Wechselhaftes Wetter und Rekordtemperaturen: Am 21. September endet der kalendarische Sommer. Ein DWD-Meteorologe ordnet ihn für Köln ein.
„Klimaschutz muss verstärkt werden“So regnerisch und heiß war der Kölner Sommer 2024
Dem Empfinden nach war in diesem Sommer alles möglich. In Köln gab es ein ungewöhnlich kühles Schuljahresende 2023/24, heftige Gewitter, schwüle Sommernächte und heiße Tage, die nur in gekühlten Gebäuden auszuhalten waren. Doch was sagen die Daten – decken sich die Erfahrungen mit den Erhebungen der Wetterstationen? Und wie ist der Sommer 2024 mit Blick auf den Klimawandel einzuordnen?
Das haben wir Thomas Kesseler-Lauterkorn gefragt. Er ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) und kennt sich mit dem Wetter in Köln aus. 2013 hatte er die Studie „Klimawandelgerechte Metropole Köln“ mitverfasst.
Wetteranalyse: Sommer 2024 mit heftigen, unwetterartigen Regenfällen
Zunächst zum Niederschlag. Der Sommer in Köln startete regnerisch mit fast 100 Litern Regen pro Quadratmeter im Juni. Der Juli war dann der niederschlagsreichste Sommermonat. Das lag auch an Tagen mit besonders heftigen Regenfällen. Am 27. Juli gingen am Flughafen Köln/Bonn fast 50 Liter pro Quadratmeter nieder. Das entspricht fast 40 Prozent der gesamten Juli-Regenmenge. „So ein Tag hat voll in die Statistik reingehauen“, kommentiert Kesseler-Lauterkorn.
Alles zum Thema Deutscher Wetterdienst
- Wetter in Köln und der Region Regen und Wind vor dem vierten Advent
- Köln und Region „Grau-brauner Klassiker zum Fest“ – So wird das Weihnachtswetter
- Neuer Klima-Rekord 2024 war das wärmste Jahr seit Messbeginn
- Wetterwarnung für NRW Wind klingt ab – Weihnachtsmärkte in Köln dürfen ab 15 Uhr öffnen
- Wetter in Köln Kaltfront mit Schnee steuert auf NRW zu – DWD warnt vor Glatteis
- Klimawandel Auch Herbst 2024 zu warm
- Skifahren, Rodeln, Wandern In diese Wintersportgebiete in NRW lohnt sich schon jetzt ein Ausflug
Zum Vergleich: Im gesamten August fielen 76 Liter Regen pro Quadratmeter. Es war damit der trockenste Sommermonat 2024. Ob eine Regenmenge gefährlich wird, hängt von dem Zeitraum ab, in dem sie fällt, merkt der Experte an. Wenn mehr als 40 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde fallen, dann warnt der DWD vor extremem Unwetter.
Wie schon in den vergangenen zwei Jahren wurden für die Analyse Wetterdaten von der Messstation am Flughafen verwendet. Dort misst der DWD seit 1957 detailliert Werte wie Temperatur, Windstärke, Niederschlag und Sonnenstunden.
Daten werden mit 30-Jahre-Referenzperioden verglichen
Um festzustellen, ob der Sommer 2024 zu heiß oder regnerisch war, muss ein einheitlicher Vergleich festgelegt werden. Dafür nutzen Klimaforschende das Mittel eines Messwertes von einem 30 Jahre langen Zeitraum, der natürliche Schwankungen ausklammert. Generell werden die Referenzperioden 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 verwendet, die auch im Folgenden als Vergleich dienen.
In den Sommern 1991 bis 2020 hat es im Schnitt 257 Liter pro Quadratmeter geregnet. Sechs der vergangenen elf Sommer verzeichneten mehr Regen als in der Referenzperiode, wie in der Grafik hervorgehoben.
Köln: Auch Sommer 2024 wärmer als Vergleichszeitraum
Nun zu den Temperaturen. Der Kölner Sommer startete mit dem kältesten Juni seit zehn Jahren: Im Schnitt lagen die Tagesmitteltemperaturen bei 16,7 Grad. Danach stiegen die Temperaturen kontinuierlich. Der Juli war im Schnitt 19 Grad, der August 20,4 Grad warm. Hier wurde auch der diesjährige Spitzenwert erfasst: Der 13. August war mit fast 35 Grad der heißeste Tag des Sommers 2024.
Bedenklich ist die Tatsache, dass jeder Sommer der vergangenen zehn Jahre wärmer als die Sommer der Referenzperiode 1991 bis 2020 war. Hier lag das langjährige Mittel bei 18,2 Grad. Das ist in einer Stadt wie Köln, wo fast die Hälfte der Gesamtfläche versiegelt ist, kritisch. Denn bei zu wenig Grün und zu hohen Temperaturen heizt sich der Asphalt massiv auf.
Köln: Weitaus mehr Sommer- und heiße Tage erwartet
Weitet sich der Blick auf das gesamte Kalenderjahr, dann lässt sich bereits im September sagen, dass es 2024 an zu vielen Tagen zu heiß war. 2024 gab es bereits 51 Sommertage. Das sind Tage mit Höchstwerten von mindestens 25 Grad. In der Referenzperiode 1991 bis 2020 waren es pro Jahr im Schnitt 46,8 Sommertage, 1961 bis 1990 waren es noch 34 Sommertage.
An sogenannten heißen Tagen steigt die Temperatur auf über 25 Grad, davon gab es in diesem Jahr 13. Das sind fast doppelt so viele wie in der Referenzperiode 1961 bis 1990. In der Referenzperiode 1991 bis 2020 gab es pro Jahr im Schnitt 11,2 Tage mit Temperaturen über 30 Grad.
Wie berichtet hat eine neue DWD-Klimaprojektion ergeben, dass sich Kölnerinnen und Kölner in Zukunft auf noch mehr Sommer- und heiße Tage einstellen müssen. Von 2031 bis 2060 werden in Köln pro Jahr 60 bis 70 Sommertage mit mehr als 25 Grad und 20 heiße Tage mit Temperaturen über 30 Grad erwartet. Kesseler-Lauterkorn merkt nun an: „Im Grunde haben wir jetzt schon das Szenario, was eigentlich erst in fast 20 Jahren eintreten sollte.“
Sommerliche Spitzentemperaturen höher als vor 60 Jahren
Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Ein Blick zurück zeigt, dass Kölner vor 60 Jahren noch weitaus kühlere Sommer erlebten als heute. Von 1961 bis 1990 auf die Referenzperiode 1991 bis 2020 sprang die jährliche Durchschnittstemperatur in Köln von 9,7 auf 10,7 Grad, also ein Grad Unterschied. „Das ist klimatologisch eine Hausnummer“, erläutert der Meteorologe.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Klima nochmal schneller erwärmt: 2014 bis 2023 lag die Jahrestemperatur bei 11,5 Grad. Das sind 1,8 Grad mehr, als der Vergleichswert 1961 bis 1990 und 0,8 Grad mehr als der aktuellere Vergleichswert von 1991 bis 2020. „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“, sagt Kesseler-Lauterkorn besorgt.
Experte: 2024 wird über langjährigem Mittel landen
Nun ist Köln bei der jährlichen Durchschnittstemperatur von mehr als 12 Grad angelangt (je 2022 und 2023). Dass der Trend auch in diesem Jahr fortgesetzt wird, steht wohl fest. „2024 wird am Ende relativ weit über der langjährigen Mitteltemperatur landen“, sagt der DWD-Experte hervor. „Um das zu erkennen, muss man kein Prophet sein.“
Ein Blick auf die detaillierten Daten gibt ihm wohl recht. Ob Winter, Frühling oder Sommer: In diesem Jahr war es an vielen Tagen unüblich warm. Die Tagestemperatur weist erhebliche Abweichungen zum langjährigen Mittelwert der Referenzperiode 1961 bis 1990 auf – fast ausschließlich nach oben.
Klimaschutz: Sommer 2024 verdeutlicht Notwendigkeit
Das Fazit des Meteorologen fällt eindeutig aus: Der Sommer 2024 war überdurchschnittlich warm, regnerisch und sonnig. Mit Blick auf das häufig wechselhafte Wetter sagt er: „Der Sommer war besser als sein Ruf.“ „Es gab keine wirklich stabile Hochsommerlage über einen längeren Zeitraum. Es kippte relativ schnell wieder in die nächste Schauer- und Gewitterlage mit hoher Luftfeuchtigkeit.“
Welche Folgen das für die Politik hat, stellt Kesseler-Lauterkorn auch klar: „Wir sind im Moment noch nicht da, wo wir hin müssen.“ Anpassungen an den Klimawandel, wie ein Hitzeschutzkonzept für die Stadt seien zwar unerlässlich, reichten aber nicht aus: „Die Klimaschutzbestrebungen müssen drastisch verstärkt werden.“