Ein jugendlicher Islamist aus Burscheid schmiedete wohl Pläne für einen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Opladen.
Aus BurscheidJunger Islamist soll Anschlag auf Opladener Weihnachtsmarkt geplant haben
Die Aktion verlief geräuschlos ab. Auf dem Weg zur Schule im bergischen Burscheid nahmen Spezialkräfte der Polizei einen 15-jährigen Jugendlichen unter Terrorverdacht fest. Anschließend ging es zur Mutter, um das Zimmer des Beschuldigten zu durchsuchen. Sichtlich schockiert offenbarte Mahmut D. (Name geändert) den Ermittlern die Pinnummer zu seinem Handy. Zeitgleich wurde sein ein Jahr älterer, tschetschenischer Komplize im brandenburgischen Wittstock abgeführt.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus NRW-Sicherheitskreisen erfuhr, tauschten sich die beiden Sympathisanten der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) via Telegram-Chat über etliche Anschlagsszenarien aus. Mal ging es um eine Synagoge, mal um andere Zielobjekte. Doch bisher nichts Konkretes. Es schien demnach eher so, als fixten sich beide mit den wildesten Gewaltfantasien gegenseitig an. So als sei es ein Spiel, wie auf Ego-Shooter nur in einer nie gekannten Terrorvariante.
Benzin verschütten und anzünden, um so viele „Ungläubige“ wie möglich zu töten
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sollen die beiden dann beschlossen haben, am 1. Dezember einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt im Leverkusener Stadtteil Opladen zu verüben. Wie weiter zu erfahren war, sollen die jugendlichen Dschihadisten geplant haben, mit einem Lkw in die Menschenmenge hineinzurasen. Anschließend wollten die mutmaßlichen Attentäter Benzin verschütten und anzünden, um so viele „Ungläubige“ wie möglich zu töten. Als Vorbild galt den jungen Islamisten der tunesische IS-Terrorist Anis Amri, der im Dezember 2016 mit einem 40-Tonner auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz elf Menschen tötete. Ein Attentat auf die Kölner Synagoge – wie zunächst vermutet – war offenbar nicht geplant.
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Der entscheidende Hinweis auf die verdächtige Chatgruppe erfolgte durch einen Auslandsnachrichtendienst. Die Nachforschungen hatten zu einem Video von einem IS-Helfer geführt. In dem Clip rief die verdächtige Person demnach zum Dschihad auf. Ferner soll der Absender einen Anschlag für den 1. Dezember angekündigt haben. Letztlich führte die Spur zu dem 15-jährigen Deutsch-Afghanen. Die Kölner Polizei war seit gut einer Woche in den Fall involviert, wie üblich erfolgte das große Überwachungsbesteck: Observationen des Verdächtigen, Abhörmaßnahmen, ehe man zuschlug.
Der russische Bekannte aus Brandenburg wollte vor dem angepeilten Blutbad nach Leverkusen reisen
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat das Amtsgericht Leverkusen gegen den Tatverdächtigen Mahmut D. einen Haftbefehl wegen des Verdachts der Planung eines terroristisch motivierten Anschlags erlassen. Derzeit versuchen die Ermittler zu klären, wie ernst es den beiden Verdächtigen mit Anschlagsvorhaben war. Handelte es sich um pubertäre Terrorfantasien oder um mehr? Angeblich wollte der Russe aus Brandenburg einen Tag vor dem angepeilten Blutbad nach Leverkusen reisen. Allerdings fragen sich die Ermittler, wie die beiden Jugendlichen einen Lkw kapern wollten, um die Terrorfahrt zu starten.
Nach Informationen dieser Zeitung tauchte der 15-jährige Islamist ganz neu auf dem Schirm der Terrorabwehr auf. Sein tschetschenischer Chatpartner dagegen war den Behörden schon als „relevante Person“ in der Islamisten-Szene bekannt. Ruslan S. (Name geändert) war bereits wegen der Verbreitung von IS-Propagandamaterial in Erscheinung getreten.
Innenminister Reul: „Man hat sich auf einen ganz konkreten Anschlagsplan für einen Weihnachtsmarkt verständigt.“
Mit Blick auf die Festnahme in Burscheid erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul: „Der junge Mann hat in einer Chatgruppe über Anschlagspläne geschrieben. Man hat sich auf einen ganz konkreten Anschlagsplan für einen Weihnachtsmarkt verständigt. Wir haben aus dem Ausland einen Hinweis über eine mögliche Anschlagsplanung einer Person aus NRW erhalten. Wir haben dann sofort mit allen Sicherheits- und Justizbehörden des Landes abgestimmt und alle notwendigen Schritte eingeleitet.“ Laut dem Minister konnte „die Person, die aus NRW kommt, konnte schnell ermittelt und identifiziert werden.“ Beweismittel wie elektronische Datenträger seien sichergestellt worden, das zuständige Jugendamt wurde miteingebunden.
„Der islamistische Terror ist nicht weg. Es gibt keine absolute Sicherheit. Die abstrakt hohe Gefahr kann jederzeit konkret werden. Wir müssen unsere Augen offenhalten – auch was unsere Weihnachtsmärkte angeht. Trotzdem muss man nicht Angst haben, auf Weihnachtsmärkte zu gehen. Die Sicherheitsbehörden sind wach, gut vernetzt und tauschen Informationen schnelle untereinander aus“, sagte Reul.
Vor Kurzem erst berichtete diese Zeitung, dass die Extremisten hierzulande immer jünger werden - sei es rechts wie radikal-islamisch motiviert. Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), konstatierte bereits im Juni, dass zunehmend Minderjährige sich zu potenziellen Attentätern entwickelten. Am Mittwoch warnte der BfV-Chef vor einer erhöhten Gefährdungslage durch radikale Islamisten.
Die Terroranschläge der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas nutzt die Dschihadisten-Szene demnach weltweit, um über die sozialen Netzwerke den „Heiligen Krieg“ nach Europa und Deutschland zu tragen. Man sehe im dschihadistischen Spektrum „Aufrufe zu Attentaten und ein Andocken von Al-Qaida und IS an den Nahostkonflikt. Diese Gefahr trifft nun auf hoch emotionalisierte, durch Trigger-Ereignisse inspirierte Personen“, erklärte Haldenwang. Dies könne zur Radikalisierung so genannter „einsamer Wölfe“ führen, „die weiche Ziele mit einfachen Tatmitteln angreifen“. Die Bilderflut in den sozialen Medien, oft gepaart mit Fake News, trage zur Emotionalisierung bei und könne als Radikalisierungsfaktor fungieren, betonte Haldenwang. „Wir beobachten bereits seit längerem den erklärten Willen von Islamisten, Anschläge im Westen zu verüben.“ Jeden Tag könne auch in Deutschland ein islamistischer Anschlag verübt werden. Die Gefahr sei so real und so hoch wie seit Langem nicht mehr.