Peter Kurth, der sich in Köln dafür einsetzte, mehr Migranten in die CDU zu holen, soll auch Geldgeber für Rechtsextreme gewesen sein.
Peter Kurth und rechtsextreme VerstrickungEx-OB-Kandidat in Köln finanzierte wohl „Identitäre Bewegung“
Peter Kurth hat wohl noch mehr als bislang bekannt Rechtsextreme unterstützt. Der frühere CDU-Politiker und Ex-OB-Kandidat in Köln war nach den „Correctiv“-Enthüllungen des rechtsextremen, konspirativen Treffens in Potsdam in den Fokus geraten. So soll auch Kurth im Juli 2023 als Gastgeber Rechtsextremisten in seiner Wohnung empfangen haben, unter ihnen der österreichische Neonazi und Kopf der „Identitären Bewegung“ (IB), Martin Sellner.
Wie nun das ARD-Magazin „Monitor“ und „Tagesschau“ berichten, finanzierte Kurth wohl auch die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ mit mindestens 120.000 Euro. Brisant: Kurth soll das Geld im September 2019 überweisen haben, zu diesem Zeitpunkt war er noch CDU-Mitglied.
Rechtsextremismus: Peter Kurth überwies 120.000 Euro an Firma der Identitären Bewegung
Die finanzielle Unterstützung der IB-Rechtsextremisten soll nach den Recherchen über eine Immobilienfirma abgelaufen sein. 120.000 Euro gingen demnach auf dem Konto der Firma „Schanze Eins“ ein, Kurth gab diesen Namen auch als Verwendungszweck der Überweisung ein. Der Verfassungsschutz rechnet die Firma der Identitären Bewegung zu.
Schanze Eins schafft Treffpunkte für Rechtsextremisten. Die IB-Firma kauft Immobilien an, um sie dann selbst zu verwalten und Räume zur Vernetzung und Radikalisierung zu geben.
Laut ARD-„Monitor“ leitete Schanze Eins Kurths Überweisung nur einen Tag später weiter: Die Empfängerfirma überwies demnach insgesamt rund 200.000 Euro an den IB-Aktivisten Steven H. Als Verwendungszweck angegeben wurde „Darlehen Zins“. „Monitor“ und „Tagesschau“ wurden die Enthüllungen und Überweisungsbelege um Kurths Verstrickung mit der „Identitären Bewegung“ eigenen Angaben zufolge von der Rechercheplattform Exif zugespielt, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt.
Firma der „Identitären Bewegung“ kauft Immobilien für rechtsradikale Vernetzungstreffen auf
Wenige Tage vor der Überweisung von Kurth hatte Steve H. für die „Identitäre Bewegung“ im Steyregg, einem Vorort von Linz, den Kaufvertrag für eine Immobilie unterzeichnet, die als „patriotisches Hausprojekt“ bezeichnet wird und in der regelmäßig Veranstaltungen der rechtsextremen Szene stattfinden. Zu den bisherigen Gästen zählten wohl auch deutsche AfD-Mandatsträger, berichtet „Monitor“.
Das ARD-Magazin sprach auch mit dem ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde über den Vorgang. Er geht davon aus, dass es beim Kauf der Immobilie „deutsche Sponsoren gegeben haben muss“. Auf der Homepage versprachen die Rechtsextremen potentiellen Investoren Anonymität. Offenbar sollte die Herkunft des Geldes über eine Struktur aus Firmen und Beteiligungen verschleiert werden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die „Identitäre Bewegung“ als rechtsextreme Strömung auf und stuft sie als sogenannten Verdachtsfall ein. Die Einstufung hatte das Verwaltungsgericht Köln im Oktober 2022 bestätigt. Seit 2015 ist die rechtsextreme Gruppe auch in NRW unter Beobachtung.
Die IB präsentiert sich oft jugendlich und öffentlichkeitswirksam mit Flashmobs oder Transparenten. Die Gruppe ist bundesweit aktiv, setzt stark auf digitale Vernetzung und soziale Netzwerke. Deutsche Behörden prüfen derzeit ein Einreiseverbot des österreichischen IB-Kopfs und rechtsextremen Drahtziehers Martin Sellner.
Unverständnis über rechtsextremen Wandel: Peter Kurth zeigte sich in Köln offen homosexuell und setzte sich für Geflüchtete ein
Peter Kurth kommentierte die neuen Vorwürfe zur Finanzierung der Rechtsextremisten bislang nicht. Nach seiner erfolglosen Kandidatur als Kölner Oberbürgermeister im Jahr 2009 wurde Kurth geschäftsführender Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) in Berlin. Diesen Job sollte er bis Ende Mai 2024 eigentlich auch behalten und dann an Anja Siegesmund, ehemalige Thüringer Umweltministerin der Grünen, übergeben. Sein Vertrag mit dem BDE lief demnach bis Ende September.
Ein Sprecher des BDE hatte nach Bekanntwerden des Treffens in Kurths Wohnung dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt, bei der „Angelegenheit handelt es sich um eine reine Privatsache von Peter Kurth“. Wenige Tage später änderten die Verantwortlichen ihre Meinung offenbar: „Wir distanzieren uns scharf von rechtem Gedankengut“, hieß es in einer Mitteilung. Der BDE trenne sich daher „umgehend“ von seinem langjährigen Präsidenten und ließ verlauten: „Rechtsextremismus, Rassismus oder Antisemitismus haben im BDE keinen Platz.“
Schon im Kölner OB-Wahlkampf war Peter Kurth offen mit seiner Homosexualität umgegangen. Informierte Kreise führten diese gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ nun unter anderem ins Feld, um ihr Unverständnis über Kurths rechtsextreme Kontakte auszudrücken: „Er ist ein katholischer Mann, der offen schwul lebt und Flüchtlinge unterstützt.“ Kurth sei immer ein Mann mit Lust am Debattieren gewesen. „Er geht keiner Diskussion aus dem Weg“, sagte eine ihm in der Vergangenheit vertraute Person dieser Zeitung.
Als Kölner OB-Kandidat forderte Kurth von seiner Partei darüber hinaus, das Thema Integration mit Personen und Vorbildern glaubwürdig zu unterlegen: „Wir brauchen beispielsweise im Kreisvorstand einen Vertreter aus dem türkischstämmigen Milieu“, sagte er dieser Zeitung.