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Nachfolger von Anne BrorhilkerDieser Kölner Staatsanwalt wird neuer Cum-Ex-Chefermittler

Lesezeit 3 Minuten
Ein Schild mit der Aufschrift: „Staatsanwaltschaft Köln“ steht vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft Köln.

Mehr als 30 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ermitteln in Köln zu Cum-Ex-Betrugsfällen.

Die bisherige Leiterin Anne Brorhilker hatte ihren Job lautstark hingeschmissen. Keine zwei Wochen später ist ihre Nachfolge geregelt.

Oberstaatsanwalt Tim Engel wird neuer Hauptabteilungsleiter der Cum-Ex-Abteilung der Kölner Staatsanwaltschaft – und damit Nachfolger der bisherigen Chef-Ermittlerin Anne Brorhilker. Die Juristin galt bis zuletzt als ärgste Kämpferin gegen die Steuerbetrugsmasche Cum-Ex, bei der Steuern erstattet wurden, die nie gezahlt worden waren, und die die deutschen Steuerzahler geschätzt mehr als zwölf Milliarden Euro gekostet haben soll.

In rund 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde in Köln unter Brorhilkers Führung gegen 1700 Beschuldigte ermittelt, die Staatsanwaltschaft ist bundesweit federführend bei der Aufarbeitung des Skandals, der als größter Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik gilt. Vor knapp zwei Wochen jedoch warf sie hin, bat um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und gab ihren Wechsel zur „Bürgerbewegung Finanzwende“ bekannt.

Minister Benjamin Limbach: Abschied von Anne Brorhilker ein Verlust

„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ So fasste Brorhilker in einem Interview mit dem WDR zusammen, was ihr bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität in Deutschland aufstoße. Die Politik reagiere nicht angemessen auf den Cum-Ex-Steuerdiebstahl, Nachfolgemodelle gebe es zuhauf, die Kontrollen von Banken und der Aktienmärkte finde nicht statt, es gebe zu wenig Personal in der Strafverfolgung.

Oberstaatsanwalt Tim Engel leitet ab 3. Juni 2024 die Hauptabteilung H (Cum-Ex-Abteilung) der Staatsanwaltschaft Köln – als Nachfolger von Anne Brorhilker.

Oberstaatsanwalt Tim Engel leitet ab 3. Juni 2024 die Hauptabteilung H (Cum-Ex-Abteilung) der Staatsanwaltschaft Köln – als Nachfolger von Anne Brorhilker.

Im Rechtsausschuss des NRW-Landtags bekräftigte Justizminister Benjamin Limbach am Freitag, dass der Abschied Brorhilkers „für die Justiz ein Verlust“ sei: Sie sei „jemand, der sich hervorragende Verdienste erworben hat, in der Aufklärung dieses gigantischen, womöglich einmaligen Steuerbetrugs“, führte der Grünen-Politiker aus. Der Jobwechsel sei aber die Freiheit eines jeden Einzelnen und damit auch die eines Staatsanwalts.

Für die Cum-Ex-Ermittlungen sei ihr Abgang bedauerlich, so Limbach, doch noch immer arbeiteten „über 30 hervorragende Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. So sehr Frau Brorhilker dafür steht, weil sie dieses Thema groß gemacht hat, viel Arbeit reingesteckt hat, eine wahnsinnige Leistung gezeigt hat, ist es aber auch eine Leistung derjenigen, die in der Hauptabteilung arbeiten“.

Schon jetzt sehe er die Cum-Ex-Abteilung gut aufgestellt, sagte Limbach, der sich über die schnelle Entscheidung über die Nachfolge an deren Spitze freute. Es sei ein Glück und „ehrenhaft“ von Anne Brorhilker, dass sie Tim Engel im Mai einarbeiten könne, bevor sie Ende des Monats den Wechsel vollzieht.

Tim Engel soll die Hauptabteilung H, wie sie im Organigramm der Kölner Staatsanwaltschaft genannt wird, ab dem 3. Juni leiten. Der Oberstaatsanwalt ist erst seit März 2023 bei der Staatsanwaltschaft Köln und leitet dort bislang die Abteilung der allgemeinen Wirtschaftskriminalität. Mit dem Themenkomplex „Cum-Ex“ hab Engel sich bereits intensiv beschäftigt, sagte Justizminister Limbach im Ausschuss, und zwar während einer Abordnung ins NRW-Justizministerium von Januar 2020 bis Februar 2023. Dort leitete Engel zuletzt das Referat für Wirtschaftsstrafrecht, Organisierte Kriminalität, Betäubungsmittelstrafrecht und Cybercrime. Ursprünglich war der 50-jährige Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Essen und der Generalstaatsanwaltschaft Hamm tätig.

Justizminister Benjamin Limbach wies im Rechtsausschuss den Vorwurf der Opposition zurück, Brorhilker sei nicht ausreichend unterstützt worden. Mit vier zusätzlichen Dezernenten-Stellen für Staatsanwälte sei ihrem Wunsch nach mehr Personal voll entsprochen worden. Die Stellen seien sogar noch schneller besetzt worden als zugesagt. Dabei hatte sich Brorhilker im vergangenen Jahr im Streit mit Limbach durchgesetzt: Der Grünen-Politiker wollte die Cum-Ex-Abteilung aufspalten und Brorhilker eine weitere Leitung zur Seite stellen. Kritiker betrachteten die Pläne als Entmachtung der Ermittlerin. Limbach zog sie schließlich zurück und stockte das Personal auf.