Die Corona-Krise lässt sich nicht schönreden. Die Zahl der Neuinfektion nimmt derzeit rapide zu.
Die prekäre Lage bereitet vielen Menschen Sorgen oder macht ihnen sogar Angst.
Gerade deshalb hat die Redaktion Geschichten gesammelt, die Hoffnung machen oder Sie vielleicht sogar lächeln lassen.
1. Wir können jetzt Solidarität – und praktizieren sie sogar Sie erinnern sich? Am Anfang der Krise lagen die einen oder anderen Nerven, nun ja, blank. Da gab es Rangeleien um Klopapier in den Drogeriemärkten. Das scheint mittlerweile Jahre her. Der erste hörbare Ausdruck unserer steigenden Solidarität miteinander war das abendliche Klatschen auf den Balkonen – für überlastete Ärzte und unterbezahlte Pflegekräfte.
Heute findet die Solidarität ihren sichtbarsten Ausdruck in einem Stückchen Stoff – der Maske. Inzwischen hat (fast) der Letzte verstanden, dass ein Mund-Nasen-Schutz wichtig ist – nicht zuletzt auch dank Gaby Kösters beharrlicher Durchsagen-Quengelei in der KVB, doch bitte das Ding aufzusetzen. Die Hartnäckigeren dürften nachhaltig durch das Wedeln mit dem Bußgeldkatalog beeindruckt worden sein. „I wear this mask for you“: Dieser Slogan, der auf einigen Schutzmasken zu lesen ist, bringt unsere neue Fürsorge auf den Punkt. Wir passen aufeinander auf. In der Krise mehr denn je.
2. Briten feiern deutsche Fenster und das Konzept des „Stoßlüftens“
Dass Wertarbeit mit dem Siegel „Made in Germany“ international heiß begehrt ist, wissen wir schon lange. Auch wenn man schon mal darüber staunt, dass New Yorker Vermieter mit deutschen Waschmaschinen in ihren Waschkellern werben. Ist es wirklich so schwer, eine gute Waschmaschine zu bauen? Offenbar ja! In der Krise nun gibt es ein neues deutsches Objekt der Bewunderung: „German Windows“, unsere Fenster also, die sich nicht nur öffnen, sondern auch, Trommelwirbel, dank Scharnieren auf Kipp stellen lassen. Außerdem die dazugehörige deutsche Kulturtechnik des „Stoßlüftens“. Auf Youtube gibt es mittlerweile diverse Videos zum Stichwort „German Windows“ und dazugehörige Lobpreisungen („amazing“). Und die Deutschlandkorrespondentin der britischen Zeitung „Guardian“ widmet der Tradition des deutschen Lüftens – der Wunderwaffe gegen Corona-Aerosole – einen ganzen Artikel.
In der Pandemie setzen viele Menschen ihre Hoffnungen in einen Impfstoff gegen das Sars-CoV-2-Virus. Der Sommer hat uns dafür wertvolle Zeit verschafft. Pharmakonzerne arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung. Die Weltgesundheitsorganisation hat bisher rund 200 Impfstoffprojekte weltweit erfasst. Etwa ein Dutzend Impfstoff-Kandidaten befinden sich in Phase-III-Studien. In dieser Prüfphase wird an mehreren Tausend, oft Zehntausenden Probanden getestet, ob der Impfstoff wirksam und verträglich ist. In Deutschland sind laut Paul-Ehrlich-Institut vier sogenannte RNA-Impfstoffe und zwei Vektorimpfstoffe in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung.Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gibt derzeit die Prognose, dass Impfstoffe für erste Bevölkerungsgruppen in den ersten Monaten des nächsten Jahres, für die breite Masse der Bevölkerung allerdings vermutlich erst Mitte kommenden Jahres bereitstehen werden. Zunächst sollen Menschen mit Vorerkrankungen, ältere Menschen und Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Pflege zum Zuge kommen. Man setze auf mehrere Technologien und Hersteller, so Spahn am Montag. „Wenn alle Pferde ins Ziel kommen, werden wir viel zu viel Impfstoff haben.“
4. Homeoffice? Klappt doch mittlerweile super!
Auch nach vielen Monaten im Homeoffice ist es nicht immer einfach, am heimischen Schreibtisch zu arbeiten. Vor allem Väter und Mütter haben es schwer. Und doch sind wir in der Krise gewachsen: Wir wissen, wie sich ein Mikrofon in der Videokonferenz stumm stellen lässt. Meetings sind kürzer und produktiver geworden, die gewonnene Zeit wird besser genutzt. Auch die Trennung von Arbeit und Feierabend funktioniert jetzt klarer als im Frühjahr. Die Krankenkasse DAK hat in einer Befragung festgestellt, dass jeder dritte Arbeitnehmer zu Hause weniger Stress empfindet als im Büro. Viele haben das Homeoffice so lieb gewonnen, dass sie es nun fest in ihren Arbeitsalltag integrieren werden. Für sie heißt es ab jetzt: Endlich ist Schluss mit der täglichen Hatz ins Büro.
Wenn jemand das Wort mit dem C sagt, folgt meist eine schlechte Nachricht: Absagen, Verschärfungen, Sperren. Doch es gibt auch positive Konnotationen: Zum Beispiel Corona-Radwege, wie Pop-up-Radwege laut Wikipedia auch genannt werden. Sie sind Boten eines Wandels in vielen Städten. In der Berliner Friedrichstraße, eine der wichtigen Straße mitten in der Stadt, dürfen bis Januar nur Fahrräder fahren. In Köln hat das bislang zwar nicht funktioniert, aber die Grünen wollen an dem Thema dranbleiben. Dafür gibt es unzählige Leihräder, die immer selbstverständlicher dazugehören. Zum Beispiel die mit dem blauen Reifen von „Swapfiets“, die mittlerweile in vielen großen Städte auszuleihen sind. Es ist nicht mehr unbedingt notwendig, sich mit dem Auto durch die Innenstadt zu quälen.
6. Die Krise als Motor von Unternehmer-Kreativität
Nimmt die Krise Gründerinnen und Gründern den Wind aus den Segel? Keineswegs, hat die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) festgestellt: „Wir registrieren im Gegenteil einen Andrang von Gründungsinteressierten seit der Corona-Krise, und haben mehr Beratungsanfragen und Businesspläne auf dem Tisch als zuvor“, so Alexander Hoeckle, Geschäftsführer International und Unternehmensförderung. In den ersten neun Monaten des Jahres habe die IHK rund 50 Prozent mehr Beratungsgespräche mit gründungswilligen Menschen durchgeführt.Was für eine gute Nachricht: Die Menschen aus der Region trauen sich etwas, bauen sich neue Existenzen auf und schaffen damit auch noch künftige Arbeitsplätze für das Rheinland.Dass aus ihrer Idee etwas Großes entsteht, das über die Krise hinaus Bestand hat, hoffen auch Antonia Westerwinter und Massimo Futschik. Sie haben mit ihrer neuen Firma „Mouth Propaganda“ ein Verfahren für die Herstellung von Eis am Stiel mit personalisierten 3D-Formen entwickelt. So können sie Leckereien in Form von Logos oder Gesichtern herstellen. Und erste Unternehmen haben sie als Kunden schon an Land gezogen.
7. Wir können viel mehr testen als früher – und tun es auch
Die Corona-Krise war zwei Monate alt, als Deutschland diskutierte, ob die Fußball-Bundesliga wieder anlaufen soll, oder ob das nicht unnötig Testkapazitäten belegen würden. 10 000 Abstriche sollen nötig gewesen sein, um Spieler und Personal zu testen. Damals erschien das unglaublich viel, zumal Angehörige der kritische Infrastruktur teils darauf warten mussten.
Inzwischen leistet sich das Gesundheitssystem kostenlose Tests für für Reisende in oder aus Risikogebieten, weil die Kapazitäten es zulassen. Allein in Köln sind bis jetzt 350 000 Proben genommen worden – und durch die Gurgelmethode sind sie angenehmer. Für die Bekämpfung einer Pandemie – da sind sich die Experten einig – ist es entscheidend, Infizierte von Nicht-Infizierten zu trennen. Wenn nicht alle zu Hause bleiben, geht das am besten mit flächendeckenden Tests. Wenn die noch stärker erforscht werden und irgendwann Ergebnisse noch schneller kommen, können sie der Weg zurück ins fast normale Leben sein.
8. Mehr Behandlungs-Know-how hilft Erkrankten
Bei den ersten Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert waren, wussten die zuständigen Ärzte deutlich weniger darüber, wie eine effektive Behandlung aussehen sollte. Die Situation hat sich in den vergangenen Monaten insofern verbessert, als dass mehr Wissen darüber vorhanden ist, wie sich das Coronavirus wirksam bekämpfen lässt. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das antivirale Mittel Remdesivir ein. Dabei handelt es sich um das erste Medikament, das die EU-Kommission zumindest bedingt zur Behandlung der vom Virus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 zugelassen hat. „Remdesivir bekämpft das Virus direkt – es hat die beste Wirkung in der Frühphase einer Covid-19-Erkrankung“, sagt der Infektiologe Gerd Fätkenheuer von der Kölner Universitätsklinik.Bei Remdesivir handelt es sich eigentlich um ein Ebola-Medikament, das Experten für die Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von zwölf Jahren empfehlen. Die Patienten müssen laut der Zulassungsbeschränkung der EU-Kommission zudem an einer Lungenentzündung leiden und Sauerstoff benötigen. Remdesivir kann die Krankheitsdauer verkürzen und schwere Verläufe abmildern.Zur Behandlung wird außerdem der Entzündungshemmer Dexamethason eingesetzt, der besonders effektiv bei Patienten wirkt, die im Koma lagen und invasiv beatmet werden mussten. „Dexamethason dämpft die überschießende Immunreaktion, die durch das Coronavirus im Körper ausgelöst wird und die späteren Schäden etwa des Lungengewebes verursacht“, sagt Fätkenheuer.
9. Wir lesen wieder mehr
USA, Peru, Südamerika. Gerade keine gute Idee, dorthin zu reisen. Aber wie wäre es mit Anima, Phantásien oder Lummerland? Mit dem Mittelalter, Woodstock oder der DDR? „Gerade in dieser Zeit nehmen uns Bücher mit auf Reisen in andere Welten, Zeiten, Orte“, sagt Daniel Schnock von der Stiftung Lesen.
Es ist also eigentlich nicht verwunderlich, dass die Menschen wieder mehr lesen. Laut einer neuen Untersuchung der Marktforscher GfK greift jeder Fünfte seit Ausbruch der Pandemie häufiger zum Buch. Und das spiegelt sich – nach dem Einbruch aufgrund der Kontaktbeschränkungen im Frühjahr – auch in den Zahlen: Überall in Europa erholen die Buchmärkte sich laut GfK wieder. Auch in Deutschland erzielt die Branche seit Juni in jedem Monat ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahresmonat.Das Beste in dieser sowieso schon guten Nachricht: Vor allem bei den 10- bis 19-Jährigen werden die höchsten Zuwächse verzeichnet. „Eigentlich beobachten wir in dieser Altersgruppe einen Leseknick“, sagt Daniel Schnock. „Kinder und Jugendliche entdecken andere Medien und Freizeitaktivitäten, wenden sich vom Buch ab.“ Jugendliche läsen dann vermehrt Textnachrichten und kurze Beschreibungen. Gerade lange Texten würden sie aber fordern und die Konzentrationsfähigkeit stärken. Und vor allem: „Gute Geschichten helfen derzeit über öde und unerfreuliche Momente hinweg und geben Hoffnung“, so Daniel Schnock. Das gilt wohl für uns alle. Also: Wir lesen uns dann im Mittelalter!
10. Eine Milliarde Tonnen weniger CO2
Eine Milliarde Tonnen. Diese Zahl ist so groß, dass selbst Vergleiche sie kaum greifbar machen können: 166 666 666 Asiatische Elefanten, 781 250 000 Ford-Fiesta. So viel CO2-Emissionen wurden laut einer Studie im ersten Halbjahr 2020 weltweit eingespart – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Eine Milliarde Tonnen. Ein beispielloser Rückgang. Dennoch nicht genug. Das Klima profitiert kaum, dafür waren die nationalen Lockdowns, mit denen die Reduzierung nachweislich zusammenhänge, zu schnell vorbei. Der Effekt war nur vorübergehend. Die globale Wirtschaft stößt längst wieder aus und aus und aus. Und doch geben die Zahlen auch Hoffnung: Die Arbeit im Homeoffice verringerte den CO2-Ausstoß im Verkehr um 40 Prozent. Viele Menschen aber haben die Arbeit zu Hause schätzen gelernt, wollen auch nach der Pandemie so oft wie möglich auf den Weg ins Büro verzichten. Und das auch längerfristig.