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Interview

Marco Buschmann
„Jeder Mensch hat das Recht auf dumme Vorschläge – auch Elon Musk“

Lesezeit 4 Minuten
Marco Buschmann, Generalsekretär der FDP

Marco Buschmann, Generalsekretär der FDP

Der FDP-Generalsekretär hofft für 2025 auf mehr Optimismus. Elon Musks Wahlempfehlung für die AfD bezeichnet Buschmann als nicht nachvollziehbar.

Herr Buschmann, Bundespräsident und Bundeskanzler haben den Zusammenhalt der Gesellschaft als Wunsch fürs neue Jahr formuliert, Grünen-Kanzlerkandidat Habeck den Erhalt der Demokratie. Was wünscht sich die FDP für 2025?

Der Wunsch nach Demokratie und Zusammenhalt sollte in einer liberalen Gesellschaft selbstverständlich sein. Entscheidend ist, was wir konkret dafür tun. Wir sehen, dass die Abstiegsängste in der Gesellschaft zunehmen und der soziale Zusammenhalt darunter leidet. Deshalb müssen wir wieder für mehr Optimismus in unserem Land sorgen. Dafür ist die wirtschaftliche Erneuerung zentral, gerade nach zwei Jahren Rezession. Denn daran hängen Arbeitsplätze, Wohlstand und der Kitt der Gesellschaft.

Marco Buschmann über Ampel-Aus: Weiter-So war keine Option

Dazu hätte die FDP in der Regierung beitragen können. Aber es wurde mit dem „D-Day-Papier“ der Ausstieg aus der Koalition geplant.

Alles zum Thema Elon Musk

Die Koalition ist an einem Grundsatzkonflikt in der Wirtschafts- und Finanzpolitik gescheitert und nicht am Unwillen der FDP. Das Land braucht dringend eine neue Politik für Wohlstand und Wachstum. Man könnte auch sagen: einen Agenda-Moment. Dazu waren SPD und Grüne nicht bereit. Ein einfaches Weiter-So war in der Lage, in der sich unser Land befindet, keine Option.

Die FDP verspricht höhere Entlastungen als die anderen Parteien, je nach Berechnung rund 140 bis 190 Milliarden Euro. Wie wollen Sie das finanzieren?

Unsere Vorschläge sind schrittweise finanzierbar und schrittweise sind sie auch bei der Umsetzung im Programm angelegt. Christian Lindner hatte als Finanzminister bereits milliardenschwere Einsparvorschläge vorgelegt. Weitere 25 Milliarden Klimasubventionen können eingespart werden, wenn wir auf kleinteilige Bürokratie verzichten auf den CO2-Preis als Instrument setzen. Wenn wir die anstehende Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst nutzen, um Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und zu automatisieren, ergeben sich weitere Einsparpotenziale durch einen schlanken und digitalen Staat. Zudem führen Entlastungen zu Wirtschaftswachstum. Das führt zu zusätzlichen Einnahmen des Staates. Verstetigt sich das Wachstum über die Jahre ergibt sich daraus eine Art Zinseszins-Effekt bei den Einnahmen. Der Staat muss effizienter haushalten und aus dem ausgabefreudigen Krisen-Modus herausgekommen.

Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt hat den Fokus auf die Sicherheitspolitik gelenkt. Reichen die Gesetze?

Nach allem, was wir derzeit wissen, gab es rund 80 Hinweise für die Gefährlichkeit des Täters, die unterschiedlichen Behörden vorlagen. Weiterhin wissen wir, dass es in diesem Fall an keiner Stelle an Befugnissen gemangelt hat. Daten oder Befugnisse scheinen also nicht das Problem gewesen zu sein. Vielmehr wurden die zahlreichen Informationen nicht zusammenführt. Der Flaschenhals war die fehlende Vernetzung der Behörden. Deshalb braucht es eine gesetzliche Grundlage für den Datenaustausch zwischen Bund und Ländern in gemeinsamen Zentren wie dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum. Das ist wichtiger als Ablenkungsdebatten über eine Vorratsdatenspeicherung. Klar ist, dass aufgearbeitet werden muss, warum das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt offenbar nicht umgesetzt wurde.

Elon Musk und die AfD

Die CSU will Flüchtlinge schon an der Grenze zurückweisen. Wie sehen Sie das?

Wir weisen heute schon an deutschen Grenzen zurück. Das ist ein wesentlicher Fortschritt, auf den die FDP gedrungen hat. Eine europa- und völkerrechtlich bedingte Ausnahme gilt jedoch für Asylbewerber. Politisch befürworte ich die Zurückweisung auch von Menschen, die an der deutschen Grenze um Asyl bitten, wenn sie aus einem anderen EU-Staat kommen. Denn dort sind sie sicher. Rechtlich haben deutsche Gerichte aber seit 2019 immer wieder entschieden, dass das nicht zulässig sei. In der Wissenschaft ist dies ebenfalls umstritten. Daher halte ich eine völker- und europarechtliche Änderung der Rechtslage für zwingend. Die EU mit ihrer gemeinsamen Asylpolitik sollte als einheitlicher Rechtsraum behandelt werden. Das heißt: An der Außengrenze kann man um Asyl bitten. Aber es gibt kein Recht, das an jeder EU-Binnengrenze erneut zu tun.

War es ein Fehler, dass FDP-Chef Christian Lindner auf den Tech-Milliardär Elon Musk als Vorbild gesetzt hat, der jetzt die AfD zur Wahl empfohlen hat?

Christian Lindner hat keinen Personenkult empfohlen und sich jede Meinungsäußerung zu eigen gemacht – erst recht nicht für die Zukunft. Er hat verdeutlicht, dass wir offen sein sollten für funktionierende, pragmatische Ansätze aus der ganzen Welt. Denn nicht nur in Deutschland haben Menschen gute Ideen. Jeder Mensch hat umgekehrt das Recht, auch dumme Vorschläge zu machen. Das gilt auch für Elon Musk. Er hat nur nicht das Recht, dass andere dann dazu schweigen. Das ist die Basis einer offenen Gesellschaft.

Sind Sie schockiert über Musks Empfehlung?

Seine Einlassungen sind für mich nicht nachvollziehbar. Denn das, was Musk im Kern fordert – wirtschaftliche Dynamik und Innovationskraft stärken – hat mit dem Programm der AfD nichts zu tun. Wer Marktwirtschaft, Freihandel und Innovationsgeist stärken will, kann nicht rational zur Wahl der AfD aufrufen.