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Kommentar zur katholischen KircheGegen die „Treue zur Tradition“ hilft nur Druck

Lesezeit 3 Minuten
Kreuz Kirche Symbolbild

Die katholische Kirche hat seit Jahren mit Missbrauchsvorwürfen zu kämpfen. (Symbolbild)

Weiter so! Das hat die katholische Kirche seit Jahrhunderten eingeübt. Um nichts verändern zu müssen, bemüht sie die „Treue zur Tradition“ oder – noch steiler – den „Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz“. Kirchenreformer geraten so notorisch in den Ruch destruktiver Störenfriede.

Franziskus hat enttäuscht

Eigentlich war Papst Franziskus 2013 angetreten, den bequemen Habitus des Beharrens aufzubrechen. Die Hoffnungen, die sich auf sein Pontifikat richteten, ließen erkennen, dass viele Menschen die Kirche und ihre Botschaft doch noch nicht ganz abgeschrieben haben. Doch die franziskanische Reform von oben ist steckengeblieben. Der Selbsterhaltungstrieb des kirchlichen Machtapparats – nicht nur in Rom – ist stärker als die Erkenntnis, dass solcher Systemerhalt geradewegs in den Ruin führt.

Der Missbrauchsskandal ist dafür der beste und zugleich verstörendste Beleg. Inzwischen sollten selbst die größten Problemverweigerer wissen, dass sexueller Missbrauch dort den besten Nährboden findet, wo die Macht der Kirche und der Standesdünkel des Klerus besonders groß sind. Wer wollte, hätte aus Irland lernen können oder aus den USA. Doch das ist nicht geschehen.

Defizite immer noch da

In Deutschland versprachen die Bischöfe nach der Erschütterung des Jahres 2010 konsequente Aufklärung der Vergangenheit, Aufarbeitung der Ursachen und einen Perspektivwechsel vom Institutionen- und Täterschutz hin zur Sorge um die Opfer. Acht Jahre später moniert die im September veröffentlichte große Missbrauchsstudie immer noch eklatante Defizite.

Zwar beklagen heute sogar Bischöfe einen verderblichen „Klerikalismus“ in der Kirche. Aber das war es dann auch schon. Schritte zu einem Mentalitätswandel, Ansätze für echte Strukturreformen? Bislang Fehlanzeige. Manche Reaktion aus den Bistümern klingt im Gegenteil sehr verdächtig nach den bekannten Abwehrreflexen. Einige in der Studie benannte „Themenfelder“ wie Zölibat, Sexualmoral und Homosexualität „scheinen jetzt von manchen auf der Empörungswelle benutzt zu werden, um ihre Interessen voranzubringen“, hat der neue Kölner Generalvikar Markus Hofmann gesagt. Und ein führender Vertreter des Bistums Regensburg nennt die Studie intern „Lug und Trug“.

Der Druck muss bleiben

Gegen solches Abwiegeln hilft nur konstanter öffentlicher Druck: durch Medien, Opferverbände, durch die staatliche Justiz. Viel zu lange hat die Kirche sich eingebildet, sie stehe als „Kontrastgesellschaft“ über der säkularen Welt mit dem Anspruch, diese zu bevormunden. Jetzt zeigt sich, wie sehr sie selbst des Korrektivs bedarf.

Aus einer überheblichen Kirche könnte so eine bescheidenere werden, aus einer weltfremden eine lebensnahe, aus einer besserwisserischen eine lernende – eine Kirche, die den Menschen nicht ständig vorschreiben will, wo es langgeht, sondern an ihrer Seite steht und sie begleitet.

Vielleicht wäre das dann auch eine Kirche, die den Menschen zusagt. Weil sie etwas zu sagen hat.

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