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Erschreckende ZahlenGewalttaten gegen Kinder hat sich in Kitas in NRW fast verdoppelt

Lesezeit 2 Minuten
Kinder stehen mit dem Rücken an gegen eine Milchglastür gelehnt.

Gewalttaten in Kitas kommen immer häufiger vor, dokumentiert ein Bericht aus dem NRW-Familienministerium.

Das NRW-Familienministerium hat beunruhigende Zahlen zu Gewalttaten gegen Kindern in Kitas veröffentlicht.

Die angespannte Situation in Kitas ist schon lange Thema in der Öffentlichkeit: Fachkräfte, Betreuungsplätze und finanzielle Mittel fehlen. Die Kosten sind laut Kinderschutzbund NRW um 20 Prozent gestiegen, Erzieherinnen und Erzieher sind häufig überlastet, Hoffnung auf kurzfristige Besserung gibt es nicht. Die Folgen der Misere sind jetzt auch aus aktuellen Zahlen des NRW-Familienministeriums zu Gewalttaten in Kitas abzulesen: Demnach sind sie teils drastisch gestiegen.

Die Antwort auf eine kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Dennis Maelzer besagt, dass Kitas in NRW in der ersten Jahreshälfte 782 Gewalttaten und Fälle von pädagogischem Fehlverhalten gemeldet haben. Knapp 400 Mal soll dabei die Gewalt von Erwachsenen ausgegangen sein. In 2021 lag die Zahl der Meldungen bei 702, für 2022 werden insgesamt 1011 Meldungen zu Gewalt und pädagogischem Fehlverhalten in Kitas angegeben.

Gewalttaten von Erwachsenen gegen Kinder haben sich seit 2020 verdoppelt

Die Gewalt von Erwachsenen gegenüber Kindern hat sich demnach seit 2020 fast verdoppelt. Damals lag die Fallzahl bei 295, im Jahr darauf bei 464. Im vergangenen Jahr wurden 606 Fälle gemeldet.

Die reine Datenlage sage nichts über die tatsächlichen Gründe der steigenden Meldungen aus, sagt Maelzer. Dazu brauche es unabhängige Forschung.

„Einzig auf die möglicherweise gestiegene Sensibilität gegenüber Gewalt und Missbrauch zu verweisen, bedeutet auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. In Wirklichkeit weiß die Regierung nicht genau, worauf sich die Entwicklung zurückführen lässt“, sagt Maelzer auf Anfrage. Deshalb fordere die SPD eine unabhängige Studie.

Kinderschutzbund NRW: Unabhängige Kommission muss Situationen der Gewalttaten aufklären

Auch der Kinderschutzbund NRW fordert mehr Klarheit. Die Jugendämter würden nicht offenlegen, welche Taten gemeldet werden. „Wir brauchen eine unabhängige Kommission, die herausfindet, in welchen Situationen die Gewalttaten vorkommen“, sagt die 1. Vorsitzende des Kinderschutzbundes NRW, Gaby Flösser.

Sie schätzt die Dunkelziffer auf mindestens zehn Prozent. Oft werde nicht wahrgenommen, wo die Gewalt gegenüber Kindern beginnt. Flösser sagt, gewalttätiges Verhalten fange da an, wo Erwachsene ihre Macht ausnutzten, um gegen den Willen von Kindern zu handeln. Wenn ein Kind also auf seinem Platz sitzenbleiben muss, obwohl es zur Toilette muss, oder nicht gewickelt wird, sei das eine Gewalttat gegen das Kind.

Der Personalmangel führe dazu, dass Erzieherinnen und Erzieher in vielen Situationen nicht pädagogisch wertvoll handeln könnten. „Solche Gewaltsituationen entstehen meistens aus lauter Ohnmacht und Hilflosigkeit“, so Flösser. Das entschuldige das Fehlverhalten nicht, sie verstehe aber, wo das herkommt.

Der Kinderschutzbund machte darauf aufmerksam, dass derzeit bundesweit 400.000 Kita-Plätze fehlten. Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher wechselten in andere Branchen, Nachwuchs bleibe aus. „Wir brauchen vom Land einen Rettungsschirm, bis die Situation sich beruhigt hat“, fordert die Vorsitzende Flösser.