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Nach AnschlagSPD sorgt mit Antrag für Solingen-Ausschuss für Ärger

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Der Fronhof in Soligen vier Wochen nach dem Attentat während der 650-Jahr-Feier.

Der Fronhof in Soligen einen Monat nach dem Attentat während der 650-Jahr-Feier, bei dem drei Menschen ihr Leben verloren.

Die Sozialdemokraten düpieren die anderen Fraktionen: Ein Untersuchungsausschuss soll schon nächste Woche kommen.

Der Terroranschlag von Solingen, durch den drei Menschen zu Tote kamen, sorgt für einen unwürdigen Streit im Landtag: Ende August hatten CDU und Grüne bereits angekündigt, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu dem Fall einzusetzen. Jetzt ist die SPD der Koalition zuvorgekommen – und hat selbst einen U-Ausschuss beantragt. Die anderen Fraktionen sind düpiert.

Der Hintergrund: Eigentlich wollten CDU und Grüne den PUA gemeinsam mit SPD und FDP auf den Weg bringen. Nur die AfD war – wie immer – außen vor. Dem Vernehmen nach waren die Gespräche bereits weit gediehen, der gemeinsame Antrag sollte aus Sicht von CDU, Grünen und FDP im November ins Plenum eingebracht werden.

Alleingang der SPD – die anderen Fraktionen sind sauer

Der SPD ging das aber nicht schnell genug. Sie reichte ihren 19-seitigen eigenen Antrag am Dienstag für die anderen völlig überraschend ein – für die Plenarsitzung in der kommenden Woche. Theoretisch haben die Genossen genug Stimmen, um den U-Ausschuss nun selbst einzusetzen.

In den anderen Fraktionen ist man stocksauer. Die SPD sieht sich dagegen im Recht. Die Abgeordnete Lisa-Kristin Kapteinat sagte am Dienstag vor Journalisten, man sei immer wieder auf die Koalition zugegangen. Ein erster „aus unserer Sicht fertiger“ Entwurf liege dort seit zwei Wochen vor, aber ohne Reaktion.

Lisa-Kristin KAPTEINAT, SPD-Fraktion, bei ihrer Rede im Landtag.

Die SPD-Fraktion sieht sich mit ihrem Vorgehen im Recht. Die Abgeordnete Lisa-Kristin Kapteinat sagte, ein fertiger Entwurf liege den anderen Fraktionen seit zwei Wochen vor.

Man schulde der Bevölkerung aber eine „schnelle Aufklärung“, so Kapteinat. Die anderen Fraktionen hätten ja jetzt noch eine knappe Woche Zeit, sich anzuschließen, so dass man einen gemeinsamen Antrag im Plenum einbringt. Das Papier noch an einzelnen Punkten zu ändern, sei möglich.

Flüchtlingsministerin Josefine Paul im Fokus

Inhaltlich soll sich der Untersuchungsausschuss laut dem SPD-Antrag um die Tat selbst, aber auch um die gescheiterte Abschiebung des Verdächtigen Issa Al H. (26) drehen. Alleine 22 Fragen in dem Antrag beziehen sich zudem auf die Kommunikation zwischen und mit der Regierung.

Vor allem steht Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) im Fokus, die nach dem Anschlag auf Dienstreise in Frankreich war und zunächst nicht auf eine Rückrufbitte per SMS von Innenminister Herbert Reul (CDU) reagiert hatte.

Der „PUA Terroranschlag“, so der geplante Name, wäre bereits der fünfte Untersuchungsausschuss in der laufenden Legislaturperiode. Das ist deutschlandweiter Rekord. Bislang laufen U-Ausschüsse zu den Themen Kindesmissbrauch (ausgelöst durch den Fall Lügde), Flutkatastrophe, Rahmedetalbrücke und Besetzung des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts.

Für jeden Ausschuss dürfen die Fraktionen zusätzliches Personal einstellen, die Kosten pro Gremium liegen in der Regel zwischen 1,5 Millionen und 2 Millionen Euro. Bizarr: Laut Kapteinat könnte es am Ende theoretisch auch zwei U-Ausschüsse zum Anschlag von Solingen geben – einen von der SPD eingesetzten und einen von der Koalition.

Am frühen Abend meldete die FDP sich zu Wort. Fraktionschef Henning Höne schimpfte, die SPD habe die Vereinbarung für einen gemeinsamen Antrag im November einseitig aufgekündigt. Aber: Nachdem der Antrag nun in der Welt sei, werde man Änderungsvorschläge anbringen und hoffe, dass die SPD sie aufnimmt.