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ErpressungsversuchGegen die frühere Krankenschwester von Michael Schumacher wird nun doch ermittelt

Lesezeit 3 Minuten
Michael Schumacher ist im Porträt zu sehen.

Michael Schumacher im Jahr 2013. Der Prozess um den Erpressungsversuch an der Familie des früheren Formel-1-Weltmeisters geht dem Ende entgegen.

Überraschende Wende: Eine zunächst entlastete frühere Krankenschwester steht nun doch unter Verdacht.

Der Prozess vor dem Wuppertaler Schöffengericht um die Erpressung der Familie des mehrfachen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher kommt zum Ende. Womöglich, so hatte die Vorsitzende Richterin am vergangenen Verhandlungstag verlauten lassen, könnte am Mittwoch das Urteil gegen die drei Angeklagten ergehen – ein schneller Abschluss schon nach vier Sitzungstagen in einem Verfahren, das großes öffentliches Interesse findet.

Schließlich geht es um ein Riesenkonvolut gestohlener Videos, Fotos und andere Dateien, die den Gesundheitszustand der ehemaligen Rennfahrer-Ikone nach dem schweren Skiunglück im Jahr 2013 dokumentieren sollten. 15 Millionen Euro sollen die Erpresser bei der Familie Schumacher aufgerufen haben. Andernfalls, so die Drohung am Telefon, lande das Material im Darknet.

Seit dem Unfall auf der Ski-Piste halten die Angehörigen und Ehefrau Corinna Schumacher Details zum Befinden des siebenfachen WM-Titelträgers unter Verschluss. Nach den Erpresseranrufen schaltete die Familie umgehend die Schweizer Polizei ein. Gemeinsam mit deutschen Ermittlern kam man bald auf die Spur der nun Angeklagten.

Als Drahtzieher soll ein ehemaliger Sicherheitsmitarbeiter auf dem Schweizer Anwesen der Schumachers agiert haben. Markus F., der im niederrheinischen Wülfrath verhaftet wurde, soll einem Kumpel aus Türsteherzeiten in Konstanz das gestohlene Material mit 900 Bild- und 583 Videodateien übergeben haben. Die zwei Festplatten und vier Sticks enthielten auch Krankenakten sowie Medikamentenpläne des prominenten Patienten.

Eine Szene aus dem Gericht: Der Hauptangeklagte spricht im Gerichtssaal mit seinem Verteidiger, während vorne ein Angeklagter mit seinem Verteidiger Hartmut Moyzio spricht. Die Tatverdächtigen sind verpixelt.

Beim Prozessauftakt in Wuppertal hatte der mutmaßliche Haupttäter (hinten im Bild) gestanden, er habe von einem Mitangeklagten Festplatten mit Bild- und Videomaterial der Schumachers bekommen.

Der türkische Türsteher Yilmaz T., 53, aus Wuppertal versuchte dann laut Anklage, die Familie Schumacher zu erpressen. Sein Sohn soll ihm dabei geholfen haben, einen nicht verfolgbaren E-Mail-Account einzurichten, über den der Angeklagte Beweismaterial an die Schumachers versandte.

Im Prozess legte der vielfach vorbestrafte Mann ein Geständnis ab. Dabei belastete Yilmaz T. auch den mutmaßlichen Drahtzieher aus Wülfrath. Letzterer soll ihm das Material gegeben haben, um die Schumacher-Familie zu erpressen. Später sollte der Gewinn geteilt werden.

Krankenpflegerin nun doch verdächtig

Bereits zum Prozessauftakt berichtete T., dass eine Krankenpflegerin der Schumachers in den Datendiebstahl verwickelt sein soll. Die Französin soll den Coup mit dem Drahtzieher aus Wülfrath, der unter anderem für IT-Dienstleistungen auf dem Schumi-Areal zuständig war, durchgezogen haben. 2020 wurde Marina L. (Name geändert) wegen Unregelmäßigkeiten aus den Diensten der Familie entlassen.

Was irritiert: Die Staatsanwaltschaft hatte noch in der Anklage die belastenden Aussagen des mutmaßlichen Erpressers gegen die Pflegerin als Lüge deklariert. Inzwischen aber hat sich das geändert. „Im Ermittlungsverfahren hatte der Angeklagte nur vage Angaben gemacht“, erklärte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. „Nach den Aussagen im Prozess wurde ein Verfahren gegen die Frau wegen versuchter Erpressung eingeleitet.“

Dazu hatte auch die Vernehmung der Schumacher-Managerin Sabine Kehm beigetragen. Nach dem ersten Erpresser-Anruf habe man die Krankenschwester verdächtigt, der man wegen ihrer schwachen Pflegeleistung gekündigt hatte. „Wir haben da unschöne Dinge gesehen“, ließ sie im Zeugenstand wissen.

Eigentlich sollte die ehemalige Pflegekraft ebenfalls im Prozess aussagen. Doch Marina L. kam der Vorladung nicht nach. In der Schweiz scheint sie untergetaucht zu sein. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal nach Informationen dieser Zeitung ein Rechtshilfeersuchen an die eidgenössischen Kollegen übermittelt. Demnach sollen die Schweizer Behörden das Verfahren gegen die Krankenpflegerin übernehmen und ihren Aufenthalt feststellen.