SPD und FDP warfen der Ministerin nach dem Anschlag mit drei Toten vor, ein politisches Systemversagen zu verantworten.
NRW-Flüchtlingsministerin nach Anschlag unter DruckOpposition wirft Josefine Paul „organisiertes Wegsehen“ vor
Josefine Paul ist seit 2022 Flüchtlingsministerin von NRW. Nach dem Messeranschlag von Solingen wirft ihr die Opposition vor, eine politische Mitverantwortung für die Geschehnisse zu tragen. „Sie waren nicht in der Lage, Recht und Gesetz durchzusetzen“, sagte Jochen Ott, Chef der SPD-Fraktion, in der Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags. Paul habe sich in den vergangenen zwei Jahren nicht um das Thema Rückführungen gekümmert. Wegen ihrer „Ahnungslosigkeit“ sei sie nach dem Anschlag tagelang nicht öffentlich auftreten.
Der Attentäter von Solingen hätte bereits im vergangenen Jahr abgeschoben werden sollen, allerdings war er an dem geplanten Termin am 5. Juni 2023 um 2.20 Uhr nachts nicht angetroffen worden. Ein zweiter Versuch, den Syrer nach Bulgarien zu bringen, wo er in die EU eingereist war, wurde nicht unternommen. Die Unterkunft meldete der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) nicht, dass der 26-Jährige am Mittag nach dem fehlgeschlagenen Zugriff gesehen worden war. Die ZAB hakte von sich aus nicht nach, weil sie annahm, die Frist für die Rückführung bei einem zweiten Versuch nicht mehr einhalten zu können.
Reul: Habe für das „Gehetze und Geschimpfe“ kein Verständnis
Henning Höne, Fraktionsvorsitzender der FDP, warf Paul vor, ein politisches Systemversagen zu verantworten. Im Bereich Asyl würden Regeln in NRW täglich nicht eingehalten „und der Rechtsstaat mit Füßen getreten“. Beim Thema Abschiebung gebe es ein „organisiertes Wegsehen“, wie es dem politischen Willen Grünen entspreche, „mehr Konsequenz im Asylrecht zu verhindern“. Die „Rhetorik des Ministerpräsidenten“ passe nicht zur „Regierungspraxis der Grünen“. So werde der Vorschlag, eine zweite Abschiebehaftanstalt in der Nähe des Düsseldorfer Flughafens einzurichten, von den Grünen ausgebremst.
SPD und FDP warfen Paul zudem vor, nach dem Anschlag nicht selbst nach Solingen gefahren zu sein. „Nach so einem Verbrechen, nach so einer Katastrophe, darf eine zuständige Ministerin nicht einfach wegbleiben“, sagte Ott. Die Grüne verteidigte sich damit, sie habe am Wochenende an einer Gedenkfeier für ein SS-Massaker in Frankreich teilgenommen. Nach ihrer Rückkehr sei sie dem Tatort ferngeblieben, weil sie den „Wunsch der Stadt Solingen nach Ruhe“ respektieren wollte.
NRW-Innenminister (CDU) Herbert Reul erklärte, er habe für das „Gehetze und Geschimpfe“ und „nach Verantwortlichkeiten suchen, ohne einen Schritt weiterzukommen“, kein Verständnis. Statt um Sachaufklärung gehe es der Opposition um „billige Streitereien“. Die nötige Fehleranalyse sei nur dann erfolgreich, wenn die demokratischen Parteien gemeinsam nach Lösungen suchen würden.