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„Rechtsextremistisches Regelwerk“Wie die NRW-AfD die Junge Alternative loswerden will

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Ein Mitglied der „Jungen Alternative“ (JA), Jugendorganisation der AfD, trägt auf einer Wahlkampfveranstaltung eine Fahne mit dem Logo der Organisation.

Ein Mitglied der „Jungen Alternative“ (JA), Jugendorganisation der AfD, trägt auf einer Wahlkampfveranstaltung eine Fahne mit dem Logo der Organisation.

In Nordrhein-Westfalen gilt das Verhältnis zwischen AfD-Spitze und Parteijugend als besonders angespannt. Bereits seit einem Jahr ruht in NRW die Finanzierung der Jungen Alternative.

Die AfD in NRW unterstützt den Vorstoß des Bundesvorstands, die „Junge Alternative“ (JA) als Parteijugend zu ersetzen. Das teilte die Partei auf Anfrage dieser Zeitung mit. „Gerade jetzt, wo wir bei jungen Menschen immer mehr Zuspruch finden, brauchen wir eine starke, professionelle und breit aufgestellte Jugendorganisation“, sagt ein Sprecher. „Es wäre eine Win-Win-Situation für Partei und Jugendorganisation.

Der Bundesvorstand entschied am Montagabend über eine Satzungsänderung, nach der eine neue Jugendorganisation gegründet werden soll. Geplant ist ein Modell wie bei den Jusos und der SPD: AfD-Mitglieder unter 36 werden automatisch auch Teil der Jugendorganisation. Gleichzeitig müssen alle Mitglieder der Jugendorganisation auch Parteimitglied werden. Der Landesverband NRW zählte bei den Gesprächen zu den Befürwortern einer neuen Jugendorganisation.

Die „Junge Alternative“ ist als Verein eigenständig und nicht offizieller Teil der AfD. Dadurch kann die AfD die JA nicht zwangsauflösen, doch sie kann ihr die Funktion als Parteijugend aberkennen.

Finanzierung der JA ruht in NRW

Die Partei scheint sich damit die Kontrolle über die eigene Jugend zurückholen zu wollen, die selbst der AfD zu weit nach rechts abzudriften scheint. Während die AfD beispielsweise den Begriff „Remigration“ aus ihrem vorläufigen Parteiprogramm entfernte, druckte ihn die Junge Alternative auf Banner. Das so genannte „Vorfeld“ der JA, in dem sich völkische Gruppierungen tummeln, wird für die Parteispitze zum wachsenden Problem – auch bezogen auf eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.

Der Inlandsgeheimdienst stuft den Bundesverband „Junge Alternative“ als „gesichert rechtsextrem“ ein, in Nordrhein-Westfalen gilt die JA als rechtsextremer Verdachtsfall. „Es liegen verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass die ‚Junge Alternative‘ nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht“, begründete Innenminister Herbert Reul (CDU) die Einstufung im Dezember 2023. Der AfD-Landesverband NRW wird nicht vom Verfassungsschutz beobachtet.

Das Verhältnis zwischen AfD-Spitze und JA gilt in NRW als besonders angespannt. Kurz nachdem die Junge Alternative in NRW als Verdachtsfall eingestuft wurde, stellte der Landesverband die Finanzierung der Parteijugend ein. Während Landeschef Martin Vincentz nach außen das Bild einer gemäßigten Partei verbreiten will, hält ein Großteil der JA dem rechtsradikalen Abgeordneten Matthias Helferich die Treue. Dieser hält nichts von einem gemäßigten Kurs. Nach seiner Wahl in den Bundestag 2021 flog er aus der AfD-Fraktion, weil er sich in geleakten Chats als „das freundliche Gesicht des NS“ bezeichnete. Im Mai erhob der Landesvorstand neue Vorwürfe gegen Helferich und leitete ein Parteiausschlussverfahren ein.

Parteiausschlussverfahren gegen Mitglieder des JA-Vorstandes in NRW

Weniger als die Hälfte der JA-Mitglieder in NRW sind auch in der AfD, heißt es aus Parteikreisen. Umgekehrt sind mehr als zwei Drittel der AfD-Mitglieder unter 35 Jahren nicht Mitglied der „Jungen Alternative“. Gegen zwei Mitglieder des JA-Vorstands in NRW laufen oder liefen Parteiausschlussverfahren. Nils Hartwig wurde bereits erstinstanzlich aus der Partei ausgeschlossen. Trotzdem wählte die Junge Alternative NRW ihn im Oktober zum stellvertretenden Vorsitzenden, dazu ist er Vize im Bundesverband. Gegen den Beisitzer Elia Sievers läuft ein Ausschlussverfahren, weil er im Streit auf X (ehemals Twitter) die Abschiebung der jesidischen Ehefrau eines AfD-Politikers gefordert haben soll, die deutsche Staatsbürgerin ist.

Um der JA tatsächlich den Status als Parteijugend abzuerkennen, braucht die AfD-Spitze auf dem Parteitag im Januar eine Zweidrittelmehrheit. Dann entscheidet sich, ob die AfD eine neue Jugendorganisation aufbaut, oder die derzeitige durch Reformen enger an sich bindet.