase des Deals soll in eineinhalb Wochen enden. Berichten zufolge haben beide Kriegsparteien bislang – entgegen der Vereinbarung – noch keine ernsthaften Verhandlungen über die zweite Phase des Deals geführt. Sie soll zu einem endgültigen Ende des Krieges sowie zur Freilassung der noch verbliebenen Geiseln führen. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf Außenminister Gideon Saar, dass die Gespräche noch „in dieser Woche“ beginnen sollen. (cme, dpa)