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Kommentar zu InflationDie Politik muss ehrlich über die Kosten des Krieges sprechen

Lesezeit 3 Minuten

Robert Habeck im Gespräch mit Olaf Scholz (Archivbild)

Die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das Wirtschaftswachstum bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Die Corona-Krise, in der die Bundesregierung massiv Schulden aufgenommen hat, ist noch nicht vorbei. Jetzt werden die Folgen des Krieges in der Ukraine teuer für den deutschen Staat.

Das alles ist noch das freundliche Szenario. Wenn – ob durch Wladimir Putins oder unsere eigene Entscheidung – von einem auf den anderen Moment kein russisches Gas mehr nach Deutschland fließen sollte, käme alles noch schlimmer. Für diesen Fall droht eine tiefe Rezession.

„Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen“, so hat es Olaf Scholz als Finanzminister in der Corona-Krise gesagt. Als Kanzler hat der Sozialdemokrat gleich zu Beginn des Krieges in der Ukraine mit den Koalitionspartnern Grüne und FDP Entlastungspakete für die Bürgerinnen und Bürger geschnürt, um die Folgen gestiegener Energiepreise abzumildern. Auch Unternehmen sollen Hilfen erhalten.

Staat wird nicht alles ausgleichen können

Das war und ist richtig, um in neuer und unübersichtlicher Lage ein Signal der Sicherheit zu geben. Gleichzeitig muss die Bundesregierung aufpassen, dass nicht der falsche Eindruck entsteht, der Staat – der auch nur die Summe seiner Bürgerinnen und Bürger ist – werde alles ausgleichen können. Es gibt Wumms nicht unbegrenzt in der Nachfüllpackung. Das gilt erst recht, als ungeschickt geschnürte Hilfspakete die Inflation weiter befeuern können.

Der Krieg in der Ukraine und seine wirtschaftlichen Folgen werden zu einem Verlust an Wohlstand in Deutschland führen. Niemand weiß genau, wie groß die Belastungen werden. Klar ist aber bereits: Auch in Deutschland werden viele Menschen nach dem Krieg ärmer sein. Diejenigen mit niedrigen Einkommen brauchen am meisten Unterstützung, schon denen mit mittleren Einkommen wird der Staat unterm Strich nur eingeschränkt helfen können.

Führung bedeutet, sich nicht hinter Allgemeinplätzen zu verstecken

Politische Führung bedeutet, unvermeidliche Erkenntnisse früh und für jeden verständlich auszudrücken – ohne sich hinter technokratischen Allgemeinplätzen zu verstecken. Das ist jetzt der Job von Kanzler Scholz.

Helmut Kohl hat bei der Wiedervereinigung den Zeitpunkt verpasst, den Menschen die Notwendigkeit von Opfern nahezubringen, als die Bereitschaft in der Bevölkerung dazu noch groß war. Diesen Fehler sollte Scholz nicht wiederholen. Keine Frage, die Verwirklichung sozialdemokratischer Träume sieht anders aus. Das ändert nur nichts an der harten Realität.

Überhaupt ist das Verrückte, dass alle Protagonisten der Ampel-Koalition nach der Wahl etwas anderes tun müssen, als sie vorher dachten. Die SPD muss auf das Ziel einschwenken, künftig zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Rüstung auszugeben. Der Grüne Robert Habeck umschmeichelt für die Gasversorgung die Regierung in Katar. FDP-Chef Christian Lindner verantwortet Sonderschulden, auch wenn er sie geschickt Sondervermögen nennt.

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Die bittere Wahrheit für die Ampel-Koalition ist: Der Krieg dürfte die Regierung auch zwingen, ihr Programm für diese Legislaturperiode noch einmal neu zu justieren. Für sozialpolitische Projekte, die SPD und Grünen wichtig sind, ist eine hinreichende finanzielle Ausstattung noch nicht gesichert. Im Koalitionsvertrag sind weder das Bürgergeld noch die Kindergrundsicherung mit einem Preisschild versehen. Auf die FDP wird der Druck wachsen, angesichts der finanziellen Belastungen für die Allgemeinheit höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen nicht weiter zum Tabu zu erklären.

Das Regieren in Zeiten der Krise wird die Ampel-Parteien weiter verändern. Stärker, als es ihnen recht ist. Und auch mehr, als viele ihrer Wählerinnen und Wähler es sich wünschen.