- Am Mittwoch beginnt die Schule in NRW wieder. Alle Schüler müssten dann Maske tragen – bis auf die Grundschüler auch im Klassenzimmer.
- Das stellt eine enorme Belastung dar. Ist das wirklich alles, was der Landesregierung einfällt?
- Ein Kommentar zum Umgang der Verantwortlichen mit Schülern, Lehrenden und Familien.
Mit dem Beginn des neuen Schuljahres wird es für Schüler und Lehrer anstrengend: Präsenzunterricht nach Plan, das Ganze aber mit einer Maske, die über Stunden nicht abgenommen werden darf. Bei Sommerhitze in oft ohnehin schon stickigen Räumen. Da dürfte die Konzentration schwer fallen, ganz zu schweigen von Kommunikationsproblemen wegen undeutlicher Aussprache oder nicht sichtbarer Mimik. Klar, 32 Schüler mit Maske in einem kleinen Raum sind besser als 32 Schüler ohne Maske. Das wäre ein überhaupt nicht zu verantwortendes Gesundheitsrisiko. Aber ist das wirklich alles, was der NRW-Landesregierung nach inzwischen über vier Monaten Corona-Krise einfällt?
Ja, vielleicht hätte man den Lehrern tatsächlich einen Teil der Sommerferien streichen müssen, um sie digital zu schulen und einheitliche Systeme einzuführen, wenn das früher nicht machbar gewesen sein sollte. Dann hätte man ihnen dies aber auch rechtzeitig und verbunden mit einem stichhaltigen Konzept vermitteln müssen. Es hätte die Möglichkeit bestanden, für alle Schüler beispielsweise mit einem zweigleisigen System von Präsenz- und digitalem Unterricht zu starten. Das hätte ermöglicht, Klassen zu verkleinern, Abstände zu wahren und das Infektionsrisiko auch im Unterricht zu senken. Ganz generell wären kreative Lösungen gefragt. Wer sagt denn, dass jeder Schüler jeden Tag Vollzeit im Präsenzunterricht sitzen muss?
Beim Stichwort Digitalisierung rollen sich vielen Beteiligten inzwischen die Zehennägel hoch. Man fragt sich, wie es sein, kann, dass im Bildungsapparat nicht möglich sein soll, was jedes Unternehmen in den letzten Monaten auf die Beine gestellt hat. Jede Schule kocht ihr eigenes Süppchen, was Lernplattformen und Geräte-Anschaffung angeht. Dringend wären hier verbindliche Ansagen und Anleitungen von oben nötig – auch im Sinne der Lehrer.
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Eigentlich wollte die Landesregierung auch zusätzliche Lehrkräfte gewinnen. Bisher warten Kölner Schulen vergeblich darauf. Es hätte auch geprüft werden können, ob nicht Lehramtsstudierende unbürokratisch Aufgaben übernehmen. Wäre es nicht auch möglich gewesen, zusätzliche Räumlichkeiten zu schaffen und provisorisch für den Unterricht auszustatten? Und von flächendeckenden Tests für alle Schüler in kurzen Intervallen, die nach Ferienende besonders wichtig wären, ist bei der Pressekonferenz von Yvonne Gebauer am Montag auch nicht viel zu hören.
NRW-Regierung stiehlt sich aus der Verantwortung
Ja, bei einigen dieser Maßnahmen hätte es sich um Provisorien gehandelt, aber es wäre allemal besser gewesen, als 12-Jährige sieben oder acht Stunden zur Maske zur verdonnern. Viel „hätte“ und „wäre“, aber wenig Plan, so erscheint es vielen Eltern in dieser anstrengenden Zeit. Ein Ausbau des Präsenzunterrichts ist für viele Schüler und ihre Familien nicht nur bildungspolitisch, sondern auch aus sozialen und psychologischen Gründen dringend notwendig. Aber auf diese Weise? Als sich die Ministerin am Dienstag erneut zu Wort meldet, wird deutlich, wo sie die Bringschuld sieht: Nicht etwa bei den Behörden, sondern bei den Schülern. Denn jetzt ist von „Schulverweisen“ bei Missachtung der Maskenpflicht die Rede.
Wenn die Masken aus besonderen pädagogischen Gründen dann doch abgenommen werden dürfen, geschieht dies in alleiniger Verantwortung des Lehrenden. Auch kein angenehmes Gefühl in einem vollen Klassenraum. Apropos Verantwortung: Aus dieser hat sich die Landesregierung mit dieser strengen, aber für sie „billigen“ Lösung gestohlen. Ein Konzept gibt es nach wie vor nicht. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Armin Laschet bei seinem Lockerungskurs hektisch zurückrudert, jetzt, da die Zahlen wieder steigen.