Dorothee Bär (CSU) will Prostitution verbieten lassen. Damit werden Frauen nicht geschützt, sondern in die Illegalität getrieben.
Pro und Contra„Ein Prostitutions-Verbot in NRW macht alle Sex-Arbeiterinnen schutzlos“
Dorothee Bär (CSU) sprach jüngst davon, Deutschland entwickle sich zum „Bordell Europas“ und regte ein Verbot von Prostitution an. Würde das die Lage verbessern? Claudia Lehnen findet: Prostitution ist mit der Menschenwürde unvereinbar, der Gesetzgeber müsse deshalb als Wertvermittler eingreifen. Tanja Wessendorf pocht auf die Freiheit der Sexarbeiterinnen und den Schutz der Legalität. Claudia Lehnen findet: Prostitution ist mit der Menschenwürde unvereinbar, der Gesetzgeber müsse deshalb als Wertvermittler eingreifen.
Die Begründung, gegen ein Sexkauf-Verbot zu sein, scheint sich in zweieinhalb Sätzen abhandeln zu lassen: Prostitution zu verbieten bringt nichts, da ein Abdrängen in die Illegalität die Situation für die Frauen signifikant verschlechtert. Trotz aller Verbote wird es Sex gegen Geld immer geben, deshalb müssen dafür vernünftige Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und nicht zu vergessen: Es gibt durchaus Frauen, die freiwillig mit ihrem Körper Geld verdienen, ihnen würde man mit einem Verbot die Lebensgrundlage entziehen. Doch so einfach ist die Argumentation leider nicht.
Es gibt unzählige junge Frauen, die unter falschen Voraussetzungen aus dem Ausland nach Deutschland gebracht und hier von kriminellen Banden zur Prostitution gezwungen werden. Oft mit körperlicher Gewalt so eingeschüchtert, dass sie sich nie bei der Polizei melden würden. Nicht umsonst sind im „Lagebild Menschenhandel“ des LKA für 2021 gerade mal 160 Ermittlungen wegen Zwangsprostitution aufgeführt. In diese Richtung zielt das von der CSU-Politikerin Dorothee Bär vorgeschlagene Sexkauf-Verbot und in diesem Zusammenhang ist es auch richtig. Aber die Idee greift zu kurz.
Nach einem Verbot stehen die Frauen schutzlos auf der Straße
Von einem generellen Verbot der Prostitution wären auch die Frauen betroffen, die diese Art des Gelderwerbs freiwillig gewählt haben. Elke Bartels, ehemalige Polizeipräsidentin von Duisburg, schätzt, dass das immerhin 20 Prozent der im Rotlichtgewerbe tätigen Frauen sind. Zudem gibt es Bordelle und Bars, in denen Frauen ihren Jobs in einem sicheren und geschützten Umfeld nachgehen könnten. Nach einem Verbot fielen all die geschaffenen Rahmenbedingungen weg, die Frauen stünden im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße und wären sich selbst überlassen. Ohne Schutz, ohne Kontrolle, ohne Krankenversicherung und Zugang zu Hilfsangeboten.
Dass die Methode „Wir verbieten es einfach, dann ist das Problem nicht mehr da“ nicht funktioniert, weiß jeder, der jugendliche Kinder hat oder sich das Beispiel der Prohibition in den USA nochmal vornimmt: Von 1920 bis 1933 war es im ganzen Land verboten, Alkohol zu verkaufen oder zu transportieren. Genutzt hat das nichts, im Gegenteil: Weil zu wenig ordentlich gebrannter Alkohol zur Verfügung stand, griffen die Menschen auf Selbstgebrautes oder Schmuggelware zurück, es gab schätzungsweise 10.000 Todesfälle durch Vergiftung. Auch das eigentliche Ziel der Prohibition, die Kriminalitätsrate zu senken, blieb unerreicht.
Mit einem Verbot erreicht man im schlimmsten Fall das Gegenteil
Sie finden, man kann den Kampf gegen den Alkohol nicht mit der sexuellen Ausbeutung von Frauen vergleichen? Doch, denn das Prinzip ist das gleiche: Verbote sind nutzlos, wo der Bedarf nicht geschmälert werden kann. Im schlimmsten Fall tritt sogar das Gegenteil ein, und die Situation der Frauen verschlechtert sich sogar.
Mit einem pauschalen Verbot ist niemandem geholfen. Die Nachfrage nach käuflichem Sex wird es immer geben. Deshalb ist es wichtig, die legalen Strukturen für die Anbietenden so gut wie möglich zu gestalten, Opfern von Menschenhandel niedrigschwelligen Zugang zu Hilfe zu ermöglichen und kriminelle Strukturen intensiv zu bekämpfen.