Warum NRW-Forstministerin Silke Gorißen Fachleute aus aller Welt bei Köln getroffen hat.
Wald-Umbau teils „chaotisch“Warum sich internationale Experten im Königsforst bei Köln treffen
Buntes Herbstlaub in strahlendem Sonnenschein, eine leichte Brise, die bei spätsommerlichen Temperaturen durch die Blätter rauschte und eine Gruppe Kinder, die für Waldjugendspiele unterwegs war – der Königsforst zeigte sich am Freitag von seiner besten Seite. Nur die Böen machten NRW-Forstministerin Silke Gorißen (CDU) zu schaffen, da sie ihr immer wieder die Merkzettel durcheinander wehten.
Sie nahm es mit Humor und fand schließlich auch das Ende ihrer Ansprache vor Forstfachleuten aus aller Welt wieder. Die Experten waren im Rahmen der Jahrestagung des Europäischen Forstinstituts (Efi) für eine Waldexkursion zum Forsthaus Steinhaus in Bergisch Gladbach gekommen.
Dem Efi-Direktor Robert Mavsar musste Gorißen erklären, dass man sich nicht im Ruhrgebiet befinde. Er war erstaunt von so viel Grün und teilte augenzwinkernd mit, dass er mit von Kohlestaub grauen Industriestädten gerechnet habe. Simon Franz vom für den Königsforst zuständigen Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft erklärte das Glück des 25 Quadratkilometer großen Waldes direkt vor den Toren Kölns mit dem Herzogtum Berg. Die Edelleute nutzten das Gebiet einst zum Jagen und sorgten so für dessen Erhalt.
Königsforst als Paradebeispiel der integrierten Waldbewirtschaftung
Heute ist der Königsforst ein Paradebeispiel für das, was sich die Forstfachleute zum Thema ihrer Jahrestagung erwählt hatten – die integrierte Waldbewirtschaftung. Denn der Wald von heute dient natürlich längst nicht mehr allein den Jagd-Vorlieben weniger und der Produktion des Rohstoffes Holz. Er ist auch Erholungsgebiet für die (Stadt-)Bevölkerung, Lebensraum für Tiere, Sportplatz, Luftverbesserer, Lärmschutz, vom Klimawandel bedrohte Fläche und für den Artenschutz bedeutendes Gebiet. Das sind sehr viele Anforderungen an den Wald, die nicht immer harmonisch nebeneinander erfüllt werden können. Fahren die Forstarbeiter mit schwerem Gerät vor, um Holz zu ernten, erzürnt das unter Umständen Ruhesuchende. „Die kommen dann zu mir und beschweren sich“, erzählte Gorißen.
Die widerstreitenden Interessen müssten gut zusammengebracht werden, betonte die Ministerin: „Die integrierte Waldbewirtschaftung ist ein wichtiger Ansatz, damit der Wald auch für nachfolgende Generationen erhalten bleibt.“ Das werde mit fortschreitendem Klimawandel immer wichtiger, denn „der Wald ist bei uns Klimaschützer Nummer eins“.
Gleichzeitig leidet er enorm. Stürme, Trockenheit und der Borkenkäfer haben den Wäldern in NRW zuletzt extrem zugesetzt. Der viele Regen in diesem Jahr hat gutgetan. „Aber es gibt noch viel zu tun im Wald“, sagte Gorißen.
Nach dem Fichtensterben wird ein klimastabiler Mischwald aufgeforstet
Simon Franz und sein Team führten den Gästen am Freitag das Fällen einer vertrockneten Hemlocktanne mit Motorsäge und mechanischem Fällkeil vor. Die westamerikanische Art hat sich als nicht widerstandsfähig genug für die aktuellen Bedingungen in den hiesigen Wäldern erwiesen. Einen klimastabilen Mischwald aufzuforsten, ist nach dem massenweisen Fichtensterben das Ziel. Und angesichts des Klimawandels ist dieses Bestreben nicht auf NRW oder Deutschland begrenzt. „Waldschutz und Klimaschutz sind eine internationale Angelegenheit“, sagte Gorißen. Deshalb seien Treffen wie das der Efi wichtig. „Sich auszutauschen, heißt auch voneinander zu lernen und einen Blick in die Zukunft zu werfen.“
Franz erzählte, dass der Umbau des Königsforstes zu einem naturnahen Wald bei Spaziergängern nicht immer auf Verständnis stoße. Totholz und Naturwuchs erweckten bei vielen den Eindruck von Unordnung. „Ein Wald, der chaotisch aussieht, ist aber vielleicht nützlicher als einer, der aufgeräumt aussieht. Das müssen wir erklären“, sagte Franz. Ein Kollege aus Schweden sah sich um im „chaotischen“ Königsforst und meinte: „Aber das ist doch kein Naturwald.“ Man sei „auf dem Weg dahin“, antwortete Franz.
Für NRW versicherte Gorißen: „Unsere Förster arbeiten mit ganzer Kraft daran, dass die nächste Generation einen spannenderen Wald erlebt, einen noch schöneren.“
Man setzte beim aktuellen Waldumbau auf eine Risikoverteilung. Heißt: Es werden verschiedenste Baumarten getestet, Monokulturen wie mit der Fichte unbedingt vermieden und vor allem bei südlichen Nachbarn, wo das Klima jetzt schon dem ähnelt, das uns aller Voraussicht nach erwartet, Ideen für den Wald der nächsten Jahrzehnte gesammelt. Gorißen prophezeite: „Der Wald der Zukunft wird bunter sein als der, den wir haben.“