Zwei Monate nach dem Putsch-Versuch stürzt das Flugzeug des Wagner-Chefs ab. Es gibt Berichte über einen Abschuss. Prigoschins Anhänger drohen, Putin schweigt.
Wagner-Kanal meldet Tod des SöldnerchefsPrigoschin war laut Russland an Bord des abgestürzten Privatjets
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, befand sich nach Angaben der russischen Luftfahrtbehörde an Bord eines in Russland am Mittwoch abgestürzten Privatjets. Zuvor hatten russische Behörden gemeldet, alle Passagiere des Flugs seien bei dem Absturz des Embraer-Privatjets getötet worden. Laut Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass wurden zehn Leichen geborgen. Identifiziert sind die Toten demnach noch nicht. Kremlchef Wladimir Putin kommentierte den mutmaßlichen Tod Prigoschins zunächst nicht.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin offenbar bei Flugzeugabsturz getötet
Auch der Wagner-nahe Telegramkanal „Grey Zone“ hat den Tod Prigoschins vermeldet, „selbst in der Hölle wird er der Beste sein“, hieß es in einer Mitteilung. Der Wagner-Chef sei durch die „Taten von Verrätern Russlands“ gestorben. Später am Abend verbreitete der Kanal ein Foto, das ein mit Lichtern erzeugtes Kreuz als Zeichen der Trauer an der Wagner-Zentrale in St. Petersburg zeigen soll.
Auch Wladimir Rogow, Mitarbeiter der von Russland eingesetzten Besatzungsverwaltung in der Region Saporischschja, hatte zuvor auf Telegram erklärt, ihm sei der Tod des Wagner-Chefs von Mitgliedern der Wagner-Truppe bestätigt worden. Wagner-Gründer und -Kommandeur Dmitrij Utkin ist den Angaben der Luftfahrtbehörde zufolge ebenfalls an Bord der abgestürzten Maschine gewesen.
„In der Passagierliste war Jewgeni Prigoschin enthalten“
Direkt nach dem Absturz des Privatjets blieb die Lage zunächst lange Zeit unübersichtlich: Wagner-nahe Telegram-Gruppen berichteten von einem weiteren Flugzeug, das sich zeitgleich mit der abgestürzten Embraer in der Luft befunden habe und in der Vergangenheit von Prigoschin genutzt worden sei. Manche von Prigoschins Anhängern äußerten die Hoffnung, der Wagner-Chef könnte sich in der anderen Maschine befunden haben.
Zuvor hatten russische Behörden lediglich berichtet, zehn Personen, darunter drei Besatzungsmitglieder, hätten sich an Bord der Maschine befunden, die in der Nähe des Dorfes Kuzhenkino abgestürzt ist. „In der Passagierliste waren der Vor- und Nachname von Jewgeni Prigoschin enthalten“, hieß es in einer Mitteilung. Ob Prigoschin tatsächlich an Bord der Maschine war, blieb jedoch lange unklar.
Das Flugzeug habe sich auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg befunden, teilten die Behörden mit. „Eine Untersuchung des Embraer-Flugzeugabsturzes, der sich heute Abend in der Region Twer ereignete, wurde eingeleitet“, teilte die Luftfahrtbehörde laut der staatlichen Agentur Tass zudem mit. Laut Quellen des Investigativjournalisten Christo Grozew befand sich Prigoschin auf dem Rückweg aus Mali.
Rache für Putsch-Versuch? Wagner-Kanal berichtet von Abschuss
Der Wagner-nahe Telegramkanal „Grey Zone“ berichtete am Mittwochabend zudem, der Privatjet sei von russischer Luftabwehr über der russischen Region Twer abgeschossen worden. Angeblich hätten Anwohner vor dem Absturz zwei Knallgeräusche gehört und zwei Kondensstreifen am Himmel gesehen, hieß es in dem Kanal, der später auch Prigoschins Tod vermeldete.
Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Spätestens nach einem Putsch-Versuch im Juni war der notorische Kremlkritiker Prigoschin in Moskau jedoch in Ungnade gefallen. Wagner-nahe Telegram-Kanäle verschickten deshalb erste Drohungen. „Die Ermordung von Prigoschin wird katastrophale Folgen haben“, zitierte der „Spiegel“ eine der Wortmeldungen.
Die ukrainische Zeitung „Kyiv Post“ veröffentlichte im sozialen Netzwerk X ein Video, das brennende Wrackteile an der Unfallstelle zeigen soll. Weitere Aufnahmen, die das Flugzeug beim Absturz zeigen sollen, kursierten ebenfalls am Mittwochabend in den sozialen Netzwerken.
Wagner-Chef mit Beginn des Ukraine-Kriegs in den Fokus gerückt
Jewgeni Prigoschin war spätestens mit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Seine Privatarmee Wagner kämpfte über Monate für Russland in der Ukraine, vor allem in der Schlacht um Bachmut. Immer wieder sorgten Prigoschins Söldner dabei mit äußerster Brutalität und rohen Sitten für Entsetzen.
Der Wagner-Chef nutzte sein militärisches Gewicht wiederholt für Kritik an der russischen Armee und auch an Kremlchef Wladimir Putin. Am 23. und 24. Juni stellte sich Prigoschin dann schließlich offen gegen den Kreml – und ließ seine Söldner in Richtung Moskau marschieren. Bei diesem „Marsch auf Moskau“ kam es zu Gefechten mit russischen Soldaten, das Land befand sich am Rande eines Putsches.
Prigoschin meldete sich kürzlich zurück – und wollte nach Afrika
Dann machte Prigoschin jedoch eine Kehrtwende – und blies die Revolte wieder ab. In der Folge zogen sich die Wagner-Söldner aus der Ukraine zurück, einige Tausend der Kämpfer befinden sich nun in Belarus. Kremlchef Wladimir Putin ließ den Wagner-Chef trotz des Putsch-Versuchs gewähren, Prigoschin verschwand jedoch zunächst weitgehend von der Bildfläche. Kürzlich hatte sich der Wagner-Chef dann mit einem Video zurückgemeldet und darin angekündigt, die Söldnertruppe wolle vermehrt wieder in Afrika aktiv werden.