Berlin – Karl Lauterbach ist bei der Isolationspflicht für Corona-Infizierte zurückgerudert. Zunächst beim ZDF-Talk „Markus Lanz“ und später bei Twitter kündigte er an, die Pläne für eine Freiwilligkeit der Isolation „einzukassieren“. Dies sei ein Fehler gewesen. Im Kurznachrichtendienst begründete der SPD-Gesundheitsminister seinen Schwenk ausführlich. Es würde das falsche Signal von diesen Plänen ausgehen.
Corona-Isolation: Merz kritisiert Lauterbachs Kurs
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisierte Lauterbach. Bis Dienstagabend sei man davon ausgegangen, dass die Pflicht aufgehoben werde, sagte Merz am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Das hat der Bundesgesundheitsminister gestern Nacht in einer Talkshow zurückgenommen.“ Daran sei zu sehen, wie „kurzatmig“ regiert werde. Beschlüsse hätten nicht einmal 48 Stunden Geltung.
Auch der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat Lauterbach für seinen Stil kritisiert. Der SPD-Parteikollege des Bundesgesundheitsminister sagte: „Die Wankelmütigkeit des Bundesgesundheitsministers ist irritierend. So etwas darf nicht passieren“, zitiert die „Welt“ den Bremer Bürgermeister. Lauterbachs Stil nannte er „kommunikative Fehlleistung, die das Vertrauen der Bevölkerung beschädigt“.
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Kritik kam auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Sepp Müller. Lauterbachs Pandemiepolitik und die Rücknahme der freiwilligen Isolation verwirrten die Menschen, sagte er. Der Bundesgesundheitsminister scheine „zunehmend benommen und angezählt“. Bei der Impfpflicht verhandele er zudem wie auf einem Basar. „Lauterbach setzt durch sein konfuses Agieren die Gesundheit der Menschen aufs Spiel.“
Kritik an Lauterbachs Verkündung in einer Talkshow
Viele User bei Twitter hatten Lauterbachs ursprüngliche Pläne für die Aufhebung der Isolationspflicht als „Umfallen“ kritisiert, da der SPD-Politiker vor seiner Zeit als Minister eher als Mahner wahrgenommen wurde und sich stets für Vorsicht im Umgang mit dem Virus ausgesprochen hatte. Entsprechend ist jetzt die Erleichterung bei vielen groß.
Allerdings kritisieren selbst Menschen und Organisationen, die den Schwenk inhaltlich begrüßen, die Umstände der Bekanntmachung in einer Talkshow und am späten Abend.
Einige User loben Lauterbachs Fehlerkultur: Es sei selten, dass ein hochrangiger Politiker offen Irrtümer einräume. Dennoch sei der Stil nicht in Ordnung gewesen.
Patientenschützer begrüßen Lauterbachs Pläne
Patientenschützer begrüßten Lauterbachs Kehrtwende ausdrücklich. „Infizierte stecken andere Menschen mit dem Virus an und gefährden gerade Immungeschwächte, die mitten unter uns leben“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Deshalb sei es gut, dass Lauterbach „seinen Fehler eingesehen hat und die Pflicht zur Isolation von Infizierten aufrecht erhalten will“.
Brysch verwies auf den Unterschied zwischen Isolation und Quarantäne: „Die Isolationspflicht eines infizierten Menschen ist etwas anderes als die Quarantäne einer Kontaktperson.“ Letztere sei praktisch schon eingestellt worden. Es sei aber wichtig, Angehörigen von vulnerablen Menschen bei einer Warnmeldung der Corona-App die Möglichkeit eines PCR-Tests einzuräumen, betonte der Stiftungsvorstand. (red, dpa, afp)