Er ist erst 34 Jahre alt, kommt aus NRW und hat bei den Grünen noch viel vor. Warum ist Felix Banaszak der neue Hoffnungsträger der schwächelnden Partei?
Turniertänzer, Taxi-SkeptikerSo tickt Felix Banaszak, der Parteichef der Bundesgrünen werden will
Felix Banaszak sitzt gerade in der U-Bahn. Es ist später Nachmittag, der Mann, der neuer Parteichef der Bundesgrünen werden soll, ist gerade auf dem Weg zu Vize-Kanzler Robert Habeck und hat eigentlich keine Zeit. Ob er vielleicht noch am Abend zurückrufen kann, nach dem Termin, fragt der Bundestagsabgeordnete aus Duisburg. Klar, kann er.
Es ist fast 22 Uhr, als Banaszak sich meldet. Er sitzt wieder in der U-Bahn, diesmal geht es nach Hause. Er mag keine Taxis, die nimmt er nur, wenn es stark regnet. Einen Dienstwagen hat er nicht, bis jetzt zumindest. Das könnte sich bald ändern. Der Parlamentarier aus NRW will sich beim Bundesparteitag gemeinsam mit Franziska Brantner an die Parteispitze wählen lassen. Nach dem Rückzug des bisherigen Spitzenduos Omid Nouripour und Ricarda Land war der Name Banaszak sogleich ins Rennen geworfen worden. Eine Überraschung? Na ja, geht so.
Banaszak war er drei Jahre lang Landesvorsitzender der Grünen in NRW
Felix Banaszak ist einer, den sie bei den Grünen wohl schon länger auf dem Zettel hatten. Was-passiert-dann-Planspiele sind eine lustvolle Nebenbeschäftigung der Mitarbeiter in allen Parteien. Hätte ja auch sein können, dass Lang und Nouripour mal Minister geworden wären. Für einen solchen Fall braucht man einen Plan-B. Und auf den konnten die Grünen jetzt zurückgreifen, als die Parteispitze nach den Wahlpleiten im Osten überraschend abgedankt hatte.
Banaszak ist seit 2021 im Bundestag. Zuvor war er drei Jahre lang Landesvorsitzender der Grünen in NRW. Nach dem Wahldesaster 2017, als die Partei nur 6,4 Prozent der Stimmen erhielt, hatte der Politikwissenschaftler die Scherben zusammengekehrt und die Partei neu aufgestellt. Die meisten Weggefährten von damals schütten viel Lob über ihn aus.
„Kluger Stratege“, „Teamplayer“ – was Weggefährten sagen
„Felix Banaszak ist ein kluger Stratege und starker Rhetoriker“, sagt Mona Neubaur, die seit 2022 Vize-Ministerpräsidenten von NRW ist. Innenexpertin Julia Höller nennt den Duisburger einen Teamplayer, der im NRW-Landesvorstand aber „keine Auseinandersetzung gescheut“ habe. Die Rechtspolitikerin Dagmar Hanses, Landtagsabgeordnete aus Lennestadt, hält ihn für „vertrauensvoll und verlässlich“. Und Mehrdad Mostofizadeh, Parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion, bescheinigt Banaszak einen „großen Anteil am Wahlsieg 2022“, als die Landesgrünen 18,6 Prozent erzielten.
Als Chef des größten grünen Landesverbands steht Banaszak nach seinem Wechsel nach Berlin in der Bundestagsfraktion sofort unter strenger Beobachtung. Er profiliert sich als Experte für Wirtschafts- und Haushaltpolitik, was dazu führt, dass er sich in den Debatten sogleich mit der Polit-Prominenz der anderen Parteien messen kann. In einer aktuellen Stunde provoziert er CDU-Fraktionschef Friedrich Merz, der die Rede des Grünen laut Plenarprotokoll erregt mit sieben Zwischenrufen kommentiert. Der Sauerländer verfüge offenbar über eine Impulskontrolle, die „knapp über der von Homer Simpson“ liege, stichelt Banaszak.
Die CDU: „Der Felix ist ein Guter“
Solche Spitzen kommen gut an. Banaszak mag kein Klein-Klein. „Dieses Land braucht keine ermüdenden Debatten über Fleisch, Gendern oder Radwege in Peru“, schreibt er seinen Parteifunden ins Stammbuch. Es gehe vielmehr darum, sich in Zeiten grundlegender geopolitischer Verschiebungen eine „wirtschaftliche Resilienz“ zu schaffen und sich sicherheitspolitisch „robust“ aufzustellen.
Banaszak, dessen Großvater in einer Kokerei arbeitete, gehört dem linken Parteiflügel an, auch wenn das in seinen Reden nicht immer sofort durchklingt. In der Düsseldorfer CDU lobt man Banaszak in den höchsten Tönen, er habe bei den Koalitionsverhandlungen Vertrauen gestiftet und viele Brücken gebaut. „Der Felix ist ein Guter“, heißt es in der CDU-Landtagsfraktion.
Käsespätzle oder libanesische Küche
Das sind große Erwartungen, die jetzt auch Druck erzeugen. Wer in der Politik Verantwortung übernimmt, muss dafür meist mit dem Verlust des Privatlebens büßen. Banaszak hofft, das verhindern zu können. Er hat mit seiner Frau, die auch bei den Grünen arbeitet, eine kleine Tochter, die noch in die Kita geht, und will ein aktiver Vater bleiben. Am Wochenende steht der frühere Rock’n’roll-Tuniertänzer oft selbst am Herd. Dann gibt es Käsespätzle oder libanesische Küche.
Der Bundesparteitag der Grünen findet vom 15. bis zum 17. November in Wiesbaden statt. Schon jetzt ist NRW mit Britta Haßelmann, Katharina Dröge und Irene Mihalic auf Spitzenposten in Berlin gut vertreten. Man weiß es nicht, aber es könnte sein, dass das Ergebnis für Banaszak nicht ganz überragend wird, auch weil die „Ämterhäufung“ in Fraktion und Partei nicht von allen Grünen kritiklos goutiert wird. Der 34-Jährige hat im Umgang mit schlechten Ergebnissen Erfahrung. 2018 erhielt er bei seiner Wahl zum NRW-Landeschef „nur“ 56,6 Prozent.