Auf dem Bundesparteitag wurde Merz als Vorsitzender der CDU bestätigt. Die guten Werte der CDU können dennoch nicht über seine Schwächen hinwegtäuschen.
Kommentar zu Friedrich MerzDieser unspektakuläre Auftritt lässt nur einen Schluss zu
Friedrich Merz hat auf dem Parteitag der CDU ganz andere Töne angeschlagen – und das wohl sehr bewusst. Statt einer kontroversen Parteitagsrede hat der CDU-Chef versucht, mit einem staatsmännischen Beitrag die Delegierten zu überzeugen.
Der Sauerländer hat auf die Wahlniederlage 2021 zurückgeschaut, den Erneuerungsprozess der Partei gelobt und Freiheit als Leitmotiv für die CDU ausgemacht. Merz wollte so „Zuversicht und Mut“ aussenden, die Rede war allerdings länglich und teilweise farblos, weswegen die Stimmung im Saal zwischenzeitlich verhalten war. Wirklich gut kam bei den Delegierten Kritik an den Grünen, am Bürgergeld und an der in weiten Teilen rechtsextremen AfD an. Auch sein Lob für die Zusammenarbeit des Wirtschafts- und Sozialflügels und für die Wahlerfolge der Ministerpräsidenten sorgten für lauten Applaus.
Mit der vergleichsweisen moderaten und sehr kontrollierten Rede wollte Merz alle Parteiflügel einbeziehen. Im Vorgriff auf die Entscheidung der Kanzlerkandidatur möchte er Fehler vermeiden und die Reihen schließen. Er hat bei seinem Vorgänger Armin Laschet miterlebt, wie Parteimitglieder einen Kandidaten demontieren können, der nicht sonderlich beliebt ist. Merz wird nicht entgangen sein, dass besonders in den Ländern und im Sozialflügel die Begeisterung über seinen Kurs nicht groß ist. Selbst CDU-Ministerpräsidenten zweifeln, ob Merz ein guter Kanzler wäre.
Das Wiederwahlergebnis von 89,81 Prozent zeigt, dass die Delegierten bereit sind, für ihren Parteichef einzustehen. Obwohl eine Prozentzahl von klar über 90 Prozent einen deutlicheren Schub für Merz bedeutet hätte.
Es gehört aber auch zur Selbstdisziplin eines Parteitages, dem Parteichef ein ordentliches Ergebnis zu verpassen: Wenn sie Merz einen Monat vor der Europawahl stark geschwächt hätten, hätte das der gesamten CDU geschadet. Allerdings ist die Stimmung in der Partei ohnehin viel besser geworden. Nach der Wahlniederlage haben die Christdemokraten sich wieder berappelt. In den Umfragen ist sie doppelt so stark wie die SPD. Die inhaltliche Erneuerung ist erfolgreich. Die Partei hat nach 16 Jahren Regierungszeit, in der das eigene Programm verwässert wurde, wieder ein klareres Profil. Wenn morgen Bundestagswahl wäre, dann würde die CDU den Kanzler stellen.
„Die CDU ist wieder da“, sagt Merz. Die guten Bundeswerte für die CDU können aber nicht über Merz‘ Schwächen hinwegtäuschen. Seine persönlichen Werte bei Frauen und jungen Menschen sind katastrophal. Das besorgt sowohl seine Kritiker als auch sein Umfeld. Mit einem Interview seiner Frau Charlotte in einer großen Sonntagszeitung versuchte das Merz-Team, sein Image zurechtzurücken. Es ist zu bezweifeln, dass das erfolgreich sein wird. Nach so vielen Jahren haben sich viele Wählerinnen und Wähler ein Bild gemacht, das sich nur schwer verändern lässt.
Entgleisungen in den vergangenen zwei Jahren haben sein öffentliches Bild beeinflusst: Kinder von Migranten als Paschas zu bezeichnen oder Asylbewerber und Deutsche wegen Zahnarztterminen auseinanderzutreiben, ist eines Kanzlerkandidaten nicht würdig.
Zugegeben: Kommunikative Fehltritte wie diese sind ihm zuletzt nicht mehr passiert. Die SPD wird diese Ausschnitte aber in Dauerschleife bis zur nächsten Bundestagswahl zeigen. Wie geschlossen die CDU wirklich ist und wie sehr die CSU bei ihm steht, wird sich erst dann zeigen. CSU-Chef Markus Söder bleibt ein Unsicherheitsfaktor, weil er die eigene Kanzlerkandidatur wohl nie aufgeben wird. Insofern wäre es klug, wenn Merz nicht nur auf Parteitagen die unterschiedlichen Lager bediente, sondern auch darüber hinaus.