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CDU-General Ziemiak warntKommen jetzt Assads Folterknechte als Asylbewerber nach NRW?

Lesezeit 3 Minuten
Blick in ein Vier-Bett-Zimmer in einer Unterbringungseinrichtung für Asylsuchende in einem ehemaligen Hotel.

Durch die unklare Lage in Syrien rechnen deutsche Sicherheitsbehörden weiter mit Flüchtenden aus dem Land.

Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Flüchtlingen sind derzeit ausgesetzt. Wie NRW-Politiker auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte schauen.

Der Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak, warnt davor, dass unter neu ankommenden Flüchtlingen aus Syrien auch Folterknechte des Assad-Regimes sein könnten. „Es ist nicht auszuschließen, dass diese selbst für schlimmste Verbrechen verantwortlich sind“, sagte der Bundestagsabgeordnete aus Iserlohn dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Sicherheitsexperten würden davor warnen, „zu naiv mit einigen zu sein, die in den nächsten Wochen aus Syrien nach Deutschland kommen werden“, so Ziemiak. Die Lage in Syrien sei „volatil“, berge aber eine Chance für den Aufbau eines stabilen Landes. „In den nächsten Tagen und Wochen wird sich entscheiden, ob die syrische Bevölkerung eine selbstbestimmte Zukunft haben wird oder ob es in zu einem neuen Bürgerkrieg kommt“, erklärte Ziemiak.

Benjamin Rauer: „Das Grundrecht auf Asyl gilt“

Die in NRW mitregierenden Grünen bleiben bei der Lagebeurteilung vorsichtig. Benjamin Rauer, Sprecher für Flucht, sagte unserer Zeitung, die Situation in Syrien sei hochkomplex und unübersichtlich. „Die Anführer des Sturzes von Assad sind Islamisten, die sich gerade moderat geben. Wie sich das auf eine künftige Regierungsbildung auswirkt, ist zurzeit nicht abzusehen.“ Überstürzte Rufe nach einem Aufnahmestopp von Geflüchteten aus Syrien seien „vor dem Hintergrund der unbeständigen Lage zynisch“, so der Grüne: „Das Grundrecht auf Asyl gilt.“

Menschen inspizieren Dokumente, die sie im berüchtigten Saydnaya-Militärgefängnis nördlich von Damaskus gefunden haben. Tausende von Insassen sind nach dem Sturz des Regimes von Bashar al-Assad durch die Rebellen am Sonntag freigelassen worden waren.

Menschen inspizieren Dokumente, die sie im berüchtigten Saydnaya-Militärgefängnis nördlich von Damaskus gefunden haben. Tausende von Insassen sind nach dem Sturz des Regimes von Bashar al-Assad durch die Rebellen am Sonntag freigelassen worden waren.

Die SPD im Landtag erklärte, man freue sich mit den Syrern in NRW ausdrücklich über den Sturz von Assad. „Wir müssen jetzt alles daransetzen, dass diese Freude auch langfristig hält“, sagte Vize-Fraktionschefin Lisa-Kristin Kapteinat unserer Zeitung. In dieser Situation sofort von einem Aufnahmestopp oder von Rückführungen zu sprechen, sei falsch. „Ich appelliere an uns alle, in dieser Lage keine voreiligen Schlüsse zu ziehen“, so Kapteinat.

Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion NRW, erklärte, es sei Teil der deutschen und europäischen Verantwortung, Syrien bei der Stabilisierung und dem Wiederaufbau zu unterstützen. Assad würden zahlreiche Kriegsverbrechen vorgeworfen, unter anderem der Einsatz von Giftgas: „Hier gilt es, auch mit internationaler Unterstützung aufzuklären“, sagte Höne.

Aus Syrien kamen in diesem Jahr die meisten Asylsuchenden nach NRW

Sascha Wagner, Landesprecher der Linken in NRW, sieht die Lage insbesondere für ethnische und religiöse Minderheiten wie die Kurden und Christen im Land kritisch. „Viele Kurden fürchten Gräueltaten durch die dschihadistische Allianz unter der Führung von Hayat Tahrir al-Sham und fliehen in Angst vor Verfolgung“, sagte Wagner. Die gesamte Bevölkerung sei zunehmender Unsicherheit, Gewalt und Versorgungsengpässen ausgesetzt.

Syrien steht vor Afghanistan weiterhin auf Platz eins der Herkunftsländer von Asylbewerbern in NRW. Die Schutzquote lag im Oktober 2024 bei 83,9 Prozent. In NRW wurden im Laufe des Jahres bislang mehr als 40.100 Asylanträge gestellt. Die Auslastung der Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes liegt bei 73 Prozent.