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Faesers AbschiebepläneNRW-Flüchtlingsministerin kritisiert Vorschläge des Bundes

Lesezeit 3 Minuten
Hand und Fußfesseln trägt ein junger Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen.

Hand und Fußfesseln trägt ein junger Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen.

67.099 Personen in Nordrhein-Westfalen sind ausreisepflichtig, 56.981 davon haben aber eine Duldung. NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul fordert eine „strukturierte Migrationspolitik“.

Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Verschärfung des Abschieberechtes werden von der nordrhein-westfälischen Landesregierung skeptisch gesehen. Man werde die Vorschläge jetzt prüfen, sagte Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Allerdings fehlen in dem Paket wichtige Punkte, die für eine strukturierte Migrationspolitik zentral wären.“

Im „Rahmen eines Gesamtkonzeptes“ müsse es „endliche auch eine Integrationsoffensive“ geben. „Wir müssen die Potenziale derer, die bei uns sind, besser nutzen und Menschen schneller Teilhabeperspektiven aufzeigen – etwa durch eine schnellere Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse“, so Paul. Dies sei, angesichts des akuten Fach- und Arbeitskräftemangels, auch eine Frage „unserer gesellschaftlichen Zukunftsfähigkeit“. Zuwanderung und Migration jedenfalls seien „eine Chance zur dauerhaften Sicherung unseres Wirtschaftsstandortes und unserer sozialen Infrastruktur“, betonte die Ministerin.

„Der Bund muss seine Bemühungen bei Migrationsabkommen endlich erhöhen“

Am Ende rechtsstaatlicher Verfahren könne natürlich aber auch die Verpflichtung zur Rückkehr stehen. „Es gibt derweil aber ganz unterschiedliche Gründe, die auch bei Ausreisepflichtigen einer Rückführung entgegenstehen“, so Paul. Dazu zählten neben humanitären Gründen vor allem eine mangelnde Rücknahmebereitschaft der entsprechenden Herkunftsländer oder Probleme bei der Beschaffung von Passersatzpapieren. „Wir brauchen daher endlich mehr Bemühungen seitens des Bundes bei der Umsetzung von Migrationsabkommen, die einerseits legale und sichere Migrationswege eröffnen, andererseits aber die Rücknahmebereitschaft von Herkunftsländern erhöhen“, sagte die NRW-Ministerin.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, plant eine Verschärfung der Abschieberegeln. Sie ist im Porträt zu sehen.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, plant eine Verschärfung der Abschieberegeln.

Bundesinnenministerin Faeser schlägt eine Ausweitung des Ausreisegewahrsams von derzeit bis zu zehn auf künftig bis zu 28 Tage vor. Damit sollen die Behörden mehr Zeit bekommen, um eine Abschiebung vorzubereiten. Und die Möglichkeit, dass sich jemand einer in naher Zukunft bevorstehenden Abschiebung entzieht, soll reduziert werden.

67.099 ausreisepflichtige Personen in Nordrhein-Westfalen

Die Neuregelung ist Teil eines Diskussionsentwurfs, den der Bund nach Gesprächen mit Ländern und Kommunen erarbeitet hat. Mit diesen soll nun weiter über das Thema beraten werden bevor das Ministerium Gesetzentwürfe vorlegt. „Unter engen rechtsstaatlichen Voraussetzungen“ sollen die Beamten bei einer Abschiebung zudem weitere Räumlichkeiten betreten dürfen, so Faeser. Damit solle sichergestellt werden, dass Betroffene auch tatsächlich in Gemeinschaftsunterkünften angetroffen werden, hieß es zur Begründung.

08.05.2023, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Josefine Paul (Bündnis90/Die Grünen), Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

Josefine Paul (Grüne) ist Ministerin für Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie sagt: "Wir müssen die Potenziale derer, die bei uns sind, besser nutzen und Menschen schneller Teilhabeperspektiven aufzeigen – etwa durch eine schnellere Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse."

Zum Stichtag 30. Juni waren laut Ausländerzentralregister (AZR) insgesamt 67.099 Personen in Nordrhein-Westfalen ausreisepflichtig. Die Top-Drei der Herkunftsländer sind der Irak (7963 ausreisepflichtige Personen), Serbien (4392) sowie Nigeria (3173).

Insgesamt sind allerdings 56.981 Betroffene im Besitz einer Duldung. Die Gründe, warum jemand eine Duldung hat, sind vielfältig. Dazu zählt beispielsweise eine laufende Ausbildung oder eine „Beschäftigungsduldung“, wenn die Menschen also als Arbeitskräfte in Deutschland benötigt werden. Auch gesundheitliche Gründe können einen Duldungsgrund darstellen.

FDP: „Verweigerungshaltung der NRW-Landesregierung muss dringend beendet werden“

Nach den Vorschlägen des Bundesinnenministeriums müsse NRW „jetzt unbedingt die nötigen Schritte einleiten, um höhere Zahlen von Rückführungen auch faktisch umsetzen zu können“, betont Marc Lürbke, stellvertretender Vorsitzender und integrationspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Etwa den Ausbau der für die Abschiebungen wichtigen Zentralen Ausländerbehörden habe die FDP schon mehrfach gefordert. Geschehen sei bisher aber nichts. „Diese schwarz-grüne Verweigerungshaltung muss nun dringend beendet werden“, so der FDP-Politiker

Nach Angaben der Landesregierung hat NRW im Jahr 2021 insgesamt 2903 Menschen in ihr Heimatland zurückgeführt, 2022 waren es 3118 und im laufenden Jahr 1770. „Die Ausreisezahlen im Bundesvergleich belegen unser effektives und konsequentes Vorgehen, wenn nach einem rechtsstaatlichen Prüfverfahren kein Bleiberecht besteht“, sagt Flüchtlingsministerin Paul. Die Zentralen Ausländerbehörden, die die Kommunen bei den Rückführungen unterstützen, seien bereits „von drei auf fünf Standorte ausgebaut worden“.