Der NRW-Innenminister hat von Spenden eines mutmaßlichen Schleusers profitiert. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat Reul jetzt Details erzählt.
Spenden für WahlkampfReul traf sich acht Mal mit mutmaßlichem Schleuser-Chef
Er fordere Transparenz nicht nur, er lebe sie auch, sagt Herbert Reul. Am Dienstag dieser Woche hatte er gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ eingeräumt, im Jahr 2022 bei seinem Wahlkampf für den Landtag von den Spenden eines mutmaßlichen Menschenschleusers profitiert zu haben.
Reuls Wahlkampf als Verwendungszweck
Das Frechener Rechtsanwalt Claus B., der seit dem Jahr 2015 maßgeblich daran beteiligt gewesen sein soll, vermögenden Chinesen mit gefälschten Unterlagen eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu verschaffen, hat von 2020 bis 2023 knapp 53.000 Euro an die CDU gespendet. Darunter waren 2022 auch 29.970 Euro für die Partei im Rheinisch-Bergischen Kreis. Bei diesem Betrag hatte der mutmaßliche Schleuser-Chef den damaligen Landtagswahlkampf von Reul als alleinigen Verwendungszweck angegeben.
Gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat der Minister betont, dass es damals keinen Grund gegeben habe, an der Seriosität des Rechtsanwaltes zu zweifeln. Claus B. habe den „Eindruck eines konservativen und von seiner Religion geprägten Menschen“ gemacht. „Dass er mit etwas Verbotenem zu tun haben könnte, auf die Idee wäre ich nicht gekommen“, so Reul, der jetzt mit weiteren Details nachlegt.
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Claus B., den er zuvor nicht gekannt habe, sei 2022 auf ihn zugekommen. „Er wollte sich mit mir treffen, weil er die Partei und mich im Landtagswahlkampf unterstützen wollte“, so Reul auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Insgesamt habe er den heute 42-Jährigen danach einige Male getroffen. „Begegnungen mit Herrn B. fanden unter anderem bei politischen Abendveranstaltungen statt und waren unterschiedlicher Natur“, berichtet der Innenminister. Es habe „sowohl zufällige Begegnungen bei öffentlichen Veranstaltungen, Gesprächstermine als auch politische Gesprächsrunden gegeben“.
Herbert Reul: Termine waren politische Routine
Sämtliche Termine, auch die kleineren Gesprächsrunden, seien politische Routine gewesen. „Das waren alles damals in meinen Augen seriöse und anerkannte Menschen, eine normale Sache für einen Politiker, dort dann eine kurze Rede zu halten und zu diskutieren“, so Reul: „Bei den Gesprächen habe ich über meine politischen Ziele und Pläne gesprochen.“
Unabhängig von „zufälligen Begegnungen am Rande von Veranstaltungen“, die „naturgemäß nicht dokumentiert“ worden seien, habe er derzeit acht Begegnungen mit Claus B. nachvollziehen können. Am 18. Februar 2022 habe es „ein erstes Kennlerngespräch im Innenministerium“ gegeben. Am 25. März sowie am 1. April 2022 sei er bei einem Abendessen mit Wirtschaftsvertretern in Köln und Krefeld gewesen, wo er zum Thema Innere Sicherheit gesprochen habe, so der Minister. Zumindest eines dieser Treffen sei damals von dem mutmaßlichen Schleuser organisiert worden.
Weitere Zusammentreffen mit B. im Jahr 2022, die Reul aufgelistet hat: Am 7. April 2022 ein Abendessen zum Thema Innere Sicherheit mit Juristen in Köln; am 16. August ein Gespräch im Innenministerium unter anderem zum Glücksspielstaatsvertrag mit Vertretern des Deutschen Sportwettenverbandes; am 28. September ein Gespräch im Innenministerium mit einem Vertreter aus dem privaten Sicherheitsgewerbe; am 29. September ein Gespräch im Innenministerium zu parteipolitischen Themen. Und am 18. April 2023 habe es dann noch in Köln einen weiteren Gesprächskreis zum Thema Innere Sicherheit gegeben.
SPD-Fraktion stellt parlamentarische Anfrage
Die SPD-Fraktion im Landtag sieht auch ohne diese neuen Information bereits einen erheblichen Nachfragebedarf. Ob Reul „den Spender im Rahmen der Ausübung seiner Amtsgeschäfte“ getroffen hat, möchten die Sozialdemokraten in einer parlamentarischen Anfrage wissen. Zudem soll der Minister angeben, wann dem Innenministerium „erstmals Informationen über Durchsuchungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den Geldspenden des mutmaßlichen Schleuserrings an Kreisverbände und Gliederungen der CDU“ vorlagen.
„Und wann wurden der Innenminister oder Mitarbeiter/innen aus seinem Büro informiert?“, fragt Christina Kampmann, die innenpolitische Sprecherin der SPD im Landtag. Die Wahlkampf-Spenden für Reul gingen 2022 in drei Tranchen zu jeweils 9990 Euro ein. Wie der Minister bewerte, dass die Zuwendungen durch dieses Prozedere „immer knapp unter der Anzeigepflicht überwiesen wurden“, wollen die Sozialdemokraten deshalb wissen.