Sie befürworteten die Folter, wollten, dass sich Frauen verschleiern und plädierten für strikte Geschlechtertrennung.
Gesamtschule in NeussSchüler drängen auf strenge Islam-Regeln – NRW-Ministerium: Keine „Scharia-Polizei“
Offenbar wollten vier Jugendliche an der Gesamtschule in der Neusser Nordstadt die Regeln der Scharia einführen. Die Islamisten im Alter von 17, 18 und 19 Jahren sprachen sich im Unterricht für Strafen wie die Steinigung aus. Zudem lehnten die Oberstufenschüler die Demokratie ab und drängten darauf, die Geschlechter generell zu trennen - im Klassenzimmer genauso wie beim Schwimmunterricht. Wie aus Staatsschutzkreisen zu erfahren war, setzte die Clique muslimische Mitschüler unter Druck, nach den Regeln des Religionsstifters Mohammed zu leben. Wer sich weigerte, wurde als schlechter Muslim beschimpft. Schülerinnen sollten sich nach dem Willen der Scharia-Verfechter bedecken und verschleiern. Wegen des Freitagsgebet am frühen Nachmittag sollte der Unterricht früher enden, auch forderte die Gruppe einen eigenen Gebetsraum in der Lehrstätte ein. Die „Rheinische Post“ sprach von einer Art Scharia-Polizei an der Gesamtschule.
Unter dem Begriff Scharia werden alle Gesetze und Normen gefasst, die aus dem Koran und der Sunna des Propheten hervorgehen. Die Sunna ist eine große Sammlung von Überlieferungen über das Verhalten und Aussprüche des Propheten Mohammed, der im 7. Jahrhundert lebte. In deutschen Salafistenkreisen gelten Koran und Sunna als einzige Richtschnur, die westliche Lebensweise wird abgelehnt.
Vorfälle gab es auch an einem Bonner Gymnasium
Derlei radikale Tendenzen finden sich an Schulen in NRW nicht zum ersten Mal. Im Sommer 2023 suchten strenggläubige Schüler an einem Bonner Gymnasium einen islamischen Sitten- und Kleiderkodex durchzusetzen. Auch hier sollen Mitschüler und Mitschülerinnen entsprechend unter Druck gesetzt worden sein.
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Ähnliche Szenen sollen sich nun auch in Neuss ereignet haben. Erneut sorgte der Fall für enormes Aufsehen. Die Schulleitung hatte im Dezember die Polizei über die extremistischen Umtriebe informiert. Seither prüfe man die Vorgänge auf ein strafwürdiges Verhalten, so die Düsseldorfer Staatsanwältin Laura Neumann gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Drei der betroffenen Schüler verfügen über einen arabischen Migrationshintergrund. Die jungen Salafisten sollen sich über Videos der Internet-Hassprediger Amor Ben Hamida und Pierre Vogel radikalisiert haben.
Gerade Vogel wirbt via TikTok-Kanal für eine radikal-islamische salafistische Ideologie. Ende Oktober 2023 begrüßte der Ex-Boxer den berüchtigten, kurdisch-libanesischen Berliner Clanchef Arafat Abou-Chaker als Interviewpartner. Es ging um den Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Islamisten-Miliz Hamas. Als Abou-Chaker im Live-Stream den Judenstaat mit dem NS-Regime verglich, nickte Vogel zustimmend. „Für mich ist Adolf Hitler besser als Netanjahu“, meinte Abou-Chaker unwidersprochen. Hitler habe die Juden wenigstens sofort getötet, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lasse die Palästinenser leiden.
Herbert Reul (CDU) warnt vor Missionskampagnen
Vogel, der unter strammen Salafisten lange als zu lasch verpönt war, versucht insbesondere in NRW wieder mehr Anhänger zu gewinnen. Im August 2023 warnte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) bereits vor der neuen Missionskampagne „Was danach“ der „Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft“ (DMG). Als Gallionsfigur fungierte Pierre Vogel. „Schauen Sie bitte genau hin, wer Ihnen auf der Straße im Vorbeigehen einen Zettel in die Hand drückt und vor allem, was darauf steht“, appellierte Reul an die Bürger.
Seit Jahren wirken insbesondere die sozialen Medien als Radikalisierungsmaschine für junge Muslime in Deutschland. Auf einschlägigen Plattformen rufen Terror-Brigaden wie al-Qaida oder der „Islamische Staat“ (IS) zu Anschlägen in Europa und Deutschland auf. Gerade Tiraden des afghanischen Ablegers in der einstigen Provinz Khorasan (ISPK) erreichen ihr Ziel. So wollte ein 15 Jahre alter Gesamtschüler aus dem bergischen Burscheid mit seinem 16-jährigen Komplizen aus Brandenburg auf einem Weihnachtsmarkt in Leverkusen einen kleinen Lkw in die Luft sprengen. Anschließend, so der Plan, sollte es nach Afghanistan zum ISPK gehen. In Chats heizten sich die jungen Dschihadisten mit Terror-Videos aus dem Netz an.
Das Hamas-Massaker in Israel und die darauffolgenden Militärschläge Israels sorgen gerade auch unter muslimischen Schülern für Diskussionsstoff. Zu dem Schluss kommt das Präventionsprojekt „Wegweiser“, mit dem der NRW-Verfassungsschutz junge Menschen vor dem Abstieg in die Islamisten-Szene bewahren möchte. Gerade für 2023 stellte Wegweiser „einen erhöhten Beratungsbedarf und ein Bedürfnis an Sensibilisierungen an Schulen fest“. Dabei drehten sich die Anfragen um Einzelsachverhalte sowie um das Thema Islamismus sowie Workshops für Lehrkräfte oder Schülerinnen und Schüler. Zuletzt ging es auch verstärkt um den aktuellen Nahost-Konflikt. Bis zum Herbst 2023 wurden insgesamt mehr als 1000 Sensibilisierungsveranstaltungen von Wegweiser durchgeführt – überwiegend in Schulen.
Die Neusser Vorkommnisse will die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf als Schulaufsicht nicht allzu hoch hängen: Demnach hätten die vier Schüler nicht für die Einhaltung der Scharia agitiert, sondern „in Einzelgesprächen mit Lehrkräften geäußert, dass sie eine strenge Auslegung des Islams befürworten“, teilte eine Behördensprecherin mit. „Die Schüler haben vereinzelt auch gegenüber Mitschülerinnen und -schülern diese Auffassung vertreten. Von einem Auftreten als „Scharia-Polizei“ an der Schule könne aber keine Rede sein Es habe keine akute Notfallsituation gegeben, so die Sprecherin. Insgesamt könne der Umgang an der Schule mit den Vorfällen als umsichtig bezeichnet werden, hieß es. Warum die Schulleitung Ende 2023 den Staatschutz einschaltete, bleibt unklar.
Auch nach Darstellung des NRW-Schulministeriums gibt es in der Schülerschaft keine „Scharia-Polizei“, die über die Einhaltung islamischer Regeln wacht. Im Fachausschuss des Düsseldorfer Landtags berichtete ein Referent für Krisenmanagement des Schulministeriums am Mittwoch von dem Vorfall. Die Schule habe die Situation zu keinem Zeitpunkt als Krise eingeschätzt, sagte er. Ein 19-Jähriger aus dem Schüler-Trio sei aber für eine Woche vom Unterricht suspendiert worden.
Der Neusser Landtagsabgeordnete Jörg Geerlings (CDU) betont: „In deutschen Schulen gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia. Wir haben viele Präventionsangebote, mit denen wir für unsere demokratischen Werte werben und Extremismus entgegenwirken wollen.“ Aus Sicht von Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD, „sind die Vorfälle an der Schule in Neuss alarmierend“. Religiöse Fanatiker und Eiferer dürften an den Schulen nicht geduldet werden, forderte sie. „Zum Schutze unserer muslimischen Schüler und Schülerinnen sowie der Bewahrung eines friedvollen Miteinanders an unseren Schulen.“ An den Schulen brauche es noch mehr Dialog, Aufklärung und die Vermittlung von Medienkompetenz, „damit wir den Extremisten den Nährboden nehmen“, sagt FDP-Fraktionsvize Marc Lürbke.