Reiche Ausländer sollen gegen hohe Summen nach Deutschland geschleust worden sein. Jetzt debattierte der Landtag in Düsseldorf über den Fall.
Aufenthaltsgenehmigungen verkauftNach Schleuser-Razzia: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 170 Personen
Nach der Aufdeckung einer Schleuserbande mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen laufen Ermittlungsverfahren gegen 170 Beschuldigte. Das teilte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Donnerstag im Plenum des Landtages mit. Es gehe dabei um den Verdacht des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern.
Bezahlung in sechsstelliger Höhe
„An der Bande sollen sich unter anderem Rechtsanwälte, eine Rechtsanwältin und ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes beteiligt haben“, sagte Limbach. Die Beschuldigten sollen reiche Drittstaatsangehörige, die meisten von ihnen Chinesen, „gegen Bezahlung in überwiegend sechsstelliger Höhe zur Einreise und zum dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verholfen zu haben“.
Die Ermittlungen dauern an, bis zum Ende des Verfahrens gelte die Unschuldsvermutung, betonte Limbach. Eine abschließende Bewertung und „gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen für eine wirksame Bekämpfung von Korruption“ könne die Landesregierung erst nach Abschluss der Ermittlungen treffen.
Hochrangiger Mitarbeiter der Dürener Kreisverwaltung festgenommen
Unter den mutmaßlichen Mitgliedern der Schleuserbande ist auch der frühere SPD-Geschäftsführer der Unterbezirke Heinsberg und Euskirchen, Jens Bröker. Bröker arbeitete zuletzt in der Kreisverwaltung Düren, wurde im Zuge der Razzia festgenommen und sitzt nun in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird unter anderem wegen Bestechung ermittelt. In den letzten Jahren hatte Bröker keine Parteiämter mehr inne. „Die SPD im Kreis Düren ist schockiert von den schwerwiegenden Vorwürfen, die im Raum stehen“, schreibt die Partei auf Anfrage. „Wir erwarten, dass Jens Bröker unverzüglich und in vollem Umfang mit den Ermittlungsbehörden kooperiert. Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, hat Jens Bröker nichts mehr in den Reihen der Sozialdemokratie verloren.“
Von den Razzien waren offenbar auch zwei CDU-Politiker aus dem Rhein-Erft-Kreis betroffen. Die Hotelgesellschaft der Villa Sophienhöhe geriet ins Visier der Ermittler, Mitgeschäftsführer dieser Gesellschaft ist Werner Stump. Dieser war von von 1999 bis 2013 Landrat des Rhein-Erft-Kreises. Die NRW-CDU teilt auf Anfrage mit, sie könne sich „zu laufenden Ermittlungen beziehungsweise Gerüchten nicht äußern“. Offizielle Informationen liege ihnen nicht vor.
Anwälte besorgten reichen Ausländern für bis zu 360.000 Euro eine Aufenthaltsgenehmigung
Die Aktuelle Stunde im Landtag zur Schleuserkriminalität hatte die AfD beantragt. Das Thema Korruption, gerade auf kommunaler Ebene, habe Deutschland „in einem nie dagewesenen Ausmaß“ im Würgegriff, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Enxhi Seli-Zacharias. „Wir sehen, dass dieser Staat seit Jahren erfolgreich an ganz vielen Stellen delegitimiert wird.“
„Dass der Rechtsstaat bei der Aufdeckung dieser Schleusernetzwerke funktioniert, zeigen doch diese Ergebnisse“, erwiderte Dietmar Panske. An Seli-Zacharias Stelle hätte er sich diesen Beitrag gespart, sagt der CDU-Politiker. Schließlich sei erst am Dienstag ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah für die Europawahl verhaftet worden, weil er für Peking spioniert haben soll. Krahs Nummer zwei, dem Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, wird vorgeworfen, Bestechungsgelder aus Russland angenommen zu haben. „Sorgen Sie doch mal für Klarheit und Transparenz bei der Korruption in Ihrem eigenen Laden“, so Panske.
Marc Lürbke (FDP) forderte Limbach auf, dem personellen Notstand bei den Staatsanwaltschaften entgegenzusteuern. „Denn Korruption, organisierte Kriminalität bekämpft man eben nicht im Vorbeigehen“, sagte Lürbke. „Wir brauchen einen konstant hohen Ermittlungsdruck. Und wir haben aktuell rund 250.000 nicht erledigte Straf- oder Ermittlungsverfahren. Uns fehlen Staatsanwälte.“ Auch viele Ausländerbehörden würden „auf der letzten Rille fahren“. „Die Überlastung darf hier nicht zu Nachlässigkeiten führen.“
Am 17. und 18. April durchsuchten mehr als 1000 Einsatzkräfte von Bundespolizei und Staatsanwaltschaft mehr als 200 Wohnungen in acht Bundesländern, die meisten davon in NRW. Mit der Großrazzia zerschlugen die Beamten einen Schleuser-Ring, der reichen Menschen aus China, Südafrika, Indien, Oman und weiteren arabischen Ländern für bis zu 360.000 Euro eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland beschaffte und auch den deutschen Pass in Aussicht stellte. Zehn Personen wurden verhaftet, eine weitere befindet sich noch auf der Flucht. Kopf der Bande sollen zwei Rechtsanwälte aus dem Kölner Raum gewesen sein.