Bei der Überprüfung von Anträgen fielen schon 2018 erhebliche Ungereimtheiten auf. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ kennt die Details.
Zweiter mutmaßlicher Anführer freiGeneralkonsulat warnte schon vor sechs Jahren vor Masche der Kölner Schleuserbande
Der zweite mutmaßliche Kopf der sogenannten Luxus-Schleuserbande, die in den vergangenen sechs Jahren wohlhabende Chinesen mit fingierten Investorenmodellen nach Deutschland gebracht haben soll, ist am Freitag von der Untersuchungshaft verschont worden. Dies bestätigte sein Strafverteidiger Martin Bücher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Der Richter hat meinen Mandanten am heutigen Vormittag nach der Haftprüfung auf freien Fuß gesetzt“, berichtete Bücher. Zuvor habe man sich über eine Verteidigererklärung zu dem Fall eingelassen.
Bei dem mutmaßlichen Schleuser-Boss handelt es sich um den 46-jährigen Kölner Juristen Martin D. (Name geändert), der mit seinem 42-jährigen Anwaltspartner Claus B. das Schleusermodell 2018 kreiert haben soll. Letzterer war nach einer zweitätigen Vernehmung auf freien Fuß gekommen. Darin soll er dem Vernehmen nach eingeräumt haben, dass das ursprüngliche Schleusermodell über eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) in Solingen losgegangen sei.
Generalkonsulat warnte schon vor sechs Jahren
Aus den Strafakten geht nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hervor, dass das deutsche Generalkonsulat im südchinesischen Kanton bereits im März 2018 bei einer Überprüfung der Solinger Vorgänge Alarm geschlagen hat. Die deutsche Auslandsvertretung hatte sogar schon detailliert eine der Maschen beschrieben, mit denen die Chinesen anfangs nach Deutschland gebracht wurden. Sogar der Frechener Anwalt Claus B. wurde bereits als mutmaßlicher Drahtzieher genannt.
Der Jurist soll damals mit der Hilfe von Komplizen Scheinfirmen gegründet haben, mit denen die Ausreisewilligen nach Deutschland gelotst wurden. Über Werbekampagnen generierte seine Kanzlei in Köln und später in Frechen meist reiche Chinesen, die ausreisen wollten. Die „Kunden“ firmierten als angebliche Investoren, die in den Firmen bis zu einer halben Million Euro einbringen und dadurch das Recht zum Deutschland-Aufenthalt erwerben wollten. Als das „Investorenmodell“ nach einiger Zeit nicht mehr funktionierte, weil sich kritische Nachfragen der deutschen Behörden häuften, sollen die mutmaßlichen Schleuser die Chinesen durch gefälschte Arbeitsverträge und Lebensläufe nach Deutschland geholt haben – und anderem mit dem Argument eines Fachkräftemangels.
Selbständigkeit und Qualifikationen nur vorgetäuscht
Seit Längerem schon würden die Auslandsvertretungen in China eine steigende Zahl von Anträgen zur Aufenthaltsgenehmigung wohlhabender, chinesischer Staatsbürger verzeichnen, heißt es 2018 in einem Papier des deutschen Generalkonsulates, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Mittels einer behaupteten selbständigen Investition“ werde ein unbefristeter Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik verlangt.
Eine intensive Überprüfung vor Ort sowie Recherchen in Deutschland indes hätten ergeben, dass die Antragsteller in vielen Fällen die selbstständige Tätigkeit mit Hilfe der Kölner Kanzlei nur vortäuschen. So gab beispielsweise eine chinesische Rentnerin an, die Finanzaufsicht über ein deutsches Unternehmen führen zu wollen. Die Frau sei dafür aber völlig ungeeignet, ermittelte das Generalkonsulat. Sie spreche kein Wort Deutsch, habe keinerlei berufliche oder akademische Bildung und die Oberschule sogar ohne Abschluss verlassen.
Dauerhaften Aufenthaltstitel für 350.000 Euro versprochen
Bei der Überprüfung der damaligen Situation sei zudem die Homepage einer chinesischen Firma aufgefallen, die „fast schon reißerisch“ für eine „kostengünstige Möglichkeit“ einer dauerhaften Übersiedlung nach Deutschland geworben habe, heißt es in dem Papier des Generalkonsulates. Wer eine Gebühr von 350.000 Euro zahle, dem könne nach der Einreise in die Bundesrepublik nach weiteren drei Jahren sogar eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis garantiert werden. Nachweise über Sprachkenntnisse, Finanzierungsquellen, Vorstrafen oder berufliche und akademische Qualifikationen seien zudem nicht nötig, so die Werbebotschaft. Auch eine „Einwanderungsaufsicht“ gebe es in Deutschland nicht, hätten die mutmaßlichen Schleuser versprochen. Und selbstverständlich gebe es auch die Möglichkeit, Familienmitglieder nachzuholen.