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Nach Anschlag von SolingenOpposition wirft Ministerin Paul „Salamitaktik“ vor

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Josefine Paul (Grüne), Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, steht nach dem Anschlag von Solingen unter Druck.

Josefine Paul (Grüne), Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, steht nach dem Anschlag von Solingen unter Druck.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge im Zusammenhang mit dem Terroranschlag von Solingen angekündigt. Die Opposition wirft Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) vor, sich nicht an das Versprechen zu halten.

Hat die Kommunikation in der Landesregierung nach dem Terroranschlag von Solingen nicht gut funktioniert? NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul hat im Integrationsausschuss des Landtags Vorwürfe der Opposition zurückgewiesen.

Bei dem Anschlag am 23. August, einem Freitagabend, hatte der Dschihadist Issa Al H. bei einem Stadtfest in Solingen mutmaßlich drei Menschen getötet. Der Syrer war ausreisepflichtig, seine Rückführung nach Bulgarien war allerdings gescheitert. Während NRW-Innenminister Herbert Reul über diese Umstände bereits am Samstag informiert war, wurde Paul offenbar erst am Sonntag ins Bild gesetzt. Wie kam es zu der Verzögerung?

Paul: Meldekette hat funktioniert

Paul erklärte, das Landeskriminalamt habe die Fachabteilung ihres Hauses bereits am Samstagnachmittag gegen 16.23 Uhr um Hilfe ersucht. Dabei sei es darum gegangen, die Anfrage des LKA an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu unterstützen. Die Fahnder wollten Einblick in die Asylakte von Al H. bekommen, der zu diesem Zeitpunkt noch auf der Flucht war. Dem zuständigen Referatsleiter sei nicht mitgeteilt worden, dass die Anfrage im Zusammenhang mit dem Attentat von Solingen stehe, sagte Paul.

Erst Sonntagmorgen habe der Referatsleiter bei einer Sitzung im LKA „gesichert“ davon erfahren, dass es sich bei Al H. um den Attentäter handelte. Im weiteren Verlauf sei der Sachstand auch ihr vorgetragen worden. Die „Meldekette“ habe in dem Fall funktioniert.

Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen hatte es drei Tote und viele Verletzte gegeben. Am Tatort wurden zum Gedenken an die Opfer Kerzen aufgestellt.

Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen hatte es drei Tote und viele Verletzte gegeben. aufgestellt.

NRW-Innenminister Reul hatte bereits eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, dass er seine Kollegin nicht selbst schon am Samstagabend über die Erkenntnisse informiert hatte. Der CDU-Politiker hatte Paul erst am Sonntagmorgen eine SMS mit der Bitte um Rückruf gesendet. Die Ministerin, die auf Dienstreise in Frankreich war, antwortete allerdings nicht persönlich, sondern beauftragte eine persönliche Referentin damit, Kontakt mit dem Innenministerium aufzunehmen.

Der Referatsleiter hat unterdessen einen Anwalt eingeschaltet, um seine Interessen zu vertreten. Der Jurist wies darauf hin, sein Mandant habe seinen Vorgesetzten schon am Samstag über die LKA-Anfrage informiert. Wieso der Referatsleiter sich einen Rechtsbeistand suchte, blieb offen. Paul wies den Vorwurf, Druck auf den Mann ausgeübt zu haben, entschieden zurück.

Kapteinat wirft Paul Salamitaktik vor

Die SPD-Abgeordnete Lisa-Kristin Kapteinat erklärte, Ministerin Paul habe die entscheidende Frage, wann sie erstmals über die Anfrage des LKA informiert worden sei, noch immer nicht beantwortet. „Diese Salamitaktik“ sei ein Trauerspiel. Spätestens im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss werde „die ganze Wahrheit ans Licht kommen“.

Auch Marc Lürbke, Innenexperte der FDP, übte Kritik. Am Tag nach dem Anschlag von Solingen sei das Unterstützungsgesuch des LKA an einem Samstagnachmittag „offenbar in ihrer Brisanz überhaupt nicht angemessen wahrgenommen“ worden, sagte der Liberale. Die schwarz-grüne Landesregierung zeige „ein erschreckendes Maß an Unprofessionalität“.