Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens hat rund 720 Steuerbetrugsfälle mit Bezug zu Corona-Testzentren aufgedeckt. Auch in Köln hat es Betrugsfälle gegeben.
Corona-TestzentrenNRW-Fahnder ermitteln Steuerbetrug in Höhe von 106 Millionen Euro

Die Schäden wegen Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit angeblichen Corona-Testzentren liegen in NRW im dreistelligen Millionenbereich.
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Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens hat rund 720 Steuerbetrugsfälle mit Bezug zu Corona-Testzentren aufgedeckt. Ihre Ermittlungen hätten dem Land ein steuerliches Mehrergebnis von rund 106 Millionen Euro eingebracht, teilte das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) mit.
Ein Schwerpunkt bei den Betrugsermittlungen habe im Ruhrgebiet gelegen, wo die Steuerfahndung mit der Sicherheitskooperation Ruhr zusammenarbeitet. Dies ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Behörden von der Kommune über die Polizei bis zum Zoll, der sich vor allem mit der Bekämpfung organisierter Clankriminalität beschäftigt. Allein in Bochum und Essen wurden weit mehr als 500 Fälle von Betrug mit einem Steuerschaden von über 70 Millionen Euro ermittelt.
Testzentren wurden beim Finanzamt erst gar nicht angemeldet
Die Tatbegehung variierte. In manchen Fällen hatten Unternehmer Corona-Testzentren gegründet und innerhalb kürzester Zeit sechsstellige Summen erwirtschaftet, ohne dass der Betrieb der Finanzverwaltung auch nur angezeigt wurde. „Die Verlockung, in der dynamischen Lage der Pandemie schnelles Geld zu machen, war für Steuerbetrüger groß“, sagt Stephanie Thien, Leiterin des Landesamtes: „Aber eine solche Krise auszunutzen, um sich am Geld der Gemeinschaft zu bedienen, ist alles andere als ein Kavaliersdelikt.“
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Auch im Raum Köln hat es zahlreiche Betrugsfälle mit Corona-Testzentren gegeben. Die Steuerfahndung des Landes ermittelte einen Steuerschaden von mehr als 10 Millionen Euro. Dazu kamen noch zahlreiche Fälle mit Abrechnungsbetrug. Angebliche Testungen also, die in Wirklichkeit nie durchgeführt wurden. Im Juni vergangenen Jahres beispielsweise verurteilte das Landgericht Köln einen 39-jährigen Mann wegen gewerbsmäßigen Betrugs mit Corona-Tests zu fünfeinhalb Jahren Haft. Er hatte während der Pandemie massenhaft nicht durchgeführte Corona-Tests vorgetäuscht.
Ein Schwerpunkt der Ermittlungen lag im Ruhrgebiet
Den finanziellen Schaden für den Steuerzahler bezifferte das Gericht mit knapp 5,8 Millionen Euro. In der Anklage war ursprünglich von 19 Millionen Euro die Rede. Laut Urteil betrieb der Angeklagte von März 2021 bis Mai 2023 ein Netz von Corona-Testzentren in Köln, Euskirchen, im Rhein-Erft-Kreis und im Rhein-Kreis Neuss. Noch dreister gingen die beiden Angeklagten vor, die im Dezember 2023 zu Haftstrafen in Höhe von sieben Jahren und drei Monaten beziehungsweise sechs Jahren verurteilt wurden.
Mit einem gefälschten Schreiben gelangten die Täter an die Zugangsdaten für das Online-Portal der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Dort meldeten sie ab Februar 2022 acht Corona-Testzentren in Köln und eines in Langenfeld an, die allerdings nie eröffnet wurden. In wenigen Monaten sollen 1,9 Millionen Testungen für etwa 21,5 Millionen Euro über das Portal abgerechnet worden sein. Weil es in einigen Fällen wegen Auszahlungssperren beim Versuch des Betrugs blieb, belief sich die erschlichene Summe, die in der Anklage genannt wurde, auf rund 16,6 Millionen Euro.
Zusammenarbeit von Steuerfahndung und nordrhein-westfälischen Gesundheitsämtern
Nicht nur wegen „des erheblichen Steuermehrergebnisses“ seien die Ermittlungen gegen Testzentrumsbetrüger ein Erfolg, betont der nordrhein-westfälische Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU): „Im Falle des massiven landesweiten Betrugs mit Corona-Testzentren hat etwa die Kooperation zwischen Steuerfahndung und kommunalen Gesundheitsbehörden effektiv funktioniert.“ Diesen Weg der „vernetzten Kriminalitätsbekämpfung“ würden die nordrhein-westfälischen Finanzbehörden „stringent weiter“ gehen.
„Unser kriminelles Gegenüber ist allzeit bereit, jedes sich öffnende Schlupfloch für seine Betrügereien zu nutzen“, betonte Optendrenk: „Der Rechtsstaat muss hier wachsam bleiben und von allen Seiten hinschauen.“ Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität bündelt seit Januar die gesamte nordrhein-westfälische Steuerfahndung. Dort beschäftigen sich rund 1200 Expertinnen und Experten mit Steuerbetrug, Geldwäsche und Cybercrime. Es ist die bisher erste Landesbehörde dieser Art in der Bundesrepublik.