30.000 Euro für den Landtagswahlkampf von Innenminister Reul sind eine stattliche Summe. Gegen den damaligen Geldgeber gibt es nun den Vorwurf, Chef einer mutmaßlichen Schleuserbande gewesen zu sein.
Kontakte zum mutmaßlichen Schleuser„Ich war total arglos“ – NRW-Innenminister Reul äußert sich zu Wahlkampfspende
Er verbitte sich „das mit dem käuflich zu sein“, sagt der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU). „Und ich würde Sie auch dringend bitten, das nicht noch einmal zu wiederholen“, ergänzt er in Richtung der SPD-Landtagsabgeordneten Christina Kampmann, wobei die „Bitte“ eher wie eine Drohung klingt.
In einer Sondersitzung des Innenausschusses wird der Minister am Dienstagmorgen im Landtag zu seinen Kontakten zu einem mutmaßlichen Menschenschleuser befragt. Die Sitzung war einberufen worden, nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ darüber berichtete, dass der Frechener Rechtsanwalt Claus B. im Jahr 2022 in drei Tranchen zu jeweils 9990 Euro insgesamt 29.970 Euro für Reuls Landtagswahlkampf an die CDU gespendet hatte. Mit dem Mann, der nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Düsseldorf einer der Drahtzieher eines Schleuser-Netzwerkes ist, habe er damals acht Begegnungen gehabt, ergänzte der Minister gegenüber dieser Zeitung.
SPD: „Eindruck, Termine beim Innenminister sind käuflich“
In der Öffentlichkeit entstehe deshalb „der Eindruck, Termine beim Innenminister sind käuflich“, sagt Sozialdemokratin Kampmann am Dienstag und fragt Reul: „Hat der Mann für seine Spenden einen politischen Gegenwert erwartet?“ Derartiges habe Claus B. „nie verlangt“, entgegnet der Minister: „Und die Spenden haben natürlich keinen Einfluss gehabt auf mein Verhalten – null.“
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Bei seinen Treffen mit dem Juristen, der 2022 noch als seriös und vertrauenswürdig gegolten habe, habe er „keinen Verdacht geschöpft, dass der etwas mit krummen Sachen“ zu tun haben könnte, berichtet der Minister: „Ich war damals total arglos“. Ihm sei gesagt worden, der Mann wolle ihn unterstützen. Demnach habe es sich um ein engagiertes CDU-Mitglied gehandelt, Vater von drei Kindern, mit Kanzlei und gutem Leumund, der zudem für eine Berliner Kommunikationsagentur gearbeitet habe.
Reul: „Ich war mir ganz sicher, das ist ein anständiger Mensch"
„Ich war mir ganz sicher, das ist ein anständiger Mensch, wo ich mir keine Gedanken machen muss“, so Reul. Was im Nachhinein eine Fehleinschätzung gewesen sei: „Ganz klar, definitiv.“ Daraus heute aber „zu insinuieren und zu unterstellen“, er habe den Mann damals bevorzugt behandelt, sei unredlich.
Denn die acht Treffen mit dem Anwalt in 14 Monaten seien „weder exklusiv noch besonders“ gewesen. Er spreche mit vielen Leuten, ergänzt Reul: „Das ist meine Art, Politik zu machen: Wenn wir nicht mehr mit anderen reden, sondern nur noch mit der eigenen Blase, dann kannst du schließen.“
Spenden gestückelt, damit sie nicht veröffentlicht werden mussten
Drei der Termine mit Claus B. hatten im Ministerium stattgefunden. In einem sei mit Vertretern des Deutschen Sportwettenverbandes, den B. im Frühjahr 2022 mit seiner Berliner Agentur betreute, über den anstehenden Glücksspielstaatsvertrag gesprochen worden, so Reul. Die Ansicht der Verbandsvertreter jedoch habe er anschließend „prüfen lassen und dann null übernommen“, ergänzt der Minister: „Und das haben wir denen dann auch schriftlich mitgeteilt.“ Ob B. für das gemeinsame Treffen mit dem Sportwettenverband Honorare kassiert habe, könne er nicht sagen.
Die Spenden des mutmaßlichen Schleuser-Chefs waren so gestückelt worden, dass sie nur zehn Euro unter der Veröffentlichungspflicht von 10.000 Euro blieben. Ob das nicht skeptisch gemacht habe, zumal die Gelder womöglich alle am selben Tag überwiesen wurden, will der FDP-Innenpolitiker Marc Lürbke wissen. Was immer man davon halte, „juristisch ist das total in Ordnung“, sagt Reul. Über Spenden oder gar die Stückelung habe er niemals mit Claus B. gesprochen. Insgesamt habe er für den Wahlkampf 50 Spender gehabt, so dass der Beitrag zwar wichtig, aber nicht maßgeblich gewesen sei.
58 Beschuldigte im Schleuser-Verfahren
Der Innenminister habe „versucht, seine Treffen mit dem mutmaßlichen Kopf eines Schleuser-Clans und Lobbyisten, als politische Routine runterzuspielen“, sagt die SPD-Abgeordnete Kampmann nach der Befragung. Es seien noch zahlreiche Fragen offen. Denn aus Sicht der SPD sei es „alles andere als Routine, wenn ein Spender in so unmittelbarem Zusammenhang direkten Zugang für seine und die Interessen Dritter bei einem Minister erhält“.
Die mutmaßliche Schleuserbande um den Frechener Anwalt soll wohlhabenden Menschen aus China und dem Oman seit 2015 mit gefälschten Unterlagen eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland beschafft haben. Die Polizei hatte in diesem Zusammenhang im April bei einer Razzia Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht.
Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass die mutmaßlichen Schleuser auch Amtsträger in Behörden bestochen haben könnten. Die Ermittlungen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits 2020 aufgenommen, die Zahl der Beschuldigten sei mittlerweile auf 58 angewachsen.