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Debatte um Musk und TrumpNRW-Ministerien ziehen sich heimlich bei X zurück

Lesezeit 3 Minuten
Oliver KRISCHER, Buendnis 90/die Gruenen, Minister fuer Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, ist mit Handy in der Hand im Landtag zu sehen.

Wie halten es NRW-Politiker mit X? Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) positioniert sich klar zur Entwicklung der Social-Media-Plattform.

Auch im Politbetrieb ist der Ärger über das Netzwerk von Elon Musk zu hören – viele Accounts bleiben ruhig.

Mit dem Start der neuen Trump-Administration wird es bei vielen NRW-Ministern und ihren Ministerien deutlich ruhiger bei der Plattform X (früher Twitter). X gehört Trumps Vertrautem Elon Musk – und Teile der Regierung haben keine Lust mehr auf das Soziale Netzwerk. Manche Ressorts ziehen sich diskret zurück, ein Minister spricht Klartext.

Hintergrund: In den vergangenen Wochen haben sich immer mehr Vereine, Institutionen oder Hochschulen bei X zurückgezogen. Die Stadt Bochum kündigte zum Beispiel am Tag nach dem Talk von Musk und AfD-Chefin Alice Weidel bei X an, den Account dort zu löschen. Sämtliche Ministerien und die Staatskanzlei sind aber noch bei X. Die Betonung liegt auf „noch“.

Im Hintergrund gibt es ein hörbares Grummeln in vielen Regierungsstellen. Manche Ministerien würden dem Vernehmen nach am liebsten auch bei X aussteigen. Dürfen sie aber nicht. Offiziell teilte die Staatskanzlei dazu auf Anfrage mit: „Um Bürgerinnen und Bürger sowie alle weiteren Interessensgruppen der Landespolitik umfassend und zielgruppengerecht zu informieren, wird die Landesregierung ihre Aktivitäten auf X zunächst fortsetzen.“

NRW-Gesundheitsministerium: „Frohe Weihnachten“

Die Staatskanzlei und die Ministerien seien „darüber kontinuierlich in Austausch.“ Bei diesem Austausch kam man nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu dem Konsens, dass sich Ministerien in eigener Verantwortung ohne großes Tamtam von X zurückziehen können - indem sie weniger oder gar nichts mehr posten. Manche machen das ohnehin schon.

So meldete sich das Gesundheitsministerium letztmalig an Heiligabend via X („Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch“). Der letzte Eintrag des Flüchtlingsministeriums ist vom 13. Dezember. Davor lagen zwischen den Postings bereits meist mehrere Wochen.

Auch beim Wissenschaftsministerium ist seit Mitte Dezember bei X nichts mehr passiert. Das passt zur Politik vieler Hochschulen im Land, die der Plattform den Rücken gekehrt haben. Noch deutlicher wird die X-Abstinenz im persönlichen Account von Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU): Ihr Profil zeigt ein altes Foto, sie hat null Beiträge veröffentlicht und folgt auch gerade mal 26 Accounts.

Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat laut einer Sprecherin ihre Aktivitäten bei X „reduziert“. Und: „Mit großer Sorge nimmt sie wahr, das auf X zunehmend Falschnachrichten, rechtsextreme Inhalte und Hass-Nachrichten gepostet werden.“ Auch Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hat seinen persönlichen Account laut einem Sprecher „seit geraumer Zeit nicht mehr bespielt“.

Neubaur noch viel bei X unterwegs

Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) ist dagegen mit ihrem Namens-Profil noch viel bei X unterwegs, Finanzminister Marcus Optendrenk auch. Beide haben bei weitem nicht so viele X-Fans wie Umweltminister Oliver Krischer (Grüne), der fast 22.000 Follower zählt (der Account seines Ministeriums hat nur 5700 Follower). Krischer geht mit der Plattform dennoch hart ins Gericht: „Ich habe meine Aktivitäten bei X deutlich reduziert. Natürlich können wir alle nur mit großer Sorge wahrnehmen, was Elon Musk aus Twitter gemacht hat und wie X inzwischen mit rechtsextremen Inhalten, Hass und Falschnachrichten geflutet wird“, so Krischer zum „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Politiker ergänzt: „Wenn Plattformen mit Reichweiten wie X eine solche Entwicklung nehmen, ist das ein Problem für den demokratischen Diskurs.“ Die Ministerien suchen sich neue Kanäle. Vor allem bei Instagram sind fast alle Ministerien viel unterwegs. Inzwischen ist auch LinkedIn bei den Ressorts beliebt.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) geht mit einem persönlichen Account erfolgreich bei Whatsapp voran: Nach dem Start vor fast genau einem Jahr hat er gut 5000 Abonnenten für seinen Kanal gewonnen. So bekommt man Wüst-Fotos als Kinderprinz oder mit den Toten Hosen ausgespielt, aber auch politische Statements.

Keinen Ministerien-Account gibt es bislang bei TikTok. Das rasant wachsende Netzwerk aus China war in den USA gerade kurz gesperrt, ist immer wieder Vorwürfen der Desinformation ausgesetzt. Als Wissenschaftsministerin Brandes im vergangenen Jahr einen (persönlichen) TikTok-Kanal startete, sorgte das für Aufsehen. Von der Aufbruchstimmung ist nicht viel übrig: Das letzte Video stammt vom Kölner CSD im Juli.