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Nach Nest-Fund bei BonnWie gefährlich ist die Asiatische Hornisse?

Lesezeit 6 Minuten
Eine Asiatische Hornisse ist im Flug zu sehen.

Killer-Brummer? Für Menschen, die nicht allergisch sind, ist der Stich der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina) nicht gefährlich.

Es ist die Rede von Killer-Brummern und Horror-Hornissen: Die Asiatische Hornisse breitet sich in NRW aus, zuletzt wurde ein großes Nest bei Bonn gesichtet.

Sie ist drei Zentimeter klein, trägt aber Beinamen, die Riesiges vermuten lassen. Als „Killer-Brummer“ und „Horror-Hornisse“ oder auch „übergroßer Samurai der Wespenwelt“ wurde die Asiatische Hornisse schon tituliert. Auch im Rheinland sind die eingewanderten Tiere mittlerweile angekommen.

Erst vergangene Woche machte ein Nest in Swisttal-Heimerzheim bei Bonn Schlagzeilen. Acht Kilogramm schwer soll der Bau in der Baumkrone einer Kiefer laut Imker gewesen sein, 1,5 Kilogramm tote Hornissen habe man im Nachgang darin gefunden.

Das Nest der Asiatischen Hornisse in Swisttal-Heimerzheim bei Bonn.

Das Hornissen-Nest in Swisttal-Heimerzheim bei Bonn soll acht Kilogramm schwer gewesen sein.

Woher kommen die Insekten überhaupt? Und wie gefährlich sind sie für den Mensch und die heimische Tierwelt? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Um welche Tiere handelt es sich eigentlich und wie unterscheide ich sie von anderen Arten?

Wichtig ist zunächst, die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), die in Deutschland vorkommt, nicht mit der Asiatischen Riesenhornisse zu verwechseln, die giftiger und größer ist, sich bislang aber nur in den USA ausgebreitet hat. Die Vespa velutina ist sogar etwas kleiner als die europäische Hornisse (Vespa crabro), man erkennt sie auch an ihrem in der Hauptsache schwarzen Hinterleib mit schmalem gelben Gürtel und ihren gelben Beinen.

Eine Asiatische Hornisse im Flug: Ihr gelb gestreifter Hinterleib ist gut zu sehen.

Die Asiatische Hornisse hat einen schwarzen Hinterleib mit schmalem gelben Gürtel und gelbe Beine.

Hornisse Vespa crabro leckt Saft aus der Wunde eines reifen Apfels.

Die europäische Hornisse Vespa crabro ist größer und anders gefärbt als die Vespa velutina. Sie steht streng unter Schutz.

Auch der Nistort unterscheidet sich von heimischen Arten. Während die Vespa Crabro meist in Hohlräumen nistet, also in Baumhöhlen oder eben auch im Dachstuhl von Wohnhäusern, handelt es sich bei der asiatischen Velutina um eine Baumkronenliebhaberin. Sie zimmert sich ihre Behausung gut sichtbar in hohen Bäumen. Zudem ist die Tropenwespe laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) lediglich am Tag aktiv; wer nachts auf eine Hornisse trifft, hat es also mit einem einheimischen Exemplar zu tun.

Die Unterscheidung ist vor allem aus Gründen des Naturschutzes wichtig, ist doch die europäische Hornisse streng geschützt. Wer sie tötet, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 65.000 Euro rechnen.

Wie kam die Vespa velutina nach Europa?

Laut Insektenforscher Martin Sorg vom Entomologischen Verein Krefeld kam die tropische Hornisse 2004 als blinder Passagier auf einem Schiff aus Südostasien über den Seeweg am Hafen in Südfrankreich an. Von dort breitete sie sich langsam, aber stetig über Europa aus. 2010 wurde sie nach Daten des internationalen Netzwerks Global Biodiversity Information Facitily (GBIF) erstmals in Spanien gesichtet. Ihre weitere Reiseroute: Portugal, Belgien, Italien, Deutschland, Großbritannien, Schweiz, Niederlande, Luxemburg, Irland, Tschechien, Luxemburg, Ungarn.

Unterwegs ist die Hornisse demnach meist entlang von Flüssen und Straßen. Für Deutschland fällt auf, dass vor allem der Westen betroffen ist, sowohl in Bayern als auch in den ostdeutschen Bundesländern wurden bislang nur einzelne Funde gemeldet.

Wie ist die Lage in NRW?

In Nordrhein-Westfalen entdeckte man 2020 zunächst einzelne Tiere im Kreis Heinsberg. Erste Nester tauchten dann 2022 in Viersen, Heinsberg, Köln, Düsseldorf und Duisburg auf. Das nordrhein-westfälische Landesumweltamt (Lanuv) rechnet damit, dass die „Ausbreitung nach Norden und Osten weiter voranschreiten wird“.

Insektenforscher Martin Sorg sagt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Asiatische Hornisse kommt ganz offensichtlich gut klar mit den Verhältnissen in Europa.“ Da die Asiatische Hornisse auf der EU-Liste der prioritären gebietsfremden invasiven Arten steht, werden alle Menschen, die ein solches Exemplar sichten, gebeten, dies mit Foto im Neobiota-Portal des Lanuv oder bei der Naturschutzbehörde zu melden.

Ist das Gift der Asiatischen Hornisse für den Menschen gefährlich?

Insektenforscher Sorg gibt Entwarnung. „Für den Nichtallergiker ist ein Stich der Vespa velutina so wenig gefährlich wie der anderer Faltenwespenarten oder Honigbienen.“ Die Honigbiene hinterlasse häufig sogar die meisten Schmerzen, da ihr Stachel anders als der der Wespe und Hornisse in der Wunde bleibt.

Laut Nabu und Lanuv könne der etwas längere Stachel der Velutina zwar deutlich schmerzhafter sein als der einheimischer Wespenarten, dafür aber sogar weniger giftig. Im Übrigen seien einzelne Stiche von Hornissen und Wespen bei Nichtallergikern nie lebensbedrohlich. Kritisch wird es laut Nabu erst ab 500 bis 1000 Stichen.

Sind Asiatische Hornissen aggressiv?

Das Lanuv warnt davor, sich Hornissennestern zu nähern oder diese zu erschüttern. Hierdurch könnten die Tiere aufgeschreckt werden und aggressiv ausschwärmen. Die Gefahr, unabsichtlich als Feind wahrgenommen zu werden, sei aber wegen der Neststandorte gering. „Bei den in der Regel hoch in der Baumkrone hängenden Nestern sind solche Störungen selten“, schreibt das Lanuv. Berichte von „Killer-Truppen“, die gezielt Menschen angriffen oder ihnen Gift in die Augen spritzten, entbehrten laut Martin Sorg jeder Grundlage.

Was fressen asiatische Hornissen?

Laut Manfred Verhaag vom Staatlichen Museum für Naturkunde unterscheidet sich der Speiseplan der asiatischen Insekten nur geringfügig von dem ihrer europäischen Kolleginnen. Nektar, Obst, Honigtau werden serviert, dazu kommen als Larvennahrung „Zweiflügler“, wie Bienen, wobei im Falle der Asiatischen Hornisse 40 Prozent „bis zu zwei Drittel der Beute Honigbienen sein können“, so Verhaag.

Einer französischen Studie zufolge kommt etwa ein Drittel Mücken und Fliegen hinzu sowie ein paar Käfer und Schmetterlinge. Auch die Landwirtschaft könnte betroffen sein, schließlich fressen erwachsene Hornissen auch Obst. Der deutsche Imkerbund verweist auf eine Studie zu Schäden im Obst- und Weinanbau in Galizien und Portugal.

Bedrohen asiatische Hornissen heimische Arten wie die Honigbiene?

Vor allem Imker wittern in der Asiatischen Hornisse eine Bedrohung nicht nur der Bienen, sondern auch der Pflanzenbestäubung. Belegt ist laut Lanuv das Eindringen in den Bienenstock und die Zerstörung des Bienenvolkes bei vorgeschwächten Kolonien. In der direkten Konkurrenz ist die Velutina zudem Experten wie Manfred Verhaag zu Folge der einheimischen Hornisse etwas überlegen. Sie fängt demnach beispielsweise etwas früher mit dem Nestbau an, zudem gelten die asiatischen Hornissen charakterlich als „kühner und agiler“.

Laut Lanuv NRW besteht zudem in der Tat der Verdacht, „dass es bei hohen Dichten der Asiatischen Hornisse zur Minderung von Bestäuberleistungen kommen kann“. Sowohl das Lanuv als auch Insektenforscher Martin Sorg betonen allerdings, für gesicherte Prognosen, wie sich das Auftauchen der asiatischen Hornisse auf die heimische Flora auswirke, fehlten bislang die Daten. Imker könnten ihre Stöcke mit Schutzvorrichtungen an den Einfluglöchern vor den Räubern schützen.

Gute Nachrichten gibt es derzeit zudem für den Hummelbestand. Laut einer spanischen Studie, macht die Velutina zwar Jagd auf ihre dicke Kollegin, allerdings meist erfolglos. Auf die Überlebensrate der Hummelkolonien hatte die Anwesenheit der Velutina daher keinen Einfluss.

Lässt sich die Asiatische Hornisse wieder vertreiben?

Martin Sorg ist sich sicher, dass die Vespa velutina wie andere eingeschleppte Arten nicht mehr zu stoppen ist. Auch der Nabu spricht davon, die Einwanderung nach Europa sei „unumkehrbar“, es bleibe „nur die Möglichkeit des Abwartens und Beobachtens“. Der Einsatz von Fallen, wie er in Frankreich betrieben wird, ist nach deutschem Recht verboten und laut Lanuv zudem ineffektiv, da dadurch auch Honigbienen getötet werden.