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Exklusiv

OVG-Affäre
Neue eidesstattliche Erklärung setzt Limbach und Liminski unter Druck

Lesezeit 3 Minuten
NRW-Justizminister Benjamin Limbach und der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, sind im vertraulichen Gespräch im Landtag zu sehen.

Im Streit um den Präsidentenposten des Oberverwaltungsgerichts geraten NRW-Justizminister Benjamin Limbach und der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, weiter unter Druck.

Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegen widersprüchliche Erklärungen eines Spitzenjuristen und des Justizministers vor.

Die Affäre um die Besetzung des Chefpostens beim Oberverwaltungsgericht in Münster spitzt sich weiter zu. NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hatte vorgeschlagen, die Spitzenposition mit einer Ex-Kollegin zu besetzen. Ein im Bewerbungserfahren unterlegener Bundesrichter hatte behauptet, die Auswahl sei nicht nach fachlichen Kriterien, sondern aus politischen Gründen erfolgt.

Nachdem seine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht teilweise erfolgreich gewesen war, hat der Spitzenjurist jetzt erneut eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt und seiner Vorwürfe präzisiert. Darin wirft er Limbach vor, sich „unzutreffend“ geäußert zu haben.

Wie jetzt bekannt wurde, hat der Grünen-Politiker bereits am 9. September seinerseits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Darin bestreitet Limbach, es habe in dem Bewerbungsverfahren eine politische Vorfestlegung gegeben. Beide Erklärungen sind dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen bekannt geworden.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die Besetzung startet

Limbach wurde im Zuge der schwarz-grünen Regierungsbildung im Sommer 2022 Justizminister. Kurz nach seinem Amtsantritt traf er sich in Düsseldorf mit einer Ex-Kollegin zum Abendessen. Diese signalisierte ihm während des Vieraugengesprächs ihr Interesse an dem OVG-Posten. Als sich die Duzfreundin, die der CDU angehört, später bewarb, erhielt sie den Vorzug gegenüber zwei Mitbewerbern. Denen soll Limbach bedeutet haben, sich aus dem Verfahren zurückzuziehen. Der Bundesrichter, auch ein CDU-Mitglied, berichtet von einem Gespräch mit dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), der ihm ebenfalls zu einem Ausstieg aus dem Bewerbungsverfahren geraten haben soll.

Die Vorgänge um die Besetzung der OVG-Position beschäftigen mittlerweile einen Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag, der am Montag mit der Zeugenvernehmung beginnt. Durch die neuen Äußerungen des Bundesrichters wird der Justiz-Krimi immer spannender – und für Limbach brandgefährlich. Denn der unterlegene Bewerber wirft dem NRW-Justizminister in vier zentralen Punkten vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. Sollte sich diese Behauptung bei der Zeugenbefragung erhärten, dürfte die Luft für Limbach dünn werden.

Vorwürfe gegen Justizminister Limbach – Um was es im Einzelnen geht

Ein Justizminister, der in einer eidesstattlichen Versicherung lügt, wäre wohl nicht mehr zu halten. Die Vorwürfe im Einzelnen: Limbach soll bei einem Gespräch am 22. November 2022 bereits von einem „Vorsprung“ der Ex-Kollegin gesprochen und ihm eine mögliche Kompensation für seinen Rückzug angedeutet haben. Es sei ein „erkennbares Ziel gewesen“, ihm „die Bewerbung auszureden“, schreibt der Bundesrichter.

Nathanael LIMINSKI, Minister fuer Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Leiter der Staatskanzlei NRW sitzt im Plenarsaal im Düsseldorfer Landtag.

„Leicht zerknirscht“ habe Staatskanzlei-Chef Liminski der eidesstattlichen Versicherung des Bundesrichters zu Folge die Präferenz einer Frau für die OVG-Präsidentenstelle eingeräumt.

Limbach habe erklärt, er sei selbst schon in Situationen gewesen, in denen man ihm nahegelegt haben, eine Bewerbung zurückzuziehen. Deswegen verstehe er, wenn „man sich damit schwertue“. Der Justizminister habe ihm vorgeschlagen, ein Gespräch mit Liminski zu führen, weil es ihm vielleicht leichter fallen würde, den Wunsch der Rücknahme der Bewerbung „von einem Parteifreund zu hören“.

Bundesrichter über das Gespräch mit Liminski: Rechtswidrige Vorfestlegung habe sich offenbart

Dieses Gespräch fand dann am 18. November in der Düsseldorfer Staatskanzlei satt. Der eidesstattlichen Versicherung des Bundesrichters zu Folge habe Liminski „leicht zerknirscht“ eingeräumt, es sei der „Wunsch der Grünen“, dass eine Frau die Präsidentenstelle des Oberverwaltungsgerichts bekommen solle. Limbach sei erst vor einigen Jahren von der SPD zu den Grünen gewechselt und müsse seiner neuen Partei nun „liefern“. Eine Kompensation könne er ihm leider nicht anbieten. Bei den Gesprächen, so der Bundesrichter, habe sich die koalitionsinterne Absprache „und damit die rechtswidrige Vorfestlegung im Auswahlverfahren offenbart“.

Limbach hatte in seiner Erklärung versichert, er habe zu keinem Zeitpunkt einen Vorsprung seiner Favoritin geäußert. Ihm sei eine Koalitionsabsprache „nicht bekannt“ gewesen.

Das Oberverwaltungsgericht war vom Bundesverfassungsgericht damit beauftragt worden, sich erneut mit dem Vorgang zu befassen. In einem Schreiben an das Justizministerium kündigt das OVG an, man werde den Bundesrichter, Minister Limbach und seine Favoritin zum Ablauf des Besetzungsverfahrens befragen. Die Termine sollen zwischen dem 11. und 27. November stattfinden. Bis dahin sei eine Vernehmung der Personen im Untersuchungsausschuss zu unterbleiben. Der U-Ausschussvorsitzende Klaus Voussem (CDU) kommt der Bitte nach. Bis dahin sollen nun die beteiligten Ministerialbeamten vernommen werden.